Artenvielfalt
Bundesforste entdecken verstecktes Ökosystem

Erhebung an der Forststrasse. | Foto: OEBf/Schwantzer
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Neue Studie untersucht erstmals Fauna und Flora entlang von Forststraßen – Böschungen und Grünstreifen als Rückzugsort für zahlreiche gefährdete Tier- und Pflanzenarten – Neue Broschüre gibt Praxis-Tipps

PURKERSDORF/NÖ/Ö. Blauflügelige Ödlandschrecke, Zauneidechse oder Grasfrosch: Sie alle stehen auf der Roten Liste für gefährdete Arten, finden aber gerade dort, wo man es vielleicht am wenigsten vermutet, neuen Lebensraum. Das zeigen die Ergebnisse eines einzigartigen Naturraummanagement-Projekts der Österreichischen Bundesforste (ÖBf), in dem erstmals Fauna und Flora an den Begleitstreifen und Böschungen von bereits länger bestehenden Forststraßen im Wirtschaftswald wissenschaftlich untersucht wurden. „Zu unserer Überraschung entdeckten wir entlang der Waldstraßen ein perfekt eingespieltes Ökosystem, das bis jetzt noch kaum erforscht war“, begeistert sich Rudolf Freidhager, ÖBf-Vorstand für Forstwirtschaft und Naturschutz, für das Projekt.

„Viele gefährdete Insektenarten finden an den Böschungen mehr Licht und Wärme als in den angrenzenden Wäldern. Kleine Pfützen in den Seitengräben werden von Amphibienarten als Lebensraum genutzt.“

Drei Jahre lang waren die Bundesforste-ExpertInnen gemeinsam mit Zoologen, Botanikern und Biostatistikern unterwegs. 172 verschiedene Tierarten, von denen 48 auf der Roten Liste stehen, sowie 70 teils regional gefährdete bzw. geschützte Pflanzenarten wurden dokumentiert. „Bei entsprechender Gestaltung und Pflege können die Randbereiche entlang von Forststraßen als wertvoller Lebensraum dienen“, regt Freidhager auch andere WaldbesitzerInnen zur Nachahmung an. Gefördert wurde das Projekt aus Mitteln von EU, Bund und Ländern im Rahmen der „Ländlichen Entwicklung“.

Erhebung an der Forststrasse. | Foto: OEBf/Schwantzer
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Forststraßen-Screening in Wien, Nieder- und Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark und im Burgenland

Untersucht wurden insgesamt 126 Forststraßen-Abschnitte auf einer Länge von jeweils 100 Metern in fünf Regionen Österreichs. Die Auswahl erfolgte unter anderem anhand unterschiedlicher Höhenlagen, um ein möglichst breites Artenportfolio zu erfassen. Jeweils 29 Forststraßen-Abschnitte wurden im Wienerwald (W, NÖ) und in den Fischbacher Alpen (Stmk.) von den Experten gescreent, 25 im Günser Gebirge im Burgenland. Im Salzkammergut (OÖ) dokumentierte man 22, im Salzburger Lungau 21 Strecken. Reptilien, Amphibien, Tagfalter, Heuschrecken, Libellen, Weberknechte, Schnecken, Schalen- und Auerwild, geschützte Pflanzen und invasive Neophyten (sich schnell ausbreitende, nicht heimische Pflanzen) standen im Fokus der Untersuchungen. Die größte Artenvielfalt zeigte sich entlang der Strecken im Salzkammergut. Invasive Neophyten wurden mehr im Osten des Landes, also im Wienerwald und Günser Gebirge, als in alpinen Bereichen gefunden. Im Lungau sticht der Nachweis der streng geschützten Flecken-Fingerwurz, einer Orchideenart, besonders ins Auge, in der Steiermark freut man sich über den seltenen Fransen-Enzian.

Straßenböschung als Naturparadies für Schmetterlinge und Heuschrecken 

Entlang von Forststraßen herrschen häufig Bedingungen, die in bewirtschafteten Wäldern mancherorts bereits selten geworden sind. Die Sonneneinstrahlung und der lichte Bewuchs mit Sträuchern oder Gräsern begünstigt vor allem licht- und wärmeliebende Schmetterlinge und Heuschrecken. Viermal so oft wie im angrenzenden Wald wurden die zehn häufigsten, heimischen Schmetterlingsarten wie der C-Falter gesichtet aber auch gefährdete Exemplare wie der Feurige Perlmuttfalter konnten deutlich öfter nachgewiesen werden. Einige Heuschreckenarten der Roten Liste, zu denen die Blauflügelige Ödlandschrecke die Italienische Schönschrecke und mehrere Arten von Dornschrecken zählen, konnten ausschließlich im Forststraßen-Lebensraum und nicht im umgebenden Wald angetroffen werden.

Weißbindige-Bergwald-Mohrenfalter | Foto: Ökoteam/Brunner
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Forststraße als Hot-Spot für gefährdete Arten

Außerdem sichteten die ForscherInnen die seltene Blauflügel-Prachtlibelle sowie die Gestreifte Quelljungfer, aber auch Kriechtiere wie die Mauer- oder Zauneidechse. Gefährdete Amphibien wie Grasfrosch oder Bergmolch profitieren von den kleinen Pfützen in den Straßengräben und legen dort ihre Eier ab. Selbst Auerhühner können den lichten Strauchbewuchs zur Nahrungssuche nutzen. Von den schützenswerten Pflanzen wachsen zum Beispiel Arnika, verschiedene Bärlapp-Arten, Schwalbenwurz-Enziane oder auch Schneerosen entlang der Wege. „Die Artenvielfalt und vor allem der hohe Anteil gefährdeter Arten haben uns alle positiv überrascht!“ freut sich Freidhager.

Spannungsfeld Forststraße – neue Broschüre mit Tipps zur Lebensraumgestaltung

Die Erschließung des Waldes durch Forststraßen zählt zu den wichtigsten Voraussetzungen für eine naturnahe und nachhaltige Waldbewirtschaftung in Zeiten des Klimawandels. Sie erleichtert eine schonende Holzernte auf kleineren Flächen, die Aufforstung mit unterschiedlichen Baumarten sowie die Schadholzaufarbeitung nach Wetterextremen oder Borkenkäferbefall. Auch für Freizeitaktivitäten werden Forststraßen vielfach genutzt: zum Wandern, Reiten oder Mountainbiken auf freigegebenen Strecken. Gleichzeitig bedeuten Forststraßen aber auch einen Eingriff in das Ökosystem Wald. „Dieses Spannungsfeld wurde im Projekt berücksichtigt“, erklärt Freidhager. „Wir haben gesehen, dass entlang der Forststraßen interessante Lebensräume für zahlreiche Arten entstehen können. Doch es gibt auch jene Arten, die durch Forststraßen negativ beeinflusst werden. Da können wir Maßnahmen setzen.“ Für eine optimale Lebensraumgestaltung haben die Bundesforste daher eine neue Broschüre „Aktiv für biologische Vielfalt an Forststraßen“ veröffentlicht. Sie enthält zahlreiche Informationen zu Artenvielfalt und gibt Praxistipps zum achtsamen Umgang mit der Natur entlang der Forststraßen.

Die Broschüre kann unter www.bundesforste.at/publikationen kostenlos heruntergeladen oder bestellt werden. Der Druck der Broschüre wurde zusätzlich vom Österreichischen Forstverein unterstützt.

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