NS-Devotionalien: FPÖ schließt Hochstöger aus

Dr. Martin Hochstöger wurde aus der FPÖ ausgeschlossen.
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LANDECK (otko). Für einen kräftigen politischen Wirbel in Landeck und darüber hinaus sorgte gestern eine Veröffentlichung des Tiroler Bloggers Markus Wilhelm. Darin warf er dem hochrangigen FPÖ-Funktionär und ehemaligen Präsidenten der Tiroler Apothekerkammer, Dr. Martin Hochstöger, vor, im Besitz von Nazi-Devotionalien zu sein. Auf seiner Seite www.dietiwag.org untermauerte Wilhelm dies mit Bildern, auf denen einerseits eine Nazi-Erinnerungstafel aus Marmor an die Volksabstimmung am 10. April 1938 in Landeck, welche mit einem Zitat Adolf Hitlers versehen ist, zu sehen ist. Andererseits werden in einem gläsernen Schaukasten Symbole der Nazi-Herrschaft (Reichsadler und SS-Totenkopf mit Eisernem Kreuz) dargestellt. Laut Wilhelm sind die Nazi-Devotionalien im hinteren Raum von Hochstögers Apotheke in Landeck zur Schau gestellt.
Noch am Dienstag legte Martin Hochstöger sein Amt im FPÖ-Landesparteivorstand zurück. Am Abend folgte dann der Parteiausschluss des blauen Urgesteins. „Aufgrund der aktuellen Medienberichte wegen dem Fund von NS-Devotionalien bei Dr. Martin Hochstöger musste ich ihn gestern Abend als Landesparteiobmann wegen Gefahr im Verzug für unsere Freiheitliche Gesinnungsgemeinschaft mit sofortiger Wirkung aus der FPÖ ausschließen", betonte Landesparteiobmann Markus Abwerzger.
Inzwischen hat auch die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das NS-Verbotsgesetz genommen. Noch am Dienstag gab es eine "freiwillige Nachschau" in der Apotheke Hochstögers durch Beamten des Landesamtes für Verfassungsschutz. Nähere Angaben wurden aufgrund der laufenden Ermittlungen nicht gemacht. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Grüne fordern Konsequenzen

Heftige Kritik und der Ruf nach sofortigen Konsequenzen setzte es von Seiten der Grünen.  „Diesmal trifft es sogar den Landesparteivorstand!“ zeigt sich Mair nicht sonderlich überrascht und erläutert: „Wiederbetätigung und das Zurschaustellen von nationalsozialistischer Symbolik sind verboten. Das gilt auch für Ewig-Gestrige. Diese Sammlung an strafbarem Material überschreitet jede Grenze und darf nicht folgenlos bleiben", ist für den Grünen Klubobmann Gebi Mair die Sachlage klar. Das Abdriften nach rechts ganz außen habe unter Abwerzger Programm, aber hier wurde mehr als eine rote Linie überschritten. Auch eine Distanzierung von Seiten der FPÖ Tirol und der FPÖ Landeck sind dringend notwendig, da diese in der Vergangenheit mit faschistischen Inhalten in den Vordergrund gerückt sind. "Eine aufgeklärte Gesellschaft kann und darf solche Taten nicht tolerieren. Allerdings scheint die Aufarbeitung der österreichischen Geschichte in manchen braunen Köpfen noch nicht angekommen zu sein", verweist der Grüne Landecker Gemeinderat und Landtagsabgeordnete Ahmet Demir.

"NS-Eklat wirft viele Fragen auf"

Dass die FPÖ mit dem Ausschluss bis spät abends gehadert habe, offenbare welcher Wind im innersten Zirkel der Tiroler FPÖ wehe. Das belege auch das unzureichende Statement von Parteichef Abwerzger zum Ausschluss. „Abwerzgers Begründung ist schlichtweg inakzeptabel. Kein Wort der Entschuldigung und kein Wort der Distanzierung“, kritisiert der Grüne Klubobmann. Parteichef Abwerzger führte als Begründung an, dass der Parteiausschluss aus „Gefahr in Verzug“ aufgrund der medialen Berichterstattung erfolge. Eine klare Distanzierung von nationalsozialistischem Gedankengut sowie von der verbotenen Zurschaustellung von Artefakten aus dieser dunklen Zeit, blieb aus.
Für die Grünen wirft dieser Eklat innerhalb der FPÖ viele Fragen auf. „Blieb die offen zur Schau gestellte NS Ideologie ihres Parteivorstandskollegen für alle verborgen oder wurde das gar gebilligt? Und gab es nie Äußerungen, die einen Rückschluss auf seine NS-Gesinnung geben hätte müssen?“, will Mair wissen und verweist auf einen Besuch der FPÖ Landesparteispitze im Juli in der Landecker-Apotheke, wie auf Facebook ersichtlich ist. „Welche Räume wurden da alle besichtigt? Hat Hochstöger die Nazi-Gegenstände beim Besuch von Abwerzger in der Apotheke versteckt?“, fordert Mair Antworten ein.
Diese benötige es auch über den konkreten Eklat hinaus. „Parteichef Abwerzger wird nicht umhinkommen sich dem radikalen Einschlag in der Tiroler FPÖ unter seiner Führung zu stellen. Der Einzelfall wird nämlich zum Dauerfall. Was unternimmt Abwerzger um die rechtsradikalen Tendenzen und das Extremismusproblem endlich in den Griff zu bekommen?“ will Mair wissen.

"Braunen Sumpf trocken legen"

Entrüstet zeigt sich auch die Tiroler SPÖ über den bekanntgewordenen Vorfall innerhalb der Freiheitlichen Partei. "Nach der Affäre rund um den früheren Nationalratsabgeordneten Königshofer, den Vorfällen in Bezug auf die ehemalige Landtagsabgeordnete Schwaiger und der ‚Schweinekopfaffäre‘ kann man hier nicht mehr von einem Einzelfall sprechen. Hochstöger setzt die stolze Liste an rechtsextremen Tiroler FP-Funktionären konsequent fort. Der FPÖ gelingt es einfach nicht, ihren braunen Sumpf trockenzulegen“, so der SPÖ-Landesgeschäftsführer Georg Dornauer.
Der neuerliche Vorfall zeige für die SPÖ daher klar, dass rechtsextremes Gedankengut nach wie vor seinen fixen Platz innerhalb der Tiroler FPÖ hat: „Dass solch eine Partei in Tirol auch noch einen Regierungsanspruch stellen will, ist eine gefährliche Drohung für unsere Gesellschaft, der wir uns mit aller Kraft entgegenstellen müssen. In Tirol wie in Österreich darf es keinen Platz dafür geben“, so Dornauer abschließend.

NS-Devotionalien: Ermittlungen gegen Hochstöger eingestellt
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