"Wir brauchen den Weltfrauentag mehr denn je"

Das Frauenvolksbegehren 2.0 und der Weltfrauentag bringen die Diskussion rund um Frauenrechte wieder in Gang. | Foto: Julia Vogt
  • Das Frauenvolksbegehren 2.0 und der Weltfrauentag bringen die Diskussion rund um Frauenrechte wieder in Gang.
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Dass es den Weltfrauentag auch heute noch braucht, darin sind sie sich einig: Frauenstadträtin Eva Schobesberger, Oona Valarie Serbest, Obfrau von Fiftitu%, der Vernetzungsstelle für Frauen in Kunst und Kultur, Sarah Kotopulos, Geschäftsführerin von SOS-Menschenrechte, sowie Tänzerin und Performerin Silke Grabinger. „Politik wird fast ausschließlich von Männern für Männer gemacht. Trotz des Aufschwungs der Wirtschaft kürzt die neue Regierung Mittel für Frauenpolitik, Bildung und Kultur“, so Serbest. Kotopulos weist darauf hin, dass "Frauenrechte einklagbare Menschenrechte sein müssen". Für Schobesberger hat dieser Tag eine „deutliche Botschaft auch für jüngere Generationen, nämlich dass Frauen ihre Rechte nicht geschenkt bekommen, sondern hart und ausdauernd dafür kämpfen müssen“.

Forderungen erfüllen

Im Zentrum steht nach wie vor die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit. Das ist auch eine Forderung beim Frauenvolksbegehren 2.0, für das noch bis 13. März Unterstützungserklärungen gesammelt werden. Es sei „sehr traurig, dass wir 21 Jahre nach dem ersten Frauenvolksbegehren ein zweites brauchen“, so Kotopulos. Auch Serbest ruft zur Unterschrift auf, denn „keine einzige Forderung des Volksbegehrens von 1997 wurde bis jetzt erfüllt“. Vor allem in einer Industriestadt wie Linz sei die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern tief verwurzelt, sagt Kotopulos. Immerhin ist es in Linz aber gelungen, „dass durch den qualitativ hochwertigen Ausbau unserer Kindergärten und Krabbelstuben, Linzer Familien Beruf und Kinder einfacher vereinbaren können“, so Stadträtin Schobesberger. Die Stadt hat auch die Kürzungen der Landesregierung bei der Nachmittagsbetreuung abgefedert.

Aktive Frauenvereine

Alle Befragten merken außerdem die vielen Angebote der Linzer Frauenorganisationen an. Dazu zählen etwa Fiftitu%, maiz oder die ARGE Sie. „Ein Angebot, das ich allen Linzerinnen empfehlen kann, ist die kostenlose Rechtsberatung zur Einkommenssicherung des Autonomen Frauenzentrums“, so Schobesberger. „Wichtige Angebote für Frauen müssen weiterhin unterstützt und gestärkt werden“, sagt auch Grabinger, die das Projekt B-Girl Circle ins Leben gerufen hat. Durch das Erlernen von Tanzstilen wie Breakdance wird dabei nicht nur das Selbstbewusstsein gestärkt, „sondern auch ein breites Spektrum an Rollenbildern eröffnet, welche das soziale, persönliche und berufliche Potenzial der Teilnehmerinnen nachhaltig erweitern“. Es ist eine „Katastrophe“, so Kotopulos, „dass die Landesregierung Frauenberatungsstellen in Linz die gesamte Landesförderung ohne Vorwarnung gestrichen hat“. Die Organisationen erfüllen in der Stadt wichtige Aufgaben: „Sie helfen Frauen auch in schwierigen Lebenssituationen und fördern damit ganz konkret eine Teilhabe am Leben in Linz“, sagt Serbest.

Eine Umfrage unter Linzerinnen finden auf meinbezirk.at/2419143, die Interviews mit Eva Schobesberger, Oona Valarie Serbest, Sarah Kotopulos und Silke Grabinger befinden sich im Anschluss.

Interview mit Frauenstadträtin Eva Schobesberger

Wie hat sich die Situation für Frauen in Linz in den vergangenen Jahren verändert?
Die Linzer Frauen sind natürlich keine homogene Gruppe und sehr unterschiedlich von den verschiedenen gesellschaftlichen Entwicklungen der letzten Jahre betroffen. Zwanzig Jahre nach dem ersten Frauenvolksbegehren gibt es aber nun ein zweites. Grund dafür ist, dass wenn man sich die harten Fakten anschaut, sich in vielen Bereichen, wo es insbesondere um Macht und Geld geht, keine oder nur geringe Fortschritte erzielt wurden. Was uns in Linz aber gelungen ist, ist dass durch den qualitativ hochwertigen Ausbau unserer Kindergärten und Krabbelstuben, Linzer Familien Beruf und Kinder einfacher vereinbaren können. Dies entlastet insbesondere auch Frauen, da die Gesellschaft nach wie vor hauptsächlich Frauen für Betreuungsarbeit verantwortlich erklärt.

Wo herrscht aus Ihrer Sicht in Linz noch Verbesserungs- bzw. Aufholbedarf?
Beim Einkommen. Wir brauchen nicht nur endlich „gleiches Geld für gleiche Arbeit“, es muss auch zu einer Neubewertung der Tätigkeiten kommen, die traditionell hauptsächlich von Frauen ausgeübt werden. Die Bezahlung z.B. in Bereichen wie der Pflege entspricht nicht dem gesellschaftlichen Wert, den diese Tätigkeit hat.

Welche Angebote für Frauen sind in Linz besonders hervorzuheben? Welches Angebot sollte man als Frau in Linz kennen und nutzen?
Die vielen Angebote der Linzer Frauenorganisationen, die hervorragende Arbeit leisten. Ein Angebot, das ich allen Linzerinnen empfehlen kann, ist die kostenlose Rechtsberatung zur Einkommenssicherung des autonomen Frauenzentrums. Mit dem Angebot, das in Kooperation von Frauenbüro und autonomen Frauenzentrum entstanden ist, möchten wir Frauen die Möglichkeit geben, sich früh genug über ihre Rechte und über die Auswirkungen von Lebensentscheidungen wie z.B. die Eheschließung zu informieren.

Sicherheit ist ein immer wieder diskutiertes Thema. Wie ist es um die Sicherheit für Frauen in der Stadt bestellt? Sollte es hier Initiativen/Änderungen geben?
Es wird richtigerweise viel über Sicherheit im öffentlichen Raum diskutiert, jedoch ist es für Frauen nach wie vor im eigenen Zuhause am gefährlichsten, denn in Österreich erlebt mindestens jede fünfte in einer Beziehung lebende Frau Gewalt von ihrem Ehemann/Lebensgefährten. Es braucht deshalb einen starken rechtlichen Schutz, Präventions- und Unterstützungsangebote. Zudem müssen wir auch viel stärker in die Täterarbeit investieren.

Welche Bereiche schätzen Sie als für Frauen in den kommenden Jahren besonders wichtig ein? Wo sollten Politik und Wirtschaft in der Stadt Initiativen setzen und in welcher Form?
Die Forderungen des Frauenvolksbegehrens zeigen auf, wo Handlungsbedarf besteht. Es muss Arbeit, Macht und Geld gerecht verteilt werden, nicht nur zwischen den Geschlechtern sondern auch gesamtgesellschaftlich. Zudem benötigen wir vor allem eine Kultur des Respekts vor der Freiheit und der Selbstbestimmung von Frauen, nur so lässt sich langfristig Gewalt verhindern und eine gerechte Gesellschaft aufbauen.

Wie stehen Sie zum Weltfrauentag? Brauchen wir den Weltfrauentag heute noch?

Ja, klar! Auch wenn wir natürlich jeden Tag für Frauenrechte kämpfen müssen, halte ich den Weltfrauentag für sehr wichtig. Denn dieser Tag hat eine deutliche Botschaft auch für jüngere Generationen, nämlich dass Frauen ihre Rechte nicht geschenkt bekommen sondern hart und ausdauernd dafür kämpfen müssen.

Interview mit Oona Valarie Serbest von Fiftitu%

Hat sich die Situation für Frauen in Linz in den vergangenen Jahren verändert und wie stellt sie sich heute dar? Wo herrscht Aufholbedarf?
Die Situation für Frauen*  (Anmerkung der Redaktion: der Stern steht für die Offenheit in Bezug auf Geschlechtsidentitäten) in Linz und ganz Österreich steht derzeit vor großen Gefahren. Eine Regierung, die die Notstandshilfe abschaffen will, in oö die kostenpflichtigen Nachmittagsbetreuung in Kindergärten einführt, als Ausgleich einen „Familienbonus“ setzt, den wieder nur besser verdienenden Menschen voll ausschöpfen können und ein Familienbild fördert, dass strukturell alle Menschen diskriminiert, die nicht in ein heteronormatives Gesellschaftsbild passen zeigt klar, dass es hier nicht mehr um Aufholbedarf geht sondern um eine Rückwärtsgewandheit in Zeiten, die wir eigentlich schon lange hätten überwinden sollen.
20 Jahre nach dem letzten Frauenvolksbegehren rufen wir dazu auf, das neue Frauen*volksbegehren 2.0 zu unterzeichnen, denn keine einzige Forderung des Frauenvolksbegehrens von 1997 wurde bis jetzt erfüllt. Auch das zeigt deutlich wo Frauen*rechte in Österreich stehen.

Welche Angebote für Frauen sind in Linz besonders hervorzuheben?
Aktuell ist besonders hervorzuheben, dass Linz ein eigenes Beitragsmodell für die Nachmittagsbetreuung in Kindergärten eingeführt wurde, dass eine echte soziale Staffelung beinhaltet.
Weiters hat Linz eine ausgezeichnete Frauenstadträtin, die die Bedürfnisse unterschiedlicher Frauen* erkennt und politisch vertritt. Auch das Frauenbüro und der Frauenpreis der Stadt Linz sind wichtige Eckpfeiler um als aktive Frau in der Stadt Linz arbeiten sein können.
Linz hat auch ein hervorragendes Netzwerk an unterschiedlichen Beratungsstellen für Frauen* z.B. Arge SIE - Begleitung und Vermittlung von Wohnungen für wohnungslose Frauen, maiz – Beratung und Unterstützung von und für Frauen* mit Migrationsbiografie sowie FIFTITU% – Beratung und Vernetzung für kunst- und kulturschaffende Frauen*.
Solche wichtigen und spezifischen Anlaufstellen helfen Frauen* auch in schwierigen Lebenssituationen und fördern damit ganz konkret eine wichtige Teilhabe am Leben in Linz.

Wie ist es um die Sicherheit für Frauen in der Stadt bestellt? Sollte es hier Initiativen/Änderungen geben?
Sicherheit für Frauen* bedeutet auch, die Sicherheit zu haben den Lebensalltag selbstständig zu bestreiten. Ein eigenes Einkommen haben um selbstständig und unabhängig leben zu können, um später einmal eine Pension beziehen zu können. Noch immer verdienen Frauen* deutlich weniger als Männer, noch immer sind Frauen* stärker von Altersarmut betroffen und übernehmen den Hauptanteil der Care-Arbeit (Sorgearbeit).

Wie steht Fiftitu% zum Weltfrauentag? Braucht es den Weltfrauentag heute noch?
2018 sitzt das Patriarchat nach wie vor fest im Sattel. Politik wird fast ausschließlich von Männern für Männer gemacht. Trotz des Aufschwungs der Wirtschaft kürzt die neue Regierung Mittel für Frauen*politik, Bildung und Kultur. Frauen*politik wird als „Frauenangelegenheit“ ins Bundeskanzleramt abgesiedelt. Die Forderungen seit der Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren sind beinahe ident wie z.B. gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit und Selbstbestimmung über den eigenen Körper. Auch deshalb braucht es den Weltfrauentag denn jetzt, 100 Jahre nach Erringung des Frauenwahlrechtes wollen wir nicht mehr über Gleichbehandlung und Selbstbestimmung diskutieren sondern wir fordern unseren Anteil an der Macht ein!
Herzlich einladen möchten wir zu einem gemeinsamen, performativen Demonstrationszug am Weltfrauentag, dem 8. März 2018 in Linz. Mehr Informationen gibt's auf www.feminismus-krawall.at

Interview mit Sarah Kotopulos von SOS-Menschenrechte

Wie hat sich die Situation für Frauen in Linz in den vergangenen Jahren verändert? Wo herrscht Aufholbedarf?
Österreich hat eine der größten Einkommensscheren zwischen Frauen und Männern, das ist besonders in einer Industriestadt wie Linz tief verwurzelt. Leider kann ich keine Anzeichen auf Veränderung erkennen. Die ungleiche Entlohnung betrifft Lehrlinge genauso wie Akademikerinnen.
Es ist sehr traurig, dass wir 21 Jahre nach dem ersten Frauenvolksbegehren ein zweites brauchen. Die Stadt Linz hat allerdings erfreulicherweise die Kürzungen der Landesregierung bei der Nachmittagsbetreuung abgefedert.

Welche Angebote für Frauen sind in Linz besonders hervorzuheben?
Es ist eine Katastrophe, dass die Landesregierung den Frauenberatungsstellen Fiftitu%, maiz und Arge SIE die gesamte Landesförderung gestrichen hat, ohne Vorwarnung. Eine weitere Maßnahme, die für das Landesbudget wenig bringt, viel Schaden anrichtet und zielsicher jene trifft, die keine finanzstarke Lobby im Hintergrund haben. Das dürfen wir nicht hinnehmen, denn die Arbeit mit obdachlosen Frauen, Künstlerinnen, Sexarbeiterinnen und Migrantinnen sollte dem Frauenreferat ein zentrales Anliegen sein.

Im Flüchtlingsbereich betreiben wir von SOS-Menschenrechte die einzige WG für unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge in OÖ, die größtenteils Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren beherbergt. Das Leben eines Mädchens fern von seiner Heimat ist unglaublich schwer. Daher bedürfen diese jungen Menschen, die besonders von Gewalt, Unterdrückung und Verfolgung betroffen sind, einer intensiven Betreuung und eines besonderen Schutzes. Viele dieser Mädchen sind Opfer von sexueller Gewalt und Menschenhandel. Hier herrscht akuter Handlungsbedarf, denn das Asylrecht gewährt diesen Mädchen bis heute keinen ausreichenden Schutz und Betreuung.

Wie ist es um die Sicherheit für Frauen in der Stadt bestellt? Sollte es hier Initiativen/Änderungen geben?
Jede fünfte Frau über 15 Jahren ist in Österreich von körperlicher Gewalt betroffen und sogar fast drei Viertel von sexueller Belästigung. Um diese untragbaren Zustände zu beenden, braucht es rasch eine Offensive für Gewaltprävention und -schutz. In Oberösterreich gibt es gefährliche Lücken. Die aktuelle Form des oberösterreichischen Grundversorgungsgesetzes ist blind gegenüber geschlechtsspezifischen Lebenssituationen. Das gibt beim Gewaltschutz für Asylwerberinnen Anlass zur Sorge. Für Asylwerberinnen gibt es in OÖ nicht genügend Schutzräume. Die Hälfte aller Menschen auf der Flucht sind Frauen.

In allen anderen Bundesländern (mit Ausnahme Wiens) werden Schwangere, Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, Opfer von Menschenhandel, Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt ausgesetzt waren, als Gruppe „besonders schutzbedürftige Personen“ speziell betreut und berücksichtigt. Frauen und ihre Situation finden in Oberösterreich keine besondere Erwähnung. Sie und ihre Kinder sind bei der Erstaufnahme in den Großquartieren sexuellen Übergriffen schutzlos ausgeliefert. Auch in der Grundversorgung selbst gibt es österreichweit nur wenige Quartiere, die ausschließlich für Frauen zugänglich sind. Auch im Hinblick auf besonders hilfsbedürftige Menschen wie beispielsweise ältere Menschen oder Personen mit besonderen Bedürfnissen finden sich im OÖ GVS-Gesetz keine Sonderbestimmungen.

Außerdem hat am 14. November 2013 Österreich die Istanbul-Konvention des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt ratifiziert. Das ist ein Meilenstein! Somit ist auch OÖ verpflichtet, die Maßnahmen umzusetzen, also die Einrichtung wie Frauenhelplines, Frauenhäuser, Beratungsstellen und besondere medizinische Dienste sowie Bildungsangebote zur Sensibilisierung gegen Gewalt an Frauen und Kindern. Kinderschutz und Gewaltschutz für Frauen (Asylwerberinnen!) müssen in OÖ umgehend realisiert werden.

In Oberösterreich gibt es derzeit fünf Frauenhäuser. Für Asylwerberinnen ist hier aufgrund gesetzlicher Regelungen derzeit kein Platz. Sie werden im Rahmen der Grundversorgung (GVS) meist gemeinsam mit ihren Familien in gemischt-geschlechtlichen Unterkünften betreut. Einschränkungen und Diskriminierung sind Alltag, Gewalt und sexuelle Übergriffe häufig. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf.

Wie stehen Sie zum Weltfrauentag? Brauchen wir den Weltfrauentag heute noch?
Wir Frauen stellen die Bevölkerungsmehrheit. Trotzdem schließen sich Männerbünde zusammen, um uns den gerechten Anteil an Wohlstand, Macht und politischen Einfluss weiter zu verwehren.
Leider brauchen wir den Weltfrauentag mehr denn je. Denn Frauenrechte müssen einklagbare Menschenrechte sein. Gerade einmal sieben Prozent aller Gemeindechefs sind Frauen. Solange es „mehr Bürgermeister gibt, die Josef heißen, als Bürgermeisterinnen“ (Gerhard Eichholzer, 12.7.2016), so lange die Hälfte der Alleinerziehenden armutsgefährdet ist, solange in der Werbung und den Medien weiterhin Rollenklischees verstärkt werden (wo ist die kluge, starke Superheldin?), die Lohnschere auseinanderklafft und das Bewusstsein für Frauen- und Menschenrechtsverletzungen wie Genitalverstümmelungen und Ehrenmorde, Zwangsheirat und -prostitution sowie Frauenhandel nicht geschärft ist, muss es weiterhin einen Weltfrauentag geben.

Interview mit Tänzerin und Performerin Silke Grabinger

Ihre Arbeiten beschäftigen sich immer wieder mit gesellschaftspolitisch aktuellen Themen. Inwieweit sind Frauen dabei ein Thema?
Als ich 2009 nach Linz zurückgekommen bin, habe ich das KünstlerInnen-Kollektiv SILK Fluegge gegründet habe, das nun im Bau 3 der Tabakfabrik Linz seinen Arbeitsplatz und seine Entwicklungsstelle gefunden hat. Das Kollektiv umfasst eine Anzahl von 30 Künstlern. Das Führungsteam ist rein weiblich. Die Arbeit des Kollektivs setzt sich stark mit Medialität und Raum auseinander. Visuelle Kunst, Raumdesign, Theater, Tanz, Performance und Sounddesign agieren in einer transdisziplinären Arbeitsweise, um Erfahrungsräume, Erfahrungszeiten und Erfahrungsweisen zu schaffen. Die Arbeiten sind partizipativ, interaktiv, site specific, und sie interpretieren den Theaterraum neu. Körpersprachliche und bedeutungsschaffende Experimente im Theaterraum versuchen die Grenzen konventioneller Arbeitsweisen zu erweitern. Zunächst fand der Dialog in erster Linie mit urbanen Tanzformen und bildender Kunst statt. Mittlerweile gibt es Arbeiten, die sich mit Medien, Medialität und Virtualität auseinandersetzen. Die unterschiedlichen Formate erlauben informelle und formelle Annäherungen, die sich über mehrere Jahre verdichteten. Im Fokus stehen oft die Biografien von Frauen. Die Lebensnarrative sind einzigartig, erheben nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit, spannen aber einen Raum für Identifikation auf.

Wo herrscht in Linz für Frauen noch Verbesserungs- bzw. Aufholbedarf?
Im Bereich der Förderung von jungen Frauen und Projekten, die Mädchen fördern. Nötig ist auch eine Vernetzung der Frauen im Kunst- und Wirtschaftsbereich. Die künstlerische und diskursive Auseinandersetzung erlaubt ein Stärken der Selbst- und Fremdreflexion, in Bezug auf Identität, gesellschaftspolitische Themen und vor allem auf sedimentierte Gewohnheiten, die Machtstrukturen und soziale Strukturen widerspiegeln.

Welche Angebote für Frauen sind in Linz besonders hervorzuheben? Welches Angebot sollte man als Frau in Linz kennen und nutzen?
In Linz gibt es wichtige Angebote für Frauen, die auch weiterhin unterstützt und gestärkt gehören. Bei uns, also SILK Fluegge, gibt es das Projekt B-Girl Circle: Wir haben mittlerweile über 40 B-girls zwischen sieben und 37 Jahren. B-Girls sind Break Girls, weibliche Breakdancerinnen. Der B-Girl Circle eröffnet weiblichen Jugendlichen mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund die Möglichkeit, über das Erlernen von Tanzstilen wie Breakdance, Poppin, House, New Style, uvm. eine individuelle Ausdrucksmöglichkeit zu finden. „B-Girl Circle“ unterstützt und fördert Jugendliche in ihrer selbstbewussten Entwicklung. Über diese Stärkung des Selbstbewusstseins und die Eröffnung von Möglichkeiten der Auseinandersetzung wird den heranwachsenden jungen Frauen ein breites Spektrum an Rollenbildern und Selbstbildern eröffnet, welche das soziale, persönliche und berufliche Potenzial der Teilnehmerinnen nachhaltig erweitern.

Wie ist es um die Sicherheit für Frauen in der Stadt bestellt? Sollte es hier Initiativen/Änderungen geben?
Ich finde jede Frau sollte das Wissen erlernen, wie sie sich selbst verteidigen kann. Mir persönlich ist es wichtig, auch das Bewusstsein zu fördern, wie man von körperlicher Seite, durch Präsenz, zuwendender oder abwendender Körperhaltung, eine Situation de-eskalieren kann.

Welche Bereiche schätzen Sie als für Frauen in den kommenden Jahren besonders wichtig ein? Wo sollten Politik und Wirtschaft in der Stadt Initiativen setzen und in welcher Form?
Im Bereich Kunstförderung. Generell auch gleiche Löhne für gleiche Arbeit. Mehr Frauen in Führungspositionen. Und im Bereich der Förderung von Projekten mit, von und für Frauen.

Wie stehen Sie zum Weltfrauentag? Brauchen wir den Weltfrauentag heute noch?
Auf jeden Fall! Es ist 2018 und es gibt noch viel zu tun.

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