Linzer sind (noch) keine fleißigen Fußgänger

Foto: Stadt Linz
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Wer immer noch tagtäglich parkplatzsuchend seine Kreise zieht, mag ein anderes Gefühl haben, aber: "Das Auto wird in der Stadt in Zukunft an Bedeutung verlieren", sagt VCÖ-Experte Christian Gratzer. Dafür sorgen der hohe Spritpreis, aber auch die verbesserten Öffi-Angebote. Auch Verkehrstadträtin Karin Hörzing bestätigt einen leichten Rückgang bei den Pkw-Anmeldungen. Die städtische Raumaufteilung hinkt dieser Entwicklung jedoch noch etwas hinterher. "In Linz hat man oft das Gefühl, dass bei der Verkehrsgestaltung in erster Linie auf den Autoverkehr geachtet und auf die Fußgänger vergessen wurde. Breite Straßen, Umwege für Fußgänger, Absperrungen sowie lange Rotphasen und zu kurze Grünphasen bei Fußgängerampeln erschweren das zu Fuß gehen", so Gratzer.

Linz an fünfter Stelle

Tatsächlich legen die Linzer nur 22 Prozent ihrer Alltagswege zu Fuß zurück. Damit liegt Linz im Vergleich der Landeshauptstädte nur an fünfter Stelle. Österreich-Champion ist Innsbruck (29 Prozent), in Oberösterreich ist Steyr beim Gehen Spitzenreiter (25 Prozent). "In Innsbruck findet das zu Fuß gehen in der Verkehrsplanung mehr Berücksichtigung und auch die Stadtplanung ist am Prinzip der Stadt der kurzen Wege orientiert", erklärt Gratzer den hohen Wert in der Tiroler Landeshauptstadt. Hörzing verweist in diesem Zusammenhang auf die vielen Einpendler, die mit dem Auto nach Linz kommen und den hohen Anteil des öffentlichen Verkehrs. "Im Vergleich mit anderen Städten stehen wir mit einem Auto-Anteil von unter 50 Prozent sehr gut da", so Hörzing.

Weitere Maßnahmen nötig

Um den Fußgänger-Anteil künftig weiter zu erhöhen, muss jede Straßensanierung genutzt werden, um die Bedingungen zu verbessern. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Stadtplanung, die Nahversorgung und die Handelsunternehmen im Zentrum zu stärken und die Zersiedelung zu stoppen. "In Linz wurden bereits viele Schwerpunkte in diesem Bereich gesetzt, etwa durch Nachjustierungen bei Schulwegen. Besonders bei neuen Stadtentwicklungsprojekten wie der Grünen Mitte werden gezielt Maßnahmen für Fußgänger, Radfahrer und den öffentlichen Verkehr mitgeplant", sagt Hörzing. Wichtig ist etwa, dass Infrastruktur wie Spielplätze, Kindergärten, Lebensmittelgeschäfte oder Haltestellen des öffentlichen Verkehrs in fußläufiger Distanz ist. "Diese alltäglichen Ziele müssen mit ausreichend breiten Gehwegen, barrierefrei und ohne Umwege erreichbar sein. Weiters ist ein fußgängerfreundliches Umfeld zu schaffen – verkehrsberuhigt, niedriges Tempo des Autoverkehrs, mit ausreichend Sitzgelegenheiten, die vor allem für ältere Menschen wichtig sind", so Gratzer. Studien zeigen, dass die Menschen bereit sind, häufiger und auch längere Strecken zu Fuß zu gehen, wenn das Umfeld als angenehm empfunden wird. "Entlang einer stark befahrenen Straße geht man einfach nicht gerne", weiß der VCÖ-Experte.

Fußgänger gut für die Wirtschaft

Laut Verkehrsstadträtin Karin Hörzing will die Politik in Linz vor allem den Mischverkehr fördern. "In Gebieten, wo es sich anbietet, werden wir weitere Begegnungszonen planen." Eine Stadt, in der viel flaniert, geschlendert und gegangen wird, ist eine lebenswerte Stadt. Ein hoher Fußgängeranteil hat viele Vorteile, nicht nur für die Umwelt. Wer zu Fuß geht, kauft in der Nähe ein und stärkt so die ansässigen Handelsunternehmen und die Nahversorgung. Auch die sozialen Kontakte im Grätzl sind dadurch besser – man kennt einander, grüßt und plaudert miteinander. Vor allem für ältere Menschen ist dieser soziale Aspekt sehr wichtig. In einem fußgängerfreundlichen Umfeld sind auch die Kinder mehr draußen, bewegen sich öfter und können selbstständiger mobil sein. Zudem ist Gehen sehr gesund und hält fit. Nichtzuletzt wird damit neben der Umwelt auch die Geldbörse geschont. "Es gibt also viele Gründe, warum die Politik das zu Fuß gehen stärker fördern sollte", so Gratzer. Der VCÖ-Experte empfiehlt, dafür das Know-how der Bürger zu nutzen. Mithilfe eines Mängelmelders etwa könnten Fußgänger etwa Problemstellen bekanntgeben. "Das ist in Linz etwa über die Plattform ,Schau auf Linz’ möglich. Dazu gibt es regelmäßig Umfragen unter den Anrainern, etwa beim Entstehen neuer Begegnungszonen oder Bewohnerparkplätze. Wir wollen ja niemanden zwangsbeglücken", sagt Hörzing.

Daten & Fakten

Die Linzer legten laut der letzten Verkehrserhebung im Jahr 2012 insgesamt 521.122 Wege zurück, den Großteil davon per motorisiertem Individualverkehr (49,1 Prozent). 21,8 Prozent legten sie zu Fuß zurück, 21 Prozent mit den Öffis, 7,2 Prozent mit dem Rad und 0,9 Prozent mit einer Mischung aus Individual- und öffentlichem Verkehr.

Im Schnitt braucht ein Autofahrer in der Stadt sechsmal so viel Platz wie ein Fußgänger. Ein Linzer benötigt etwa 0,95 Quadratmeter Platz, wenn er sich zu Fuß durch die Stadt bewegt. Ein Autofahrer allein in seinem Pkw braucht bei 30 km/h 65 Quadratmeter, bei 50 km/h rund 140 Quadratmeter. Im Bus (zu 40 Prozent besetzt) sind es bei 50 km/h hingegen nur 8,1 Quadratmeter. Ein Radfahrer, der mit rund 30 km/h unterwegs ist, benötigt 41 Quadratmeter Platz. Daten: www.zukunft-mobilitaet.net

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