2018 in Tirol 1.307 Zivildiener
Zivildienermangel: Immer mehr Untaugliche verschärfen Situation

Rund die Hälfte der Zivildienstleistenden in Tirol versehen ihren Dienst im Rettungs- und Krankentransportwesen. | Foto: ÖRK/Kellner
  • Rund die Hälfte der Zivildienstleistenden in Tirol versehen ihren Dienst im Rettungs- und Krankentransportwesen.
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Mit 14.591 zum Zivildienst zugewiesenen jungen Männern traten 2018 um rund 300 junge Männer (-2,2 Prozent) weniger zum Zivildienst an, als im Jahr zuvor, das zeigt der Blick auf die aktuellen Zahlen, die Staatssekretärin Karoline Edtstadler (VP) nun präsentierte. Dennoch ist diese Zahl der drittbeste Wert seit Einführung des Zivildienstes.

BEZIRK KUFSTEIN (nos). Mit der jüngst stetig sinkenden Zahl von Zivildienstleistenden aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge sowie durch die Verkürzung der Dienstzeit von 12 auf 9 Monate werden manche Trägerorganisationen mit Personalproblemen konfrontiert – die BEZIRKSBLÄTTER berichteten.

"Aufbauwerk" bis September 2020 abgedeckt

Das "AufBauWerk" hat im Bezirk Kufstein einen Standort, "daher bieten wir nur eine Zivilidienststelle pro Jahr an", erklärt Reinhold Krigovszky, Leiter des "Aufbauwerk" in Bad Häring, "es hat sich gezeigt, dass der September ein idealer Zeitpunkt ist. Häufig melden sich interessierte junge Männer bei uns, die Zuweisung durch die Zivildienstserviceagentur erfolgt rasch und unbürokratisch. Der zuständige Mitarbeiter für Tirol, Jürgen Oehler, ist hierbei lobenswert zu erwähnen!" Ausfälle durch Krankheit oder Unfälle von Zivildienstleistenden können nur mangelhaft kompensiert werden. "Praktikanten können einen Teil übernehmen", weiß Krigovszky.
"Zum Glück haben wir momentan einen sehr engagierten jungen Mann und bereits für September 2019 einen zugewiesenen Zivildiener. Ab September 2020 haben wir wieder Bedarf. Die Einsatzbereiche für die jungen Männer sind sehr vielfältig. Im Grunde sind sie unterstützend tätig in den unterschiedlichen Praxismodulen (EDV, Küche, Kreativbereich, Holzverarbeitung, Gartenbau) und für Einkaufsfahrten und Hol- und Bringdienste verantwortlich", so Krigovszky.

Sozialsprengel Brixlegg möchte zweiten Zivildiener

Auch bei GF Tobias Bitterlich im "Sozial- und Gesundheitssprengel von Gemeinden der Region 31" ist ein Zivildiener beschäftigt, die Aufstockung um einen zweiten Platz wurde bereits beantragt, so Bitterlich gegenüber den BEZIRKSBLÄTTERN. Im Rhythmus von neun Monaten kommt ein Neuer, nächster Termin ist der 1. Oktober, der Platz ist noch nicht vergeben.
"Wir fordern Wunschkandidaten an", so Bitterlich, "die angehenden Zivildienstleistenden melden sich bei uns und wir fordern sie als Wunschkanditaten bei der ZISA an." Unterstützungsdienst in der Tagespflege, Besorgungsdienste, Fuhrpark-Pflege, Fahrdienste und Essen auf Rädern liegt im ZiDi-Bereich im "Sozial- und Gesundheitssprengel von Gemeinden der Region 31".

2019 im UMF-Heim noch komplett frei

Drei – noch unbesetzte – Zivildienerstellen bietet für das Jahr 2019 die Tiroler Soziale Dienste GmbH im Heim für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Kufstein. Eingerückt wird hier im Mai, Juni und August, zumeist erfolgt die Zuteilung der Wunschkandidaten nach Anforderung bei der ZISA.
"Lange Krankenstände oder Unfälle sind derzeit im Bezirk Kufstein nicht aufgetreten", wie Julia Prantl für die TSD erklärt. Hilfsdienste bei der Betreuung von Flüchtlingen, im administrativen Bereich, bei Haus-, Garten- und Instandhaltungsarbeiten sowie bei Hol-, Bring- und Kraftfahrdiensten und im Mobilen Dienst sind die Aufgaben der TSD-ZiDi.

Diakoniewerk: "Kitzbühel schwierig"

Zwei Plätze in Kirchbichl und je ein Platz in Hopfgarten und ein Platz in Kitzbühel, den beiden "Kulinarium"-Einrichtungen, stehen beim Diakoniewerk zur Verfügung, die Stellen werden an drei Terminen vergeben: zwei im September, eine im August, eine im Oktober, so Bereichsleiter Stephan Mader. "In den letzten Jahren und auch derzeit ist die Zuteilung eher unproblematisch, wir hatten meist mehr Bewerber als freie Stellen. Nur die Stelle in Kitzbühel ist schwerer zu besetzen, es gab in den letzten Jahren dafür kaum Bewerber aus der Region", erklärt Mader.
Die Zivildiener bewerben sich, werden zu einem Besuchstag eingeladen und werden dann vom Diakoniewerk als Wunschkandidat über die ZISA angefordert. Ab August 2019 sind wieder vier Plätze frei, weiß Mader: "Grundsätzlich sind Zivildiener als zusätzliche Helfer eingeteilt und übernehmen keine Tätigkeiten von hauptamtlichen Mitarbeitern. Nur das Thema Fahrdienst ist schwierig bei Ausfällen abzudecken, wo dann hauptamtliche Mitarbeiter einspringen müssen." Die Diakoniewerk-ZiDi übernehmen Hilfsdienste in der Begleitung von Menschen mit Behinderung unter Aufsicht von ausgebildeten Mitarbeitern, bei der Gestaltung des Arbeits- und Wohnalltags, beim Finden von geeigneten und sinnvollen Beschäftigungsmöglichkeiten, im Fördern und Erhalten der Fähigkeiten der Menschen mit Behinderung, Hol- und Bringdienste, Fahrdienst, Einkäufe und Erledigungen, Lieferungen für das "Kulinarium" und auch Instandhaltungsarbeiten.
"Zivildiener sind für die Menschen mit Behinderungen und für uns als Organisation eine sehr wichtige Unterstützung. Ihr Einsatz ermöglicht zusätzliche Dienste und Angebote. Unserer Erfahrung nach waren die jungen Männer meist hoch motiviert und bringen sich gerne mit ihren Ideen und Fähigkeiten ein. Für den einen oder anderen ist es auch der Start ins Berufsleben im Sozialbereich, weil sie im Zivildienst erst merken, dass ihnen die Arbeit mit Menschen mit Behinderung gut liegt", erklärt Mader.

Geburtenschwache Jahrgänge fordern Organisationen

Der Grund für den Rückgang an Zuweisungen ist in den mittlerweile vorherrschenden geburtenschwachen Jahrgängen zu sehen, wie Ferdinand Mayr, Leiter der Zivildienst-Service-Agentur (ZISA) auf Anfrage der BEZIRKSBLÄTTER telefonisch erklärt.
1.307 junge Männer, das sind rund 9 Prozent aller österreichischen Zivildiener, wurden 2018 in Tirol eingesetzt, um 22 weniger als im Jahr zuvor.
Davon waren 550 (um 51 weniger) im Rettungsdienst, 252 (um 7 mehr) in der Behindertenhilfe und 218 (um 20 mehr) in der Altenbetreuung tätig. Tirol rangiert damit bei der Erfüllung im Österreichvergleich auf den vorderen Plätzen: Über 91 Prozent der im gesamten Jahr angeforderten Zivildiener werden auch zugeteilt, damit ist Tirol, wie in den Vorjahren unter den am besten "beschickten" Bundesländern. Probleme bereiten den Trägern aber oft ungünstig geplante Einrückungstermine, wie auch Mayr weiß: "Die Organisationen müssen schon auch hinterfragen, ob sie nicht attraktivere Einrückungstermine wählen können. Über die Hälfte der Zivildiener sind Maturanten, für die sind längere Pausen zwischen Schule, Zivildienst und Uni-Semester nicht besonders attraktiv."
13.730 junge Männer gaben eine Zivildiensterklärung ab – ein Minus von 2,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das Interesse am Zivildienst sei weiterhin groß, jedoch komme es zum Rückgang bei Zivildiensterklärungen aufgrund geburtenschwacher Jahrgänge und höherer Anzahl an Untauglichen, so Mayr.

  • 2010: rd. 39.600 taugliche Wehrpflichtige (davon 34,5% Zivildiener)
  • 2014: rd. 35.800 taugliche Wehrpflichtige (davon 46,4% Zivildiener)
  • 2016: rd. 32.500 taugliche Wehrpflichtige (davon 46,2% Zivildiener)
  • 2017: rd. 30.800 taugliche Wehrpflichtige (davon 44,9% Zivildiener)

Die meisten leisteten 2018 ihren Zivildienst im:

  1. Rettungswesen: rd. 40% (5.721 Zivildiener)
  2. Sozial- und Behindertenhilfe: rd. 30% (4.352)
  3. Altenbetreuung: rd. 10% (1.547)
  4. Krankenanstalten: rd. 7% (989)
  5. Flüchtlingsbetreuung: rd. 4% (554)
  6. Katastrophenhilfe: rd. 3% (397)

Weitere kleinere Bereiche: Kindergärten, Gedenkstätten, Landwirtschaftliche Betriebshilfe, Umweltschutz;

Beliebteste Trägerorganisationen

40 Prozent aller Zivildiener leisten Dienst bei Rettungsorganisationen, viele bleiben später als Ehrenamtliche bei Rettungsdiensten.
Die größten Träger-Organisationen: Rotes Kreuz, Samariterbund, Lebenshilfe, Caritas, Diakonie, Feuerwehrverbände, Krankenhäuser, Seniorenheime

Diese Organisationen und Institutionen im Bezirk Kufstein beschäftigen Zivildienstleistende

  • AufBauWerk - Job Training Bad Häring
  • Rehabilitationszentrum Häring
  • Wohn- und Pflegeheim Bad Häring
  • Lebenshilfe - Werkstätte Brixlegg
  • Seniorenpflegeheim St. Josef Brixlegg
  • Verein Sozial- und Gesundheitssprengel von Gemeinden der Region 31, Brixlegg
  • Altersheim Ebbs
  • Diakoniewerk Tirol - Wohnhaus Kirchbichl, Betreutes Wohnen
  • Diakoniewerk Tirol - Werkstätte Kirchbichl, Werkstätte
  • Diakoniewerk Tirol – Büro, Kirchbichl
  • Diakoniewerk Tirol - Kulinarium Kitzbühel (via Kirchbichl)
  • Diakoniewerk Tirol - Kulinarium Eurotours (via Kirchbichl)
  • Samariterbund Tirol, Dienststelle Unterland, Kirchbichl
  • Wohn- und Pflegeheim der Gemeinde Kirchbichl
  • Landessonderschule mit Internat Kramsach Mariathal
  • Wohn- und Pflegeheim Kramsach
  • Bezirkskrankenhaus Kufstein
  • Altenwohnheime Kufstein
  • Lebenshilfe Werkstätte Kufstein
  • Rotes Kreuz - Bezirksstelle Kufstein, Rettungsdienst via LV Tirol
  • Rotes Kreuz - Bezirksstelle Betreuter Fahrdienst
  • Rotes Kreuz - Projekt mobile Seniorenbetreuung 
  • UMF - Heim Kufstein
  • Gemeindekindergarten Kundl
  • Sozialzentrum mitanond Kundl
  • Sozialzentrum Münster
  • Flüchtlingsheim Landhaus, Reith
  • Altenwohn- und Pflegeheim Scheffau am Wilden Kaiser
  • Haus der Kinder, Söll
  • Flüchtlingsheim Wörgl Eisenstein
  • Lebenshilfe - Werkstätte Wörgl
  • Seniorenheim Wörgl

Bundesweit wurde ein Rekord an Trägerorganisationen verzeichnet: 1.708 Einrichtungen – Zuwachs gab es vor allem bei Kindergärten – stehen für Zivildienstleistende bereit. Zusätzlich gibt es rund 2.800 untergeordnete Einsatzstellen, wie Bezirks- oder Ortsstellen von Organisationen, oder kleinere Einrichtungen, so die ZISA.

Mehr zum aktuellen Zivildiener-Mangel im Bezirk Kufstein finden Sie hier.
Mehr zum Thema Zivildienst auf meinbezirk.at finden Sie hier.

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