Selbstversuch: Plötzlich 40 Jahre älter

Eveline Pupeter von Emporia hilft mir dabei, mich in eine Seniorin zu verwandeln.
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  • Eveline Pupeter von Emporia hilft mir dabei, mich in eine Seniorin zu verwandeln.
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"Gert" heißt der Gerontologische Testanzug. Derzeit 31 Jahre alt, lässt mich "Gert" in kurzer Zeit um das Doppelte altern. Als ich die vielen Einzelteile auf dem Tisch sehe, entpuppe ich mich als Feigling. Das Altsein macht mir Angst. Dabei gibt es immer mehr Menschen, die sich ins "Abenteuer Alter" stürzen. Die Lebenserwartung der Österreicher steigt ständig. Wer heute zur Welt kommt, wird durchschnittlich 78 (Männer) und 83 Jahre (Frauen) alt. Prognosen besagen, dass 2030 in Österreich fast jeder Dritte 60 Jahre oder älter sein wird. In wenigen Minuten gehöre ich auch dazu. Ich schlüpfe in den Anzug, der dem Linzer Unternehmen Emporia gehört, einem Spezialisten für Seniorenhandys. Die wachsende Zahl an älteren Menschen schafft einen Markt für Spezialprodukte, Hilfsmittel und Assistenzsysteme. Diese sind auch dringend nötig, wie ich rasch bemerke.

Typische Einschränkungen

Nach und nach werde ich zu einer Seniorin. "Natürlich kann der Anzug das Alter nicht exakt abbilden. Man altert ja auch über einen langen Zeitraum, kann sich also daran gewöhnen. Aber dank ,Gert’ kann man die allgemeinen körperlichen Veränderungen gut nachempfinden", sagt Emporia-Chefin Eveline Pupeter. Am Ende trage ich Handschuhe, die die verringerte Sensibilität in den Fingern simulieren. Ellbogen- und Kniebandagen lassen erahnen, wie sich Gelenksversteifung anfühlt. Eine Halskrause schränkt die Beweglichkeit ein, Gewichte an Handgelenken und Knöcheln erschweren das Heben und das Gehen. Dank Spezialbrille und Ohrenschützern sehe und höre ich schlechter. Eine spezielle Weste simuliert die nachlassende Kraft.

Herausforderungen im Alltag

Das Erste, was auffällt: Man fühlt sich sehr unsicher auf den Beinen, eine Türschwelle wird schnell zur Stolperfalle. Während man als junger Mensch vieles für selbstverständlich hält, beweist einem "Gert" das Gegenteil: Schon die Vorstellung, ein Smartphone zu bedienen, erscheint mir lächerlich. Abgesehen davon, dass ich es nicht klingeln höre. Einen heruntergefallenen Schlüssel aufzuheben ist recht beschwerlich. Alles, was man tut, ist anstrengend, und es dauert. Mit steifen Gelenken und schweren Gliedmaßen ist so manche Treppe kaum zu überwinden. Glücklich kann man sich schätzen, wenn es einen Handlauf gibt. Tückisch ist es auf der Straße. Schnell ausweichen, wenn ein Auto kommt, ist unmöglich. Jeder Schritt will genau überlegt werden. Versuche ich mich zu beeilen, komme ich sofort ins Schnaufen. Pupeter freut sich über meinen Selbstversuch – und ich freue mich, dass sie laut und deutlich spricht: "Der Altersanzug ist eine tolle Sache. Uns war es wichtig, dass unsere Mitarbeiter nachvollziehen können, welche Bedürfnisse Senioren haben."

Rechtzeitig vorbeugen

Hat man die Schwierigkeiten des Alters einmal am eigenen Leib erfahren, beschließt man sofort, gesünder zu leben und mehr Sport zu treiben. Einige der mit dem Anzug simulierten Symptome entstehen etwa durch Diabetes, übermäßigen Alkoholkonsum oder Bluthochdruck. Für Prävention ist es nie zu spät. Und so bin ich froh, dass ich am Ende nicht nur 30 Kilogramm Gewicht, sondern auch etliche Lebensjahre, Krankheiten und Einschränkungen ablegen kann. Viele andere können das nicht. Und die sehe ich jetzt mit anderen Augen.

Was der Altersexperte empfiehlt

"Man kennt das von Krankheiten. Wenn man längere Zeit nur im Bett liegt, wird man deutlich schwächer, weil vermehrt Muskelmasse abgebaut wird", sagt Tim J. von Oertzen, Leiter des Zentrums für Altersmedizin am Kepler Universitätsklinikum. Wer den typischen Alterserscheinungen vorbeugen will, muss sich daher genügend bewegen. "Das Alter lässt sich nicht aufschieben, doch der Alterungsprozess kann gesund gestaltet werden", so von Oertzen. Der Experte empfiehlt, sich drei bis vier Mal pro Woche sportlich zu betätigen. Ebenfalls wichtig: sich gesund ernähren, nicht rauchen und sich auch geistig fordern, etwa durch Sudoku, Gehirnjogging etc. "Muskeln müssen aufgebaut und gestärkt werden. Dazu zählt auch das Gehirn." Um mit diesen Aktivitäten zu beginnen, ist es laut von Oertzen nie zu spät: "Neue Studien zur Alzheimer-Prävention zeigen, dass vor allem die sportliche Betätigung im mittleren Alter zwischen 40 und 50 Jahren besonders wichtig ist." Auch im fortgeschrittenen Alter könne man noch trainieren, wenn das Training an die Gegebenheiten angepasst und nur langsam gesteigert wird.

Zur Sache:
Der Alterungsprozess setzt bereits mit 35 Jahren ein. Ab diesem Zeitpunkt wird langsam Muskelmasse abgebaut. Das Alter an sich ist keine Krankheit, doch mit den Jahren lässt die Belastbarkeit des menschlichen Organismus mehr und mehr nach, der Mensch wird zunehmend anfälliger für Krankheiten, die auch chronischer Natur sein können. Zu den häufigsten Erkrankungen, die im Alter auftreten, gehören

• Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Bluthochdruck)
• Schlaganfall
• Herzerkrankungen
• Sehstörungen (Makuladegeneration, grauer Star)
• Arthrose (Gelenkverschleiß, etwa in Hüfte und Knie)
• Osteoporose
• Demenz
• Krebserkrankungen.

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