Missbrauchsskandal in Wien
Lehrer soll Mittäter in Schule gehabt haben
Angeblich 40 Opfer gibt es in einem der größten Missbrauchsskandale der letzten Jahre in Wien. Jetzt gibt es neue Details aus einer Anzeige des Opfervertreter-Teams. Der Sportlehrer soll in den 1990er-Jahren in der Kinder- und Jugendbetreuung aktiv gewesen sein.
WIEN/LEOPOLDSTADT. Im Frühjahr kam einer der größten Missbrauchsskandale der vergangenen Jahre in Wien ins Rollen – und der Skandal könnte noch größer werden. Ein Sportlehrer, der mittlerweile verstorben ist, soll mindestens 40 Schüler im Alter von elf bis 14 Jahren sexuell missbraucht haben. Die Taten sollen bis in das Jahr 1996 reichen. Der Pädagoge soll Nacktfotos von den Kindern gemacht und Videos von den Handlungen gedreht haben – mehr dazu unten. Eine neue Anzeige bringt neue schockierende Details.
Laut Medienberichten hat ein Opfervertreter-Team eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht. In dieser ist die Rede von zwei namentlich bekannten mutmaßlichen Mittätern aus dem Umfeld des Lehrers. Weiters wurden Verbindungen des Pädagogen in die Wiener Sportvereinsszene ebenso aufgezeigt wie seine außerschulische Vortätigkeit. Bevor der Mann 1996 an der Wiener Schule pragmatisiert wurde, soll er seit 1990 in der Kinder- und Jugendbetreuung aktiv gewesen sein, unter anderem in einem Ferienort am Wolfgangsee (Salzburg).
Anzeige bereits 2013 eingelangt
Die Anzeige beinhaltet Sachverhaltsdarstellungen von Betroffenen und Zeugen von Übergriffen in mehreren Bundesländern. Der Lehrer soll eine ehemalige Schulwartwohnung im Erdgeschoss der Schule im zweiten Bezirk umfunktioniert haben. Von einem "autoritären Regime" an der Bildungseinrichtung sei die Rede, vonseiten ehemaliger Schülerinnen und Schüler.
Doch zurück zum Salzburger Ferienort: Wie der "Standard" am Dienstagnachmittag berichtet, erzählte ein ehemaliger Teilnehmer des Sommercamps am Wolfgangsee, dass es auch dort einen sexuellen Übergriff durch den Betreuer gegeben habe. Der Übergriff datiert angeblich aus dem Jahr 2006, damals war der Camp-Teilnehmer 13 Jahre alt. Sieben Jahre später, als ihm nach einer Therapiesitzung bewusst wurde, was im Camp bei einer Massage passierte, erstattete er Anzeige in Niederösterreich, da er in Baden wohnhaft war.
Die Anzeige bestätigte die niederösterreichische Polizei und sagte, dass es damals auch eine Einvernahme dazu gab. Der Akt sei in ein anderes Bundesland weitergeschickt worden sein, doch weder der Staatsanwaltschaft (StA) Wien, der StA Wels oder StA Salzburg war eine Anzeige bekannt. Was aus der Anzeige wurde, ist unklar, sie dürfte jedoch "versandet" sein.
Da sich der Tatverdächtige 2019 das Leben genommen hat, kann man aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mehr auf den Akt zugreifen, teilte die nö. Polizei mit. Am Mittwoch, 28. September, wurde bekannt, dass der Pädagoge seit 1990 für den Verein Ferienhort als Betreuer gearbeitet hat. Der Verein sagte gegenüber der "APA", dass im Zusammenhang mit dem Lehrer "bis heute kein Vorfall bekannt" sei.
Zuletzt hat die Bildungsdirektion drei Jahre nach der ersten Anzeige beschlossen, alle Ex-Schüler seit dem Jahr 2004 mit einem Brief zu informieren. Der Brief wurde vom Leiter der Untersuchungskommission, die im Vorjahr von der Bildungsdirektion eingesetzt wurde, gezeichnet. Im Schreiben werden die Schüler über das Vorliegen von im Raum stehenden Übergriffen aufmerksam gemacht.
Hilfe für Betroffene
Ehemalige Schülerinnen und Schüler, die zum Fall Fragen haben, sich austauschen wollen oder psychosoziale Beratung und Unterstützung benötigen, können sie an einer der folgenden Anlaufstellen wenden:
- Schulpsychologischer Dienst: 01 525 25 - 77550 und an schulpsychologie@bildung-wien.gv.at
- Kinder- und Jugendanwaltschaft: 01 4000 85920 und an post@jugendanwalt.wien.gv.at
- Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien: 01 4000 8011 und an service@ma11.wien.gv.at
Falls du Informationen oder Hinweise hast, kannst du dich direkt an die genannte Untersuchungskommission per E-Mail unter kommission@bildung-wien.gv.at wenden. Dies geht selbstverständlich auch anonym.
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