Leistbares Wohnen
Freizeitwohnsitzkontrollen und ihr Effekt bleiben umstritten

Tirols Freizeitwohnsitze bleiben ein heikles Thema.  | Foto: Poldi Lembcke/BB Archiv
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Illegale Freizeitwohnsitze sind vielerorts ein emotionales Thema. Das Land will dagegen vorgehen, weil dadurch leistbarer Wohnraum entstehen könnte. Kritiker sehen dies als nicht zielführend an. 

BEZIRK. Das Land Tirol versucht illegale Freizeitwohnsitze zu bekämpfen, da diese auch zu den hohen Preisen für Wohnraum beitragen, so LR Johannes Tratter. Das sei allerdings nur ein Teil eines ganzen Bündels an Maßnahmen. Zusätzlich gibt es laufend Impulse bei der Wohnbauförderung, dem Grundverkehrsgesetz, bei Vorbehaltsflächen für den gemeinnützigen Wohnbau und in der Raumordnung. Auch die Vertragsraumordnung, bei der manche Gemeinde laut LR Tratter noch mehr Engagement zeigen könnte, sei ein effektives Instrument für leistbaren Wohnraum.

Zusätzliche Verstärkung

Um Verdachtsfällen von illegalen Freizeitwohnsitzen nachzugehen, stünden den Gemeinden seit Herbst auch externe, geschulte Kontrollorgane zur Verfügung. Prinzipiell laufe eine Überprüfung in etwa wie folgt ab: Bei einem Verdacht oder bei einer anonymen Anzeige werde der oder die Betroffene befragt. Können die Vorwürfe plausibel erklärt werden, z. B. weil jemand aufgrund seines Berufes viel auf Reisen ist, dann wird der Sache nicht weiter nachgegangen. Erhärtet sich der Verdacht allerdings, dann werden weitere Details in Betracht gezogen, wie z. B. der Stromverbrauch, die Kennzeichen der Autos, der Schulort der Kinder, etc. Die Rechtssprechung sei dazu eher gemeindefreundliche, betont LR Tratter. Baurechtlich könnte dem Betroffenen die Nutzung untersagt werden. Verstößt die betroffene Personen gegen das Nutzungsverbot, dann werde die BH jedes mal eine Strafe ausstellen, die Summe könnte auch wohlhabende Personen abschrecken. 

LR Johannes Tratter will mit der Eindämmung von illegalen Freizeitwohnsitzen mehr leistbaren Wohnraum schaffen. | Foto: Lair/BB Archiv
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Kritik: Kontrollmaßnahmen verfehlen Ziel

Die Initiative "Vision für unser Leben in Tirol" und deren Sprecher Gerhard Pohl steht der Herangehensweise des Landes kritisch gegenüber. Pohl betont, dass man nicht per se gegen die Kontrollen sei, solange diese von geschultem Personal, die sich im gesetzlichen Rahmen bewegen, durchgeführt werden. Am meisten stört Pohl allerdings, dass seiner Meinung nach das Ziel verfehlt werde, da die Kontrollen nicht zur Schaffung von leistbaren Wohnraum beitragen würden. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Walchsees Bürgermeister Dieter Wittlinger: 

„Nach den nun ersten Erfahrungen bei diesen Untersuchungen und nach den Gesprächen mit den betroffenen EU-Bürgern, bin ich sehr skeptisch, dass durch die von uns gesetzten Maßnahmen leistbares Wohnen entsteht. Es wird vielleicht die eine oder andere Wohnung an den freien Wohnungsmarkt abgestoßen, doch nicht zu für Einheimische leistbare Preise.“

Pohl sieht darin eine Bestätigung, dass der Kampf gegen illegale Freizeitwohnsitze zwar geführt werden könne, aber nicht mehr leistbaren Wohnraum bringen werde. Pohl ist ÖVP-Wirtschaftsbundobmann und übt Kritik an den eigenen Reihen. Allerdings ist er aber auch als Unternehmer im Immobilienbereich tätig. Aus diesem Grund wurde ihm vorgeworfen, dass er aus Eigeninteresse handle. Trotzdem bleibt Pohl dabei: Leistbares Wohnen habe kaum was mit Freizeitwohnsitzen zu tun, sondern viel mehr damit, dass Gemeinden kaum günstige Flächen erwerben können. In privates Eigentum dürfe laut Gesetz nicht eingegriffen werden, die Nachfrage an Baugründen sei viel höher als das Angebot, daher sei es eine logische Entwicklung, dass auch die Preise drastisch nach oben gehen. 

"Die Beiweisführung bei den Kontrollen ist mühselig, langwierig und was dabei rauskommt ist für alle Beteiligten unzufriedenstellend",

so Pohl. Das Problem könne nicht durch Kontrollen gelöst werden. Vielmehr müsse man damit leben lernen und andere Ansätze nutzen, wie zum Beispiel beim Verkauf von Grund und Boden die Gebühren zu erhöhen.

"Wenn ein Österreicher am Gardasee eine Immobilie als Freizeitwohnsitz nutzt, dann zahlt er bei allen Gebühren das Doppelte oder Dreifache",

so Pohl, der weiter ausführt, dass diese Gebühren dann einen Mehrwert für die Gemeinden bringen könnten, wenn sie zweckgebunden für die Schaffung von leistbarem Wohnraum verwendet werden. Höhere Gebühren seien aufgrund von rechtlichen Schranken nicht so einfach möglich, heißt es seitens des Landes. Ab einer gewissen Höhe wäre auch der Bund ein solches Gesetz zuständig. Zudem würde das Aufdecken von illegalen Freizeitwohnsitzen auch zu geringer Flächenversiegelung führen, da wieder mehr bestehende Wohnungen genutzt werden könnten. 
Übrigens: Die 8-Prozent-Grenze für Freizeitwohnsitze ist in vielen Gemeinden im Unterland überschritten. Diese Grenze besteht seit Mitte der 90er-Jahre und musste aufgrund eines Verfassungsgerichtshofurteiles so festgelegt werden. Die Gemeinden, welche drüber sind, waren es schon zuvor, so LR Tratter.

Aktuelle Nachrichten aus dem Bezirk Kufstein gibt‘s hier.

Kontrollen von Freizeitwohnsitzen ...

Freiheitskämpfer oder Immobilienhai?

Tirols Freizeitwohnsitze bleiben ein heikles Thema.  | Foto: Poldi Lembcke/BB Archiv
LR Johannes Tratter will mit der Eindämmung von illegalen Freizeitwohnsitzen mehr leistbaren Wohnraum schaffen. | Foto: Lair/BB Archiv
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