EU-Wahl: Tag der Abrechnung

EU-Kritiker Andreas Mölzer (FPÖ) im Gespräch mit der WOCHE: „Der latente Bürgerkrieg in Vorstädten wird zur Realität.“

WOCHE: 2004 erreichte die FPÖ gerade sechs Prozent der Stimmen. Was ist diesmal für die Freiheitlichen drinnen?
Mölzer: Es ist auf jeden Fall ein zweistelliges Ergebnis möglich, oder auch mehr, aber wir wollen bescheiden und demütig und am Teppich bleiben.
Die Wahlbeteiligung war bei der letzten Wahl mit nur 42 Prozent gering.
Das wird diesmal auch nicht anders sein, weil die Menschen das Gefühl haben, dass man sie in der Europäischen Union demokratiepolitisch nicht ernst nimmt.
Dabei ist das EU-Parlament gar nicht so ohnmächtig wie viele glauben …
… aber es ist immer noch so, dass das EU-Parlament ein halbes Parlament ist, es hat keine wirkliche volle legislative Befähigung. Für uns wird diese Wahl so etwas wie ein Tag der Abrechung mit dem politischen Establishment sein. Ein Tag der Abrechnung auch dafür, dass man uns eine Volksabstimmung über einen Türkeibeitritt und eine Volksabstimmung über den Lissabon-Vertrag verweigert.
Was sehen Sie als vordringlichste Aufgabe der EU in den kommenden fünf Jahren?
Der Kampf gegen die Weltwirtschaftskrise, die ja gerade erst begonnen hat, es geht um europäische Arbeitsplätze, es geht darum, den Zusammenbruch europäischer Firmen zu verhindern. Und es geht darum zu verhindern, dass sich die EU weiter zentralistisch entwickelt.
Wie bewerten Sie das Auftreten Europas im Kampf gegen die Wirtschaftskrise?
Nicht optimal. Die EU war für uns Bürger kein Schutzwall gegen die Wirtschaftskrise, sondern Drehscheibe und Transmissionsriemen für die Krise.
Welche Zeugnisnote würden Sie der EU im Kampf gegen die Krise geben?
Ein noch genügend, es ist gerade noch erträglich.
Johannes Voggenhuber glaubt, dass der Friede in Europa nicht irreversibel sei. Teilen Sie seine Einschätzung?
Nichts ist endgültig zu Ende, wir haben das am Balkan gesehen. Wir werden in Europa die Situation erleben, dass der latente Bürgerkrieg in den Vorstädten zur Realität wird. Die sozialen Konflikte werden in Europa zunehmend brisanter.
Was wäre dagegen zu tun?
Wir müssen darauf achten, dass unsere Gesellschaft in Europa einigermaßen homogen bleibt.
Was glauben Sie ist für Sie in Kärnten drinnen?
Ich sehe mich als Angebot an alle freiheitlichen Menschen, gleich welcher Partei. Ich werde ein Angebot an die Kärntner Patrioten über alle Parteigrenzen hinweg machen.
Wie soll es bei der FPÖ in Kärnten weitergehen?
Die Kärntner FPÖ befindet sich in einem Selbstfindungsprozess, bei dem ich sie nicht beeinflussen will.
Sie wurden von „News“ als faulster Abgeordneter Österreichs bezeichnet.
Man hat die Kriterien umgedreht – bei den Wortmeldungen im Plenum bin ich nämlich der weitaus fleißigste Österreicher. Das kann man nicht ernst nehmen.
Wird die FPÖ im EU-Parlament auch künftig weiter keiner Fraktion angehören?
Es wird in der kommenden Periode eine Bewegung patriotischer Abgeordneter geben, mit der dänischen Volkspartei, der italienischen Lega Nord und dem Vlaams Belang hoffen wir, dass wir gemeinsam als Fraktion Platz finden können.
Welche Chance geben Sie dem Vertrag von Lissabon?
Wir kämpfen ja seit Jahren dagegen. Dieser Vertrag ist ein weiterer Schritt zur kulturellen und politischen Gleichmacherei.
Obwohl durch den Vertrag von Lissabon Volksabstimmungen auf europäischer Ebene erst möglich werden.
Sie müssen eine Million Unterschriften zusammenbringen, das ist ja nur eine theoretische Möglichkeit – nur, um dann ohnehin nichts zu bewirken.
Uwe Sommersguter