Krisen
Mehr Unterländer suchen telefonisch psychische und soziale Hilfe

Leo Alber, Eva Pawlata, Cornelia Hagele, Manfred Deiser freuen sich darüber, dass mehr Menschen im Unterland Hilfe in Anspruch nehmen.  | Foto: Barbara Fluckinger
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Immer mehr Unterländer und Unterländerinnen mit psychischen oder sozialen Problemen suchen rasche, niederschwellige und professionelle Hilfe – das übers Telefon. 

BEZIRKE KUFSTEIN,KITZBÜHEL, SCHWAZ. Eigentlich wurde der Psychosoziale Krisendienst Tirol (kurz PKT) im Jahr 2020 als ein auf zwei Jahre befristetes Pilotprojekt gestartet. 2022 wurde das Angebot dann fix installiert – der Krisendienst hat sich also bewährt.

4.201 Telefonate geführt

Dabei handelt es sich um ein niederschwelliges Angebot der Hilfe über ein "Krisentelefon". Wer sich also in einer Krise befindet – egal ob in einer psychischen oder sozialen – kann hier also einfach und kostenlos anrufen und sich professionelle Hilfe für eine Erstabklärung holen. 
Unterm Strich haben das in letzter Zeit auch immer mehr Menschen aus dem Tiroler Unterland gemacht. Das zeigen die Zahlen aus den Bezirken Schwaz, Kufstein und Kitzbühel. Von Oktober 2022 bis September 2023 verzeichnete der PKT im Unterland 4.201 Telefonkontakte, was durchschnittlich etwa 350 Gesprächen pro Monat entspricht. Das Angebot wurde in den letzten Monaten im Unterland dabei besser angenommen.

"Sich in Zeiten der Schwäche Hilfe zu holen, ist ein Zeichen von Stärke“, appelliert Soziallandesrätin Eva Pawlata. | Foto: Barbara Fluckinger
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Psychische Probleme und soziales Umfeld

Die meisten Menschen, die sich beim Krisentelefon melden, haben psychische Probleme – teilweise auch rückführbar auf die vielen Krisen, die wir in den letzten Jahren erlebt haben, wie Soziallandesrätin Eva Pawlata bei einem Pressegespräch in der Beratungsstelle in Wörgl betont. Der Anruf ist ein erster Schritt, der in weitere Hilfe münden kann.
Auch Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele betont, wie wichtig, das Angebot ist.

"Der psychosoziale Krisendienst ist eine essentielle Säule der Tiroler Hilfs- und Unterstützungslandschaft im Bereich der psychosozialen Gesundheit. ‚Erste Hilfe‘ ist in der psychischen Gesundheitsversorgung genauso wichtig bei physischen Krankheitsfällen", 

so Hagele. Eine Krise sei etwas, "was uns allen passieren kann", betont Dr. Manfred Deiser, Psychotherapeut und Koordinator des Psychosozialen Krisendiensts Tirol. In der Hälfte der Gespräche mit dem Psychosozialen Krisendienst ging es um psychische Probleme, während bei 15 Prozent der Gespräche Konflikte im sozialen Umfeld behandelt wurden. Aber auch Einsamkeit ist ein Thema: 14 Prozent der Kontakte sprachen am Telefon darüber.

Hast du dir schon einmal Hilfe wegen eines psychischen Problems geholt?

Angebot ausgebaut

Die professionelle telefonische Anlaufstelle wurde dabei bereits zeitlich und inhaltlich ausgebaut, wie Pawlata in Wörgl erklärt. Was anfangs "nur" eine telefonische Anlaufstelle für Menschen in Krisensituationen war, ist heute mehr. Jetzt bietet die Stelle auch eine Möglichkeit, die Menschen proaktiv in ihren Wohnungen aufzusuchen, wenn sie sich denn in einer Krise befinden, die telefonisch nicht zu bewältigen ist. 
Es gibt auch ein Angebot der ambulanten Krisentherapie, größtenteils finanziert über den Bund. Das ist eine kurzzeitige Krisenintervention im Ausmaß von sechs Stunden – in diesen können Menschen therapeutische, persönliche Gespräche in Anspruch nehmen.

„Konkrete Hilfe ist nur einen Anruf entfernt. (...) Dabei gelingen den PsychotherapeutInnen des Psychosozialen Krisendienstes in den Gesprächen mit den Betroffenen ein Abbau der akuten Belastung und die Erarbeitung von neuen Möglichkeiten und Lösungsschritten“, berichtet Leo Alber vom Psychosozialen Krisendienst Tirol. | Foto: Barbara Fluckinger
  • „Konkrete Hilfe ist nur einen Anruf entfernt. (...) Dabei gelingen den PsychotherapeutInnen des Psychosozialen Krisendienstes in den Gesprächen mit den Betroffenen ein Abbau der akuten Belastung und die Erarbeitung von neuen Möglichkeiten und Lösungsschritten“, berichtet Leo Alber vom Psychosozialen Krisendienst Tirol.
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Über den PKT

Der Psychosoziale Krisendienst Tirol ist seit 2020 eine kostenfreie, rasch verfügbare und professionelle telefonische Anlaufstelle für Menschen in akuten Krisensituationen. Seine Hauptaufgabe besteht darin, Menschen in akuten Krisen und psychischen Ausnahmesituationen professionell zu begleiten, eine Ersteinschätzung vorzunehmen und mögliche Gefährdungssituationen zu bewerten.
Die Organisation und Durchführung des Psychosozialen Krisendienstes Tirol erfolgt im Auftrag des Landes Tirol in Kooperation zwischen den Vereinen "Suchthilfe Tirol" und dem "Psychosozialen Pflegedienst Tirol". Pro 10.000 EinwohnerInnen (und Monat) verzeichnet der PKT laut Statistik aus dem Bezirk Kufstein 62 Anrufe, aus dem Bezirk Kitzbühel 44 Anrufe und aus dem Bezirk Schwaz 35 Anrufe. Die meisten Anrufer sind zwischen 60 und 70 Jahre alt (30 Prozent), gefolgt von den 50- bis 60-Jährigen (19 Prozent) und den 30- bis 40-Jährigen (18 Prozent). Nur 1 Prozent der Anrufer ist unter 18 Jahre alt. Die Jugend sucht Hilfe vor allem an anderen Stellen, wie beispielsweise bei "Rat auf Draht". 

Psychosozialer Krisendienst Tirol: Seelisch belastete Menschen erhalten in Tirol an sieben Tagen in der Woche professionelle Beratung und Hilfe unter der Telefonnummer 0800 400 120 – auf Wunsch auch anonym.

Aktuelle Nachrichten aus dem Bezirk Kufstein gibt‘s hier.
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