Absage des Spitzer Marillenkirtags
Bundespräsident Van der Bellen kam "zum Zuhören"
Der Spitzer Marillenkirtag hätte heuer zum 70. Mal stattfinden sollen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hätte ihn mit einer Rede eröffnet. Das dreitägige Fest musste heuer aber Corona-bedingt abgesagt werden. Van der Bellen und seine Frau Doris Schmidauer kamen trotzdem nach Spitz - und hörten sich die Sorgen der Einheimischen an.
SPITZ. "Ich habe den Marillenkirtag schon 2016 besucht und war beeindruckt. Er wird ausschließlich von Ehrenamtlichen organisiert und von 500 freiwilligen Helferinnen und Helfern durchgeführt. Und der Gewinn kommt den örtlichen Vereinen zugute, die so wichtig für den Zusammenhalt in der Gesellschaft sind. Deshalb bin ich heute trotz der Absage des Marillenkirtags zum Zuhören gekommen. Ich wollte wissen, was die Absage für die Vereine bedeutet, wie es ihnen geht. Und ich wollte die Spitzer gerade in dieser für sie so schwierigen Situation besuchen", so der Bundespräsident über den Grund für seinen Besuch.
Gesprächsrunde am Roten Tor
Empfangen wurden Alexander Van der Bellen und seine Frau von Bürgermeister Dr. Andreas Nunzer. Gemeinsam spazierten sie anschließend durch die Spitzer Weingärten zum Roten Tor, wo sie sich in einer Gesprächsrunde mit Vizebürgermeisterin Maria Denk, "Oberknödeldame" Helga Reiböck, Winzer Johann Donabaum (Obmann Weinbauverein Spitz), Thomas Murth (Kommandant Freiwillige Feuerwehr Spitz), Andreas Pfister (Obmann Sportverein) und Ewald Stierschneider jun. (Obmann Tourismusverein) über die aktuelle Situation nach der Absage des Marillenkirtags unterhielten.
"Mit der Absage des Marillenkirtags fällt nicht nur eine wichtige Veranstaltung weg, sondern auch eine enorme Wertschöpfung für die Region. 1,5 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr allein an diesem Wochenende eingenommen, die Spitzer Vereine erwirtschafteten 250.000 Euro. Dieses Geld fehlt jetzt natürlich", betonte Ewald Stierschneider.
"Wir haben 1951 mit dem Marillenkirtag angefangen, damals haben sieben Damen privat die Marillenknödel gemacht und am Kirchenplatz angeboten. 1960 waren es schon 800 Marillenknödel", erinnerte sich Helga Reiböck, "inzwischen fertigen wir jedes Jahr 8.000 Knödel."
Den Marillenbetrieben macht auch zu schaffen, dass sie heuer nur sehr geringe Mengen der süßen Frucht anbieten können - laut Schätzungen gibt es in der Wachau rund 90 Prozent Ernteausfall. Schuld daran waren Frostnächte im Frühling mit bis zu minus 8 Grad Celsius und Hagelschäden. "Es gibt zwar immer Ausfälle bei der Marille, in diesem Jahr war es aber extrem wie noch nie", beklagt Johann Donabaum. "Der Marillenkirtag geht heuer ab, andererseits können wir aber froh sein, dass er abgesagt wurde, weil es sowieso fast keine Marillen gibt", bedauert Reiböck.
Seit seinem Bestehen ist der Marillenkirtag nur zweimal ausgefallen: 1954 aufgrund eines Donauhochwassers und nun 2020 coronabedingt.
"So direkt von den Beteiligten über die Auswirkungen der notwendigen Absage zu erfahren, war mir wichtig. Denn ehrenamtliches Engagement hält die Gesellschaft zusammen. Ich wünsche den Spitzer Vereinen, dass sie heuer trotz Corona halbwegs gut über die Runden kommen und nächstes Jahr wieder den Marillen-Kirtag veranstalten können. Da gibt es dann wieder die köstlichen Marillenknödel, die von den Knödeldamen so liebevoll zubereitet werden", so Van der Bellen.
Besuch bei Marillenbauer Muthenthaler & Weingut Rixinger
Nach dem Gespräch beim Roten Tor besuchten Alexander Van der Bellen und Doris Schmidauer den Marillengarten der Familie Muthenthaler in Schwallenbach. Franz Muthenthaler und seine Frau Birgit berichteten bei der Begehung des Marillengartens vom Ernteausfall aufgrund der Frosttage und Hagel - bis zu sechzehn Hageleinschläge seien auf einzelnen Marillen zu sehen. Auch der Ab-Hof-Verkauf sei heuer deutlich eingebrochen, da Corona-bedingt weder die Bevölkerung noch Touristen zum Einkaufen kamen. So habe man mit hohem Aufwand versucht, den Onlinevertrieb auszubauen. "Wir sind seit sieben Generationen hier am Hof, wir haben als Bauern schon viele Rückschläge erlebt. Wir werden auch diesen Rückschlag überwinden", ist Franz Muttenthaler zuversichtlich.
Den Abschluss der Tour des Bundespräsidenten und seiner Gattin in der Wachau bildete der Besuch im Weingut Rixinger im Spitzer Graben, wo mit den Winzern Johann Donabaum, Josef und Carina Högl sowie Fritz Rixinger bei der Begehung des Weingartens die aktuelle Situation beim Weinverkauf besprochen wurde. Die Winzer hat die Corona-Krise sehr getroffen, denn sie leben hauptsächlich von der Gastronomie - da die Gasthäuser geschlossen hatten, konnte kein Wein verkauft werden. In vielen Gasthäusern lagert noch die Hälfte des angekauften Weines und die Lager der Winzer sind voll. Die Winzer müssen auch lernen, mit den Veränderungen durch die Klimakrise umzugehen: So findet die Weinlese um einige Wochen früher statt als noch vor zwanzig Jahren, oft schon Ende August.
"Corona-Krise ist noch nicht vorbei"
Am Ende seiner Besuchstour resümierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen: "Mir war es sehr wichtig, gerade jetzt, in der Zeit der Krise, zum Zuhören zu kommen, um über die Probleme informiert zu werden. Auch wenn die Corona-Krise noch nicht vorbei ist, und wir weiter Vorsicht walten lassen müssen, so hat mich sehr beeindruckt, dass alle Gesprächspartnerinnen und -partner trotz aller Rückschläge positiv in die Zukunft schauen und zuversichtlich sind, dass es wieder besser werden wird."
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