Zeitzeugenbericht
Bombenangriffe hielten Wörgl und Kundl 1945 in Atem

Die Schäden in Wörgl, wie hier zu sehen am sogenannten "Astner Haus", welches zum Gasthof Schachtner gehörte, waren enorm. 
 | Foto: Stadtarchiv Wörgl
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  • Die Schäden in Wörgl, wie hier zu sehen am sogenannten "Astner Haus", welches zum Gasthof Schachtner gehörte, waren enorm.
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Zeitzeugen erzählen, wie vor 75 Jahren im Februar 1945 Bomben auf Kundl und Wörgl fielen und einige Todesopfer forderten.

KUNDL, WÖRGL (flo). Vor 75 Jahren endete im Mai 1945 in Europa mit dem zweiten Weltkrieg der blutigste Konflikt der Menschheitsgeschichte. Doch nicht nur auf deutsche Großstädte wie Dresden, Hamburg oder Berlin fielen alliierte Fliegerbomben, auch kleine Ortschaften im idyllischen Tirol wie etwa Schwaz, Brixlegg, Kramsach, Kundl und Wörgl waren in den letzten Kriegsmonaten Anfang 1945 Ziel der Zerstörung.

Zeitzeugenbericht aus Kundl 

Eine hier erstmals niedergeschriebene Überlieferung stammt von einer damals 17-jährigen Kundlerin, welche in der Riedmann Säge in Kundl mit ihren dort arbeitenden Eltern beheimatet war. Der Betrieb des Sägewerks, welches sich neben den Eisenbahnschienen befand, wurde während des Krieges aufrecht erhalten. Kurz vor dem Ende dieses grauenhaften Konflikts, ereignete sich auch dort noch ein trauriger Vorfall. Zur Mittagszeit des 23. Februar 1945 wollte der Obersäger Georg Rieder, von allen "Irgä" genannt, zum Essen nach Hause gehen, obwohl an diesem Tag Tieffliegeralarm in der Gegend herrschte. "Meine Mutter und auch die anderen Mitarbeiter des Sägewerkes haben ihn noch gebeten zu bleiben, aber er hat gemeint, ihm wird schon nichts passieren", erinnerte sich Loisi Haun. Ihre Mutter Kathi Winkler kannte die Grauen eines Krieges genau, denn ihr Vater Johann Biechl war im ersten Weltkrieg im italienischen Rovereto gefallen, wodurch sie und ihre sieben Geschwister in Armut und ohne Vater aufwuchsen. An diesem verhängnisvollen 23. Februar 1945 machte sich "Irgä" trotz aller Warnungen auf den Heimweg, doch dann kamen ihm die Tiefflieger entgegen. Er suchte noch Schutz unter einer abgestellten Lokomotive nahe des heutigen Kundler Bahnhofs, allerdings bekam diese einen Volltreffer durch eine Fliegerbombe und der Obersäger wurde so schwer verletzt, dass er kurz darauf verstarb.

"Wenn die Tiefflieger unterwegs waren, haben wir uns immer daheim unter der Eckbank versteckt, damit sie nicht bemerkten, dass jemand zuhause war",

berichtet eine weitere damals fünf Jahre alte Kundlerin von dieser Zeit.

Kundler Schutzbunker 

Als Schutzbunker für die Kundler Bevölkerung diente der Felsenkeller der Brauerei Kundl am östlichen Eingang der Kundler Klamm, in welchem auch die "Schwarzen Mander" aus der Innsbrucker Hofkirche während des Krieges untergebracht waren. Auf der Liesfelder Seite der Kundler Ache, wo damals noch keine Häuser standen, waren auch lange nach dem Krieg von diesem Angriff im Februar 1945 noch deutliche Bombentrichter zu sehen, erinnern sich Zeitzeugen heute.

Bombenangriff galt Wörgl

Allerdings galt dieser Bombenangriff der Alliierten keinesfalls der kleinen, damals recht unbedeutenden Gemeinde Kundl, sondern vielmehr der benachbarten Stadt Wörgl. Der schwere Angriff zerstörte an diesem Tag fast die gesamte Bahnanlage in Wörgl, wie auch den großen Bahnhof und die dortige Wehrmachtsleitstelle. Insgesamt sind vom 23. Februar elf Todesopfer inklusive dem Kundler Obersäger überliefert. Das restliche Gemeindegebiet Wörgl wurde allerdings im Vergleich zum Angriff am Vortag eher wenig getroffen. Tags zuvor wurden zahlreiche Gebäude im Zentrum der Stadt zerstört, wodurch Brände ausbrachen und auch in Angath gab es einige Schäden, was in beiden Gemeinden insgesamt 39 Todesopfer forderte. Der dritte große Bombenangriff auf Wörgl erfolgte noch am 11. April 1945, wobei die restliche Bahnanlage sowie die Brücke ins Brixental das Hauptziel waren, aber auch Bedienstetenhäuser der Bahnangestellten wurden von den Fliegerbomben getroffen. 43 Häuser wurden dabei völlig zerstört und 105 erlitten starke Schäden wodurch es sechs weitere Todesopfer gab.

Der Wörgler Bahnhof war das Hauptziel des allierten Bombenangriffs am 23. Februar 1945. 
 | Foto: Stadtarchiv Wörgl
  • Der Wörgler Bahnhof war das Hauptziel des allierten Bombenangriffs am 23. Februar 1945.
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Spuren des zweiten Weltkriegs 

Auch noch heute, 75 Jahre später, sind noch immer einige Blindgänger dieser Fliegerangriffe in der Wörgler Erde nahe des Bahnhofsgeländes. Wie erst im März des vergangenen Jahres wieder deutlich wurde, denn dort wurde bei Grabungsarbeiten der Wörgler Stadtwerke eine 250 Kilogramm schwere Fliegerbombe amerikanischer Bauart gefunden. Während der Entschärfungsarbeiten am selben Tag wurden die Bewohner im direkten Umkreis von 200 Metern von Exekutive und Feuerwehr evakuiert und im weiteren Umkreis von 400 Metern angewiesen nicht ins Freie zu gehen. Auch der Bahnverkehr wurde während der Entschärfung des Reliktes kurz eingestellt.

Bombe entschärft, Evakuierung aufgehoben – mit Video

Weitere Infos zum Thema Kundl finden Sie hier.
Weitere Infos zum Thema Wörgl finden Sie hier.

Die Schäden in Wörgl, wie hier zu sehen am sogenannten "Astner Haus", welches zum Gasthof Schachtner gehörte, waren enorm. 
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Der Kundler Obersäger Georg Rieder starb an den Folgen eines Tieffliegerangriffs im Rahmen des großen Bombenangriffs auf den Wörgler Bahnhof am 23. Februar 1945. 
 | Foto: Willi Rieder
Der Wörgler Bahnhof war das Hauptziel des allierten Bombenangriffs am 23. Februar 1945. 
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Der Wörgler Bahnhof war das Hauptziel des allierten Bombenangriffs am 23. Februar 1945. 
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Die Zerstörung der Gebäude durch die Angriffe am 22. und 23. Februar 1945 auf Wörgl waren enorm.  | Foto: Stadtarchiv Wörgl
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