Knapp 6.000 Mal konnte Evita helfen!

Wenige Monate nach der Jahrtausendwende hatten die beiden Kufsteinerinnen Sabine Gugglberger und Hilde Decassian eine bahnbrechende Idee: Sie gründeten den Verein „Evita“ und damit die erste Beratungsstelle im Tiroler Unterland für Mädchen und Frauen, die in Not geraten sind. Not, die in den ersten zehn Jahren 6.000 Mal gelindert werden konnte.

„Wir erkannten damals einfach, dass viele Frauen in Not erst zu den Beratungsstellen in Innsbruck fuhren, wenn der Hut brannte“, erinnert sich Sabine Gugglberger, „weil die Anfahrt aus den ländlichen Regionen für viele Frauen zu umständlich war.“ Schnell stand nach einer ersten Bedarfserhebung und der Recherche, welche Einrichtungen es gab, fest, dass das Beratungsangebot vor allem „kostenlos sein muss, damit sich gerade jene Gesellschaftsschicht die Beratung leisten kann, die sie am dringendsten braucht“, fügt Hilde Decassian hinzu.

Aller Anfang ist schwer
Richtig schwierig wurde es aber, als die beiden ihre Idee in die Tat umsetzen wollten, „denn keine Förderstelle wollte als Erste auf den Zug aufspringen“, erinnert sich Sabine Gugglberger heute noch gut an die schwierige Anfangszeit. Doch irgendwann haben die beiden es geschafft und die Beratungsstelle „Evita“ konnte am 13. November 2000 in Kufstein ihre Pforten öffnen. „Evita haben wir uns genannt, weil auch die ehemalige First Lady Argentiniens - Eva Peron - viel für unterdrückte Frauen getan hat“, erklärt Sabine Gugglberger. Und darüber hinaus erinnert der Name Evita auch an den Begriff des Lebens, das man durch die beratende Hilfe den Frauen wieder schenken möchte. Heute wird der Verein durch Bund, Land, Stadt Kufstein und Licht ins Dunkel gefördert. „Das derzeitige Budget beläuft sich auf ca. 100.000 €“, rechnet Gugglberger vor.

6.000 Beratungen in 10 Jahren
„Insgesamt konnten wir knapp 6.000 Beratungen in dieser Dekade durchführen“, blicken die beiden stolz zurück. Etwas über 80% fallen dabei auf Beratungen im psychosozialen Bereich für Frauen und Mädchen in schwierigen Lebenssituationen: „Das sind hauptsächlich Scheidungs- und Trennungsphasen, Konflikte in Familien, Streitigkeiten unter Eheleuten, Überforderung, aber auch Hilfe für Opfer von Gewalt.“ Der Rest sind Rechtsberatungen für dasselbe Spektrum von Fällen.

Extreme Steigerung seit 2003
Auffallend sei dabei, dass sich die Beratungen ab dem Jahr 2003 extrem gesteigert haben, was die beiden Gründungsmitglieder der Frauenberatungsstelle Evita vor allem auf das erstarkte Selbstbewusstsein der Frauen zurückführen, „die sich immer mehr informieren. Ich glaube aber auch, dass die Beratungen mehr geworden sind, weil die Frauen jetzt wissen, wo sie hin müssen“, vermutet Hilde Decassian. Auch der Anteil von Frauen mit Migrationshintergrund sei steigend. „Der liegt derzeit bei rund 30%“, so Gugglberger, die diesen Umstand durchaus als positives Signal für die Integration sieht. „Auch diese Frauen lassen sich einfach nicht mehr alles gefallen“, so die Geschäftsführerin des Vereins, die in den Beratungen das ganze Spektrum der Probleme von Frauen mit Migrationshintergrund kennen lernt. „Wir haben es da auch mit Zwangsehen zu tun. Das gibt es bei uns mehr, als man glaubt.“ Schwierig sei dabei vor allem, dass viele der Frauen nicht Deutsch sprechen.

2008 erste Frauenwohnung
Besonders stolz sind die beiden aber darauf, dass es 2008 gelungen ist, die Stadt Kufstein und das Land davon zu überzeugen, dass es im Unterland auch ein Frauenhaus braucht, damit in Not geratene Frauen mit ihren Kindern eine Zufluchtsstätte haben. „Bis zu maximal einem Jahr können diese dort bleiben, um zur Ruhe zu kommen und ihr Leben neu zu organisieren“, erzählt Sabine Gugglberger.

Dringender Ausbau des Frauenhauses nötig
Im Jahr 2009 konnten im Frauenhaus Kufstein 1.133 Nächtigungen verzeichnet werden. „Da die Nächtigungen aber laufend zunehmen, bräuchten wir dringend eine zweite Wohnung im Frauenhaus“, zeigt Gugglberger auf und hofft, dass die Stadt Kufstein auch weiterhin hinter diesem Projekt steht.

Dankbarkeit und Stolz
„Eigentlich können wir aber heute sagen, dass wir dankbar sind, weil wir alle Höhen und Tiefen meistern konnten und auch die finanziellen Engpässe überwunden haben“, freut sich Hilde Decassian. „Ich möchte mich aber auch bei den unzähligen Frauen bedanken, die uns ihr Vertrauen geschenkt haben“, fügt Sabine Gugglberger hinzu. „Hier fließen eben auch viele Tränen, es wird auch mal geschrien und es gibt viel Verzweiflung“, weiß die Pädagogin und Mediatorin. Aber es sei immer wieder schön, wenn man sieht, dass eine Frau anders hinausgeht, als sie hereingekommen ist. „Im Grunde konnten wir in allen Fällen zumindest ein Stück weiter helfen, weil wir sehr gut vernetzt sind.“

Schritt für Schritt auf dem Weg in die Eigenverantwortung
Vor allem wolle man den Frauen auf dem Weg in eine neue Eigenverantwortung helfen: „Viele Frauen sehen am Anfang nur den großen Problemberg, den bauen wir aber gemeinsam mit ihnen Schritt für Schritt ab und machen ihnen ihre Stärken wieder bewusst, auch wenn sich viele Frauen im ersten Moment gar nicht mehr spüren“, erzählt Gugglberger aus der täglichen Praxis von Evita.

Kostenlos und anonym
Eine Aufgabe, die Kraft erfordere, aber auch Freude mache. Umso mehr, wenn man sieht, dass eine spontane Idee vor zehn Jahren heute zu einer der erfolgreichsten Beratungsstellen für Mädchen und Frauen geworden ist. Eine Beratungsstelle, die kostenlos und anonym zur Seite steht, wenn das Leben seine dunklen Seiten zeigt.

Evita
Beratungsstelle für
Mädchen und Frauen

Oberer Stadtplatz 6
(Hypohaus, 2. Stock)
6330 Kufstein
Tel: 05372/63616
Email: evita@kufnet.at

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