Den Holocaust nicht vergessen
Erinnerungswanderer könnte man sie nennen, die neun Theaterkünstler, die aktuell von Borgo San Dalmazzo in Italien zu Fuß nach Auschwitz unterwegs sind, um an 26, im Jahr 1944 deportierte, Juden zu erinnern. In Bischofshofen nahm sie SP-Vizebürgermeister Hansjörg Obinger in Empfang.
Am Bahnhof in Bischofshofen haben sie Mitte vergangener Woche Halt gemacht: Neun Wanderer einer Theatergruppe aus Italien, die am 15. Februar 2011 auszogen, um den Weg von 26 „Todgeweihten“ nachzugehen. Am 15. Februar 1944 wurden 26 Juden zu Fuß von der Provinz Cuneo in der italienischen Region Piemont nach Auschwitz deportiert. Um diese Deportierten nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und die Menschen auf dem Weg an die Shoah, die Massenvernichtung des jüdischen Volkes in Europa unter dem Dritten Reich, zu erinnern, hat Gimmi Basilotta das Projekt „passo dopo passo – Schritt für Schritt“ ins Leben gerufen. Ihn begleiten seine Theaterkollegen, zwei mit Bussen, die Verpflegung und Kleidung mittransportieren, eine Fotografin, ein Kameramann und ein Pressebeauftragter. Die Theaterkünstler wollen eine Linie zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ziehen und erinnern. Die Etappen der Deportation zu durchlaufen, stehen zu bleiben, Menschen zu treffen, mit diesen über die Shoah zu sprechen und sich damit der Geschichte wieder zu nähern, ist ihr Ziel. Jede Etappe widmen sie dabei einem Deportierten und seinen Verwandten.
Ein Buch und eine Birke
Die Wanderer führen zwei Dinge mit sich: Ein Buch, das an den Aufenthaltsorten zurückgelassen und im Austausch dafür um ein neues gebeten wird. Zweitens eine Birke, die am Ziel in Auschwitz gepflanzt werden soll. Ein Samen derselben wird an Haltepunkten übergeben, um ihn dort keimen und wachsen zu lassen. In Bischofshofen begrüßte SPÖ-Vizebürgermeister Hansjörg Obinger die Wanderer und lud sie ein, im Feuerwehrhaus die Nacht zu verbringen, dort zu essen und sich auszutauschen. „Die Idee hinter der Wanderung finde ich bezeichnend. Dieser wichtige Teil der Geschichte darf nicht in Vergessenheit geraten, auch wenn bzw. gerade weil nicht mehr viele Zeitzeugen unter uns weilen“, erklärt Bischofshofens Vize die Einladung der Wanderer nach Bischofshofen, „die Reise ist ein Signal und das möchte ich unterstützen.“
Über die Erinnerung sprechen und sie leben
„Projektvater“ Gimmi Basilotta steht auch nach dem, bereits 45 Tage andauernden, Fußmarsch hinter dem Projekt: „Oft gehen wir alleine, aber es haben uns auch schon bis zu 20 Menschen begleitet“, erklärt er auf Englisch, die Sprache, die eine Brücke zwischen den Italienern, den Österreichern, Tschechen und Polen bildet, die sie auf der Reise durch ihr Land treffen werden, „wir gehen langsam, es ist wie eine laizistische Wallfahrt. Manche Tage sind leichter, aber mittlerweile sind wir schon sehr müde.“ Noch 17 weitere Etappen gilt es in Österreich zurückzulegen, neun folgen in Tschechien und drei in Polen, ehe die „Erinnerungswanderer“ voraussichtlich am 1. Mai ihr Ziel Auschwitz erreichen.
Das Reisetagebuch lesen Sie auf www.viaggioadauschwitz.eu
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