Naturschutz
Erste Seeadler-Brut in der Wachau scheitert
Erstmals nach vermutlich 150 Jahren gab es heuer eine Seeadlerbrut in den Auwäldern der Wachau bei Schönbühel-Aggsbach. Für Hinweise setzt die Naturschutzorganisation Lanius eine Prämie bis zu 1.000 Euro aus.
WACHAU. Die Gründe für das überraschende Verschwinden des Adlerweibchens, zwei Tage nachdem zwei Küken geschlüpft sind, sind unbekannt. Illegaler Abschuss oder Vergiftung sind leider nicht auszuschließen und für die hohe Sterblichkeit von See- und Kaiseradlern in Österreich mitverantwortlich. Für sachdienliche Hinweise bietet die im Mostviertel tätige Naturschutzorganisation LANIUS eine Prämie bis zu 1.000 Euro an.
So verlieren Adler ihr Leben
Laut einer aktuellen Seeadler-Studie des WWF Österreich gibt es derzeit wieder etwa 40-45 Brutpaare des Seeadlers, rund zwei Drittel davon befinden sich in Niederösterreich. Ihr bevorzugter Lebensraum sind im Waldviertel und in den großen Auwäldern von Donau und March. Von allen tot aufgefundenen Adlern werden allerdings 33 Prozent Opfer illegaler Verfolgung, andere sterben durch Kollisionen mit Windrädern, Freileitungen oder als Verkehrsopfer. Auch Vergiftungen kommen vor, wenn Reste von Wildtieren gefressen werden, die mit bleihaltiger Munition erlegt wurden. Störungen am Brutplatz zählen zu den besonders gefährlichen Bedrohungen für den Nachwuchs der Seeadler.
Aggsbacherin entdeckt Pärchen
Mitte April des Vorjahres fiel der Ornithologin Karin Donnerbaum aus Aggsbach das Seeadler-Paar in der Wachau erstmals auf, weil um diese Jahreszeit bei uns normalerweise keine ausgewachsenen Seeadler auftauchen. „Für mich war es etwas ganz besonderes, diese beiden majestätischen Greifvögel fast ein Jahr lang, teilweise täglich, zu begleiten“, erzählt die Biologin. Seit der ersten Beobachtung wurde das Adlerpaar zwischen Melk und Spitz regelmäßig angetroffen. Die Freude war groß, als sich die Vögel für einen von der Vogelschutzorganisation BirdLife Österreich im Auftrag der viadonau errichteten Kunsthorst interessierten. Ab vergangenen Dezember begannen die Adler, den Horst auszubauen und die Chancen auf eine erste Seeadlerbrut, nach vermutlich 150 Jahren, waren dadurch enorm gestiegen.
Eine Pechsträhne folgt
Anfang Februar, genau zum sensiblen Start der Brutzeit, begann der Bau einer Forststraße des Schlossgutes Schönbühel - wenige hundert Meter vom Horst, im nahen Hangwald. Der Naturschutzsachverständige der Bezirkshauptmannschaft Melk hatte den Beginn der Brutzeit der Seeadler fälscherweise mit Mitte März angenommen, und den Straßenbau genehmigt. Weiters wurde darauf vergessen, den positiven Bewilligungsbescheid wie üblich auf die elektronische Plattform zu stellen, die interessierten Umweltverbänden Einsicht und Kontrolle ermöglicht. Daher entdeckten Mitarbeiter der Forschungsgemeinschaft LANIUS das Malheur erst bei den ersten Fäll- und Sprengarbeiten im Zuge der Errichtung der Forststraße.
Zwei Küken schlüpfen
Das Schlossgut Schönbühel war aufgrund des aufrechten Bewilligungsbescheides und wegen absturzgefährdeter Bäume im Hangwald nicht bereit, die Baumaßnahme zu unterbrechen oder zu verschieben. Trotz der erheblichen akustischen Störungsbelastung hielten die brütenden Adler am Horst erstaunlicherweise aus und brachten am 26. März zwei Küken zum Schlüpfen. Wenige Tage danach verschwand jedoch das Seeadlerweibchen aus unbekannten Gründen und der Vater musste die Jungvögel alleine versorgen.
Wenn das passiert, fallen unbewachte kleine und hilflose Jungvögel häufig anderen Tieren zum Opfer.
Küken überleben nicht
Um dieses Risiko zu vermindern hat die Forschungsgemeinschaft LANIUS Karpfenreste als Nahrungsunterstützung im Nahbereich des Horstes ausgelegt, um die Futtersuche des Altvogels zu erleichtern und seine Abwesenheit vom Nest möglichst kurz zu halten. Doch leider haben auch diese Hilfsangebote nicht verhindern können, dass der Horst wenige Tage später leer war. Seither ist auch das Seeadler-Männchen nicht mehr im engeren Brutgebiet zu beobachten.
Hoffnung auf neuen Versuch
Die Biologin Karin Donnerbaum: „Es hat mich sehr getroffen, als zuerst das Weibchen verschwand und dann auch noch die kleinen Adler nicht überlebt haben.“
Ob dieser Vogel nach den schlechten Erfahrungen im nächsten Winter mit einer neuen Partnerin wieder einen Brutversuch in der Wachau machen wird, bleibt offen. Man könnte es ihm nicht verdenken, wenn er darauf verzichtet und weniger störungsanfällige Gegenden bevorzugt. Erhard Kraus von LANIUS meint dazu: „Die behördliche Naturschutzarbeit muss deutlich verbessert werden, damit sensible, störungsempfindliche Großvögel wie Seeadler, Kaiseradler oder Schwarzstorch bei uns eine Chance haben.“ Verfügen Sie über Hinweise zum Verschwinden des Seeadlerweibchens, nehmen Sie bitte Kontakt zu LANIUS über www.lanius.at auf.
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