Landespolizeidirektor Pilsl fordert: 300 zusätzliche Beamte und bessere Überwachung ermöglichen

Landespolizeidirektor Andreas Pilsl:Mehr Personal oder weniger Schulverkehrserziehung und Verbrechensvorbeugung.
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BezirksRundschau: Wie lange kann die Polizei ihren derzeitigen Flüchtlingseinsatz fortführen?
Andreas Pilsl: Wir als Polizei halten das insgesamt natürlich noch lange aus. Allerdings muss man sich fragen: Was können wir dann nicht machen. Die vier- bis fünfhundert Leute von 3400 Mitarbeitern insgesamt in Oberösterreich, die sich ständig um dieses Thema kümmern, gehen an anderen Ecken und Enden ab. Die ganze Aufgabe der Zubringung der Flüchtlinge, das Grenzmanagement, da greifen wir auf die Bezirke zurück und greifen auf die Einsatzeinheit zurück, die täglich vor Ort ist. Diese Einsatzeinheit wird gespeist mit Leuten aus allen Bezirken, die eine spezielle Ausbildung haben. Sie sind jetzt an der Grenze konzentriert und fehlen dann natürlich in den Bezirken.

Schulverkehrserziehung und Verbrechensvorbeugung ohne zusätzliches Personal nicht mehr machbar

Was bedeutet das konkret?
Das heißt eine Mehrbelastung für die Beamten in den Bezirken und eine Leistungseinschränkung dort und da – und das wird schlagend werden. Ich denke etwa an Einschränkungen bei der Verbrechensvorbeugung, bei der Schulverkehrserziehung, man wird manche Dinge so nicht mehr machen können, wenn man nicht Personal hinzufügt.

Wie viele zusätzliche Beamte bräuchte Oberösterreich?
Etwa 300 Kolleginnen und Kollegen – das ist schwierig, weil wir eine zweijährige Ausbildung haben. Das heißt: Wir müssen rasch reagieren, es hilft nichts, wenn man das 2018 oder so macht. Wir haben überhaupt das Problem, dass sehr geburtenstarke Jahrgänge ab 2018 aus dem Polizeidienst ausscheiden. Wir haben dann bis zu 200, die im Jahr in Pension gehen – das heißt: Ich müsste zeitgleich bis zu 400 im Jahr ausbilden, damit ich mindestens den Personalstand halte. Und das ist logistisch ein Wahnsinn, so viele auf einmal auszubilden, denn ich brauche ja auch die Lehrer dafür. Es wird schwierig sein, dann so viel gutes Personal zu finden – bisher haben wir noch kein Problem. Deshalb dränge ich sehr darauf, dass wir unmittelbar jetzt noch Leute aufnehmen, damit wir nicht in dieses Loch der Pensionierungswelle reinkommen. Und wir müssen jetzt aufnehmen. Denn die Auswirkungen dessen, was jetzt passiert, werden erst in einem, zwei Jahren spürbar – dann wenn sich entscheidet: Gibt es Integrationsmaßnahmen, die fruchten oder nicht? Haben die Leute eine Perspektive oder nicht.

Polizei erwartet Probleme speziell mit afghanischen Asylwerbern

Die Polizei rechnet also damit, dass es mit manchen der Asylwerber auch Probleme geben wird.
Ja natürlich, man muss die Probleme ansprechen. Da geht es weniger um Syrer. Aber wir haben ethnische Gruppen, die schwierig zu integrieren sind. 80 Prozent Analphabeten beispielsweise bei den Afghanen, ewig im Krieg. Es ist eine ganz entscheidende Aufgabe, diese Leute rechtzeitig abzuholen und zu versuchen, sie bestmöglich zu schulen und an unsere Gegebenheiten zu schulen. Wir haben auch gerade mit den Tschetschenen relativ viele Probleme – das darf man jetzt nicht übersehen, dass mit den Afghanen möglicherweise das Gleiche passiert. Wichtig ist, sie heranzunehmen und zu integrieren. Jede Maßnahme auch von freiwilligen Organisationen und NGOs, die gesetzt wird, um die Menschen an unsere Kultur heranzuführen, hilft dann letztendlich der Gesamtgesellschaft aber auch der Polizei.

Fünf Millionen fehlen bereits im Polizeibudget

Das zusätzliche Personal ist also nicht nur kurzfristig notwendig sondern auch auf längere Sicht gesehen:
Ja, aber das zusätzliche Personal, das wir brauchen, heißt natürlich auch zusätzliches Budget. Mir fehlen heuer schon fünf Millionen Euro durch Überstunden. Aber ich denke darüber derzeit gar nicht lange nach. Wir haben das jetzt zu tun, ich kann nicht sagen: Wir hören das Arbeiten auf. Aber das Geld fehlt und irgendwer wird mal schreien „Untreue“, weil ich Geld in dem Wissen auszahle, dass es sich zu Jahresende nicht budgetär ausgeht. Da muss sich das Finanzministerium bewegen, aber das ist sehr zäh.

Hasspostings und Drohungen in sozialen Medien nehmen stark zu

Die Herausforderungen durch den Flüchtlingsstrom verunsichern viele Menschen und radikalisieren auch einige davon. Besteht die Gefahr, dass es wie in Deutschland etwa zu Brandanschlägen auf Flüchtlingsheime kommt?
Wir haben die Szene unter Beobachtung und sehen schon einen massiven Anstieg an Hasspostings und Drohungen, die sich bisher noch nicht entladen haben. Aber das Potenzial dafür ist durchaus da. Die Hasspostings im Internet zeigen wir auch an, in 80 Fällen haben wir die Staatsanwaltschaft kontaktiert, wesentlich mehr als früher. Aber auch da ist es nötig, die Rahmenbedingungen so gut als möglich zu gestalten – für die Österreicher, damit dieser Missmut wie in Deutschland bei uns im Zaum gehalten werden kann. Zur Zeit beobachten wir mit Sorge, was sich abspielt in den Sozialen Medien. Wir haben auch einige Erhebungen, um Dinge im Vorhinein zu verhindern. Aber vor einem warne ich: Den Teufel an die Wand zu malen, auch was die Asylwerber betrifft, die zu uns kommen. Denn das sind zu 98 Prozent ordentliche Menschen. Nur brave gibt es in Österreich auch nicht.

Österreich fehlt es im Europavergleich an Basics, um etwa mögliche Dschihad-Rückkehrer beobachten zu können

Es geistert immer wieder durch soziale Medien, dass sich Extremisten mit den Flüchtlingszügen bei uns einschleichen würden – ist da etwas dran?
Wir haben sehr wenige Erkenntnisse dazu, dass das so sein soll. Es wäre auch nicht ganz logisch, weil die jeden zum Kämpfen in den Krisengebieten brauchen. Das beobachten wir intensiv, aber das ist ein Betätigungsfeld für das wir mehr Rechte brauchen, dringend eine Umsetzung des Staatsschutzgesetzes, das eigentlich so gut wie fertig ist und nur mehr auf das Absegnen im Parlament wartet. Aber da spießt es sich ein bisschen. Und man muss in diesem Zusammenhang ganz offen über mehr Rechte für die Polizei reden, um die Freiheit für alle gewährleisten zu können. Es wird immer falsch dargestellt, dass wir dann irgendwo reinschnüffeln. Ich glaube, dass es sich die Menschen erwarten, dass wir kontrollieren. Wenn sie uns aber keine Mittel und Möglichkeiten in die Hand geben, dann wird es schwer. Wir können beispielsweise Heimkehrer aus dem Dschihad, denen wir nicht hundertprozentig nachweisen können, dass sie dort gekämpft haben, von denen wir aber wissen dass sie sich möglicherweise radikalisiert haben, nicht in Beobachtung halten. Dafür fehlen die rechtlichen Rahmenbedingungen. Deren Beobachtung ist zeitlich beschränkt und dann versickern sie. Ich weiß, dass man nicht die komplette Sicherheit bieten kann. Aber bei uns fehlt es teilweise an den Basics, da sind wir verglichen mit dem Rest von Europa sehr weit weg. Das hätten wir im neuen Gesetz formuliert und das sollte jetzt kommen, sehr rasch – auch beispielsweise die Vorratsdatenspeicherung in ganz speziellen Fällen. Da geht es nicht darum, alle Österreicher auszuspionieren. Das wird ganz punktuell eingesetzt. Aber wir brauchen den Zugriff auf Zusammenhänge, um Netzwerke aufzudecken. Die ständige Angst vor dem Missbrauch durch die Polizei ist für mich ein bisschen bedenklich, weil die Bevölkerung vertraut der Polizei ja. Es gibt keine Organisation, die höhere Vertrauenswert hat. Und wir tun auch alles, um diese Vertrauenswerte hochzuhalten. Dann soll man uns doch bitte – unter strenger Kontrolle etwa durch einen Rechtsschutzbeauftragten – die Möglichkeiten geben, den Menschen das zu liefern, was sie wollen. Zumindest ein gutes Maß an Sicherheit, auch wenn wir nie alles unter Kontrolle haben werden.

Es gab zuletzt heftige Diskussion um die von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vorgeschlagenen „baulichen Maßnahmen“ – helfen Zäune wirklich in der momentanen Situation?
Es geht darum, an den Grenzen die Registrierung besser vornehmen zu können. In einem unmittelbaren Umfeld des Grenzübergangs macht das Sinn um kanalisieren zu können und nicht improvisieren zu müssen. Nicht mehr und nicht weniger. Denn wenn irgendwann einmal quer durch Europa ein Zaun gezogen wird, dann wird man über den Zaun klettern. Da muss man weiter weg ansetzen – beim Eintritt nach Europa.

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