Das Grab als Glaubenszeugnis

Die Friedhöfe rund um unsere Kirchen geben unseren Toten einen festen, zugänglichen Platz in der Mitte des Dorflebens. Im Schatten unserer Kirchtürme sind Lebende und Tote verortet in der Nähe Gottes.
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  • Die Friedhöfe rund um unsere Kirchen geben unseren Toten einen festen, zugänglichen Platz in der Mitte des Dorflebens. Im Schatten unserer Kirchtürme sind Lebende und Tote verortet in der Nähe Gottes.
  • hochgeladen von Martin Frank Riederer OPraem

Gedanken wider das Asche-Verstreuen.-

Die Bestattungskultur ist in Bewegung geraten wie noch nie, und auf dem Markt der brandneuen Rituale, der da entsteht, ist für viele die christliche traditionelle Bestattung nicht mehr die erste Wahl. Es gibt neben der uns geläufigen Beerdigung manche noch nie da gewesene Beisetzungsformen für die Asche Verstorbener, da der Friedhofszwang großteils aufgehoben ist: Etwa anonyme Urnen-Naturbestattung im Wurzelbereich von Bäumen, Verstreuen der Asche in der Natur, private Aufbewahrung in Haus oder Garten, Seebestattung - auch bei uns, Ballonbestattung aus der Höhe, "Bestattung" im Weltraum, ja selbst Kristallisierung eines Diamanten aus der Asche und einiges mehr.

Glaubende wissen, dass der Tod nicht Ende – Ausgang ist.
Er ist Beginn - der Eingang in ein neues Leben mit Auferstehungshoffnung.
Unser Friedhof rund um unsere Pfarrkirche mahnt uns, für die traditionelle Bestattungskultur einzutreten. Friedhöfe erinnern uns, dass der Mensch sterblich ist. Den Frieden, den ich finden muss im Leben, an den erinnert mich ein Friedhof.
An manchen Tagen werde ich diesen Ort aufsuchen, damit auch ich Frieden finden kann. Wie gut ist es, wenn sich Lebende und Verstorbene beim Gott des Lebens treffen, wenn unser Weg über den Friedhof zum Gebet oder Gottesdienst in die Kirche führt.

Wenn einer die Urne mit nach Hause nimmt etwa mit dem Großvater, dann wird man hauptsächlich zwei Probleme sehen: Das eine ist, wir brauchen auch Abstand zu den Toten, und der ist im Friedhof gegeben, hier ist der Abstand von Leben und Tod real. Das andere Problem, wenn wir die Trauer in den vier Wänden allein zelebrieren, besteht darin, dass wir Anspruch auf den Toten erheben. Wer weiß, wer sonst noch um den Großvater trauert, von dem wir vielleicht gar nicht wissen? Viel wichtiger wäre es, ihn an einem öffentlichen Ort zu haben, an dem wir auch bei der Beerdigung als Gemeinschaft Abschied nehmen. Denn wir Menschen sind soziale Wesen.
In den Jahren in Fließ gehört es zu meinen schönsten Eindrücken, wenn kleine und große MinistrantInnen vor dem Beginn der heiligen Messe das Weihwasser mit dem sie sich am Kircheneingang bekreuzigten auch aufs „Grabl“ brachten, zu den verstorbenen Familienmitgliedern. Welch ein Bewusstseins-Schatz, welch hohe Lebens- und Sterbekultur, welch eine gute und hilfreiche Glaubensverwurzelung, die gerade zu verdunsten droht.

Das Asche-Verstreuen in der Landschaft, das Wegmachen oder Weg-Lassen von Gräbern oder Gedenksteinen ist ja kein Gewinn. Es ist der Verlust von Kultur, Geschichte und Tradition. Es ist auch Zeugnis des verloren gegangenen christlichen Glaubens und Vertrauens in unserem Land. Die Individualisierung der Begräbnisrituale und das Asche-Verstreuen ist - das traue ich mich zu sagen - auch Ausdruck der Isolierung und des "Ja-nicht-lästig-sein-Wollens". Wer da von "Gewinn" redet, der übersieht oder leugnet den Verlust an Gemeinschaft, an Solidarität, an Glaube und Kultur.
Das Auslöschen des eigenen Lebens und die Definition von Tod als oberflächliche Rückkehr in den Kreislauf der Natur nimmt unserer persönlichen Geschichte Kontur und Wert. DIe Einäscherung und das Ausstreuen von Toten raubt uns die Gegenwart des Sterbens und der Toten, entfremdet uns noch mehr voneinander und entwürdigt.

Auf dem Friedhof - und das ist ein wichtiger Inhalt der Feste Allerheiligen und Allerseelen - können wir zu den Menschen, die uns vorausgegangen sind und die uns wichtig waren, sprechen, denn wir glauben und bekennen, dass sie bei Gott sind, der uns alle nicht einfach fallen lässt. Wir glauben an die Gemeinschaft aller Verstorbenen, auch an die große Gemeinschaft mit den Heiligen, die im Gebet miteinander verbunden ist. Allerheiligen und Allerseelen zu feiern bedeutet, diese eine große Gemeinschaft der Lebenden und Verstorbenen neu zu spüren und sie auch zu bekennen.

Das Leben nach dem Tod ist nichts anderes als die letzte Konsequenz aus dem Glauben an den Gott des Lebens, der sich in der Bibel offenbart: an den Gott, der uns verheißen hat, dass er für uns da ist, wann immer es auch sei.

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