"Die Regierung ist nicht mehrheitsfähig"

Landeshauptmann Josef Pühringer: "Wer sich nicht integrieren will, muss mit Konsequenzen rechnen". | Foto: BRS
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  • Landeshauptmann Josef Pühringer: "Wer sich nicht integrieren will, muss mit Konsequenzen rechnen".
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BezirksRundschau: In der Integrationsdebatte gab es zuletzt mehrere Vorstöße – etwa zur Abschiebung krimineller Flüchtlinge oder das Burka-Verbot. Wie stehen Sie dazu?

Josef Pühringer: Ich sehe von den Einzelvorschlägen ab. Es ist vielmehr ganz entscheidend, dass wir alles tun, damit keine Parallelgesellschaften entstehen. Alles was Parallelgesellschaften fördert, unterstütze ich nicht. Ich bin für ordentliche Integration. Alles was zu Parallelgesellschaften führt, ist nicht förderlich für Integration. Daher müssen wir schauen, was wir auf Basis der Rechtsordnung zusammenbringen.

Wären Sie für ein Burka-Verbot?
Ich kann mir ein Burka-Verbot durchaus vorstellen, vor allem im öffentlichen Bereich. Natürlich bin ich auch dafür, dass man Kriminelle nicht im Land lässt, nur dafür braucht man eine ordentliche Rechtsgrundlage. Da ist das Parlament gefordert.

Wie weit soll man eigentlich bei der Videoüberwachung im öffentlichen Bereich gehen?
Unsere Menschen im Land müssen sicher, friedlich und ordentlich miteinander leben können. Überall dort, wo dies nicht gewährleistet ist, muss ein Staat Sicherheitsmaßnahmen setzen. Das können auch Videoüberwachungen sein.

Das heißt mehr Videoüberwachung im öffentlichen Raum?
Ich glaube, dass es mehr Videoüberwachung geben wird, das erfordert die Sicherheitssituation. Den Bürgern Sicherheit zu garantieren, ist eine Kernaufgabe des Staates.

Was tun mit den Asylwerbern, die als Analphabeten nach Österreich kommen – diese werden kaum Deutsch lernen, geschweige denn einen Job finden …
Wer sich nicht integrieren will, der kann nicht unser Mitbürger werden. Wer sich nicht integrieren will, muss mit Konsequenzen rechnen. Deutsch zu lernen ist erste Pflicht.
Und natürlich ist der Arbeitsmarkt das große Problem. Wir haben derzeit einfach nicht so viele Arbeitsplätze zur Verfügung, wie wir möchten. Aber wir müssen uns grundsätzlich überlegen, ob es alternative Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylwerber und anerkannte Flüchtlinge gibt. In der Gemeinwohlarbeit gäbe es da sicher verschiedene Modelle. Denn: Arbeitslos sein ist für den Betroffenen unangenehm und Arbeitslosenheere von anerkannten Flüchtlingen sind für die Gemeinschaft schlecht. Weil wir wissen: Dann gibt es Sicherheitsprobleme.

Wie bewerten Sie derzeit die Leistung der Bundesregierung – auch im Hinblick auf das Flüchtlingsthema?
Ich denke, dass Außen-, Innen- und der Verteidigungsminister eine gute Basis haben und dass eine Qualitätsverbesserung eingetreten ist …

... in den Umfragen schlägt sich das allerdings nicht nieder, dass die ÖVP einen schärferen Flüchtlingskurs fährt?!
Was den Zustand der Bundesregierung anlangt, plädiere ich dafür, dass die derzeitige Koalition beginnend mit 1. September zeigt was sie kann und anstehende Probleme löst. Sie muss zusammenarbeiten, nicht streiten, denn das ist der einzige Weg, dass man wieder mehrheitsfähig wird. Der Strache wächst nicht durch eigene Leistung, er wächst durch den Frust der Bürger über die Regierung. Und diesen Frust muss man abbauen, indem man intensiv arbeitet – als Regierung gemeinsam Leistung erbringt.
Unser Gegner ist nicht der Koalitionspartner, unsere Gegner sind die Oppositionsparteien – Grüne, NEOS und FPÖ. In der Koalition muss man hinter verschlossenen Türen Lösungen erarbeiten und diese müssen mehrheitsfähig sein und konsequent durchgesetzt werden.

Es gibt ja auch Personen in der ÖVP, die mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg halten, wie etwa den Herrn Lopatka.
Ich nenne keine Namen, aber ich nehme niemanden aus. Die Regierung muss sich zusammensetzen und sagen: Finito mit den Auseinandersetzungen, jetzt gehen wir es gemeinsam an! Jetzt zeigen wir der Bevölkerung, dass wir Probleme lösen. Dann wird die Opposition automatisch weniger Chance haben.

Das hören wir aber schon jahrelang!
Nur, jetzt brechen die letzten zwei Jahre vor dem Wahltag an. Und Wahltag ist Zahltag. Nach den derzeitigen Umfragen hat die Regierung keine Mehrheit …

Sind SPÖ und ÖVP derzeit nicht mehrheitsfähig?
Nein. Wenn Schwarz und Rot laut Umfragen nicht 50 Prozent haben, dann ist die Regierung nicht mehrheitsfähig. Aber meines Erachtens geht es vielmehr um drei Dinge: Man muss der Bevölkerung zeigen, dass man Probleme löst…

... welche sind das?
Das Asylproblem, das Sicherheitsproblem und die Zukunftsthemen. Das ist auch der zweite Punkt: Die Regierung muss deutlich machen, dass sie erkannt hat, um welche Fragen es in Zukunft geht: rasche Digitalisierung, Wissenschaft, Forschung und Bildung. Das sind die Bereiche, in denen man nachlegen muss.
Und dritter Punkt: die Reformbereitschaft. Wir brauchen mehr Mut und mehr Flexibilität. Wenn wir nicht mehr Mut haben, um manche Dinge anzugehen – etwa die Zusammenlegung der Sozialversicherungen auf Länderebene. Wenn wir nicht flexibler werden – das ist ein großer Aufruf auch an die Gewerkschaften und Kammern – dann werden wir im Standortwettbewerb keine guten Karten haben.

Wie flexibel können die Länder sein?
Die Länder werden nichts blockieren, aber es gibt auf der Bundesebene manche, die sehen in einer Zentralisierung das Allheilmittel. Das sehen wir nicht.

Es gibt aber auch innerhalb des Landes Kritik an mangelnder Reformbereitschaft.
Die wird es immer geben, die soll es auch geben. Aber es soll mal jemand eine Spitalsreform nachmachen, so wie wir es gemacht haben. Es soll mal jemand die Verwaltungsreform nachmachen. Da haben wir schon einiges gezeigt! Was aber nicht heißt, dass wir nicht weitere Bereiche – wie etwa das Sozialwesen – haben, wo wir Reformen machen müssen.
Aber: Oberösterreich muss die Reformen nicht machen, um Schuldenberge abzubauen, die haben wir nicht. Oberösterreich muss vielmehr die Reformen machen, damit für die Zukunftsthemen die entsprechenden Mittel frei sind.

So große Reformprojekte wie etwa die Spitalsreform gibt es ja in dieser Legislaturperiode nicht. Und derzeit scheinen es in erster Linie FPÖ-Themen zu sein, die die Menschen bewegen. Kommt die ÖVP derzeit nicht mit Themen durch?
Es geht überhaupt nicht darum, ob ein Thema dieser oder jener Partei zuzurechnen ist. Es geht darum: Was bewegt die Menschen. Und die Menschen bewegt, dass wir die Bürokratie zurückdrängen sollen, dass wir im Pflegebereich Reformen brauchen, dass es einen gewaltigen Wettbewerb der Wirtschaftsstandorte gibt: Das sind die Themen.
Aber natürlich bewegt die Menschen auch die Sicherheitsfrage, die Asylfrage, die Extremismusfrage – das sind die Dinge, bei denen man der FPÖ die Zuständigkeit zuschreibt. Das streite ich aber ab. Die Sicherheitsfrage ist ein Themenbereich, mit dem uns wir als ÖVP immer auch konsequent auseinandergesetzt haben. Denn für Sicherheit zu sorgen, ist eine Kernaufgabe der Politik.

Man hört in Linz, dass Sie noch bis 2018 Landeshauptmann bleiben, um die Nationalratswahlen noch für die ÖVP mitzuschlagen.
Ich werde nur das sagen, was ich immer gesagt habe: Die Funktionsperiode dauert bis 2021 und ich werde aufgrund des letzten Wahlergebnisses nicht noch einmal antreten.

Heißt der Landeshauptmann von OÖ im Jahr 2018 noch Josef Pühringer?
Keine Fangfragen stellen, bitte …

Das Interview führten Thomas Winkler und Thomas Kramesberger.

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