Pilgern
Vom Unterwegssein ohne Notwendigkeit

- Dechant Markus Danner: "Das Pilgern ist wahrscheinlich die älteste Form des Tourismus; und das eigentliche Pilgern geht zu Fuß, also abgasfrei."
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Dechant Markus Danner aus Tamsweg im Interview zum Thema Pilgern, das wir hier in Zusammenhang unseres Schwerpunktes "Unsere Erde" als klima- und umweltschonende Art des Tourismus präsentieren.
LUNGAU. Was meinen Sie, kann Pilgern als eine besonders klima- und umweltschonende Form des Tourismus bezeichnet werden? Falls ja, warum?
MARKUS DANNER: "Das Pilgern ist wahrscheinlich sogar die älteste Form des Tourismus: Auszeit vom Alltag, Unterwegssein ohne 'Notwendigkeit', ohne Zwang und ohne materielle Gewinnversprechen – das wird wohl Tourismus ausmachen, und das Aufsuchen besonders 'heiliger' Orte gibt es seit jeher, wahrscheinlich in allen Kulturen.
Klima- und umweltschonend, natürlich: Das eigentliche Pilgern geht zu Fuß, also abgasfrei. Und – das ist wahrscheinlich nicht im Sinn der Touristiker – nach meiner Erfahrung konsumieren Pilger nicht viel, sie leben bedürfnisarm, und das halte ich für einen wichtigen Teil einer nachhaltigen Lebensweise überhaupt."

- Der Leonhardsweg führt von Salzburg oder von Gurk nach Tamsweg zur Kirche St. Leonhard.
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Welche positive Wirkung hat Pilgern auf eine Pilgerin/einen Pilger? Also konkret: warum geht man auf Pilgerschaft?
DANNER: "Motive fürs Pilgern gibt es vielleicht so viele, wie es Pilger gibt. Das fängt damit an, dass es schon viele andere getan haben – also ein 'Modetrend' ist. Man pilgert, weil es anders ist als alle anderen Formen von Auszeiten, weil viele Leute Sehnsucht haben, sich körperlich zu spüren. Manche gehen pilgern, weil sie in einer Umorientierungsphase stecken, weil sie sich von schweren Gedanken befreien möchten, innerlich zur Ruhe kommen möchten. Und so weiter. In all diesen Situationen und Motivationen kann Pilgern gut tun. Aber ohne Erfolgsgarantie. Es hängt halt auch davon ab, in welcher körperlichen oder seelischen Verfassung ich bin, mit wem ich unterwegs bin oder wen ich treffe. Es wird enttäuschte Erwartungen geben und unerwartete positive Wirkungen. Aber ich bin sicher, dass das ausdauernde Unterwegssein grundsätzlich gut tut."
Pilgern reinigt Geist und Seele; und wessen Geist und Seele gereinigt ist, der schaut auch eher auf das Wohl seines Umfeldes – auf Mitmenschen, Flora und Fauna. Was sagen Sie dazu, pflichten Sie dem bei?
DANNER: "Das ist ganz nahe bei der Antwort zur zweiten Frage. Kann sein, kann nicht sein. Nach der gründlichsten Wäsche kann man schnell wieder schmutzig werden, wenn man nicht aufpasst oder Unerwartetes passiert. Und die geistig-seelische Reinigung kann vielleicht auch nur von kurzer Wirkungsdauer sein. Und bei manchen werden vielleicht die Augen und Herzen aufgehen."

- Die Basilika von Mariapfarr hat eine alte Wallfahrtstradition.
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Wie viele offizielle Pilgerstätten gibt es in der Erzdiözese Salzburg?
DANNER: "Sehr viele, wobei es kein 'offiziell' gibt. Pilgern beschränkt sich allerdings nicht auf christliche Kirchen beziehungsweise katholische Wallfahrtskirchen. Überhaupt wird Pilgern eher vom Unterwegssein her definiert als vom Ziel.
Wichtige Pilgerstätten im Lungau?
DANNER: "Die Pfarrkirche von Mariapfarr hat eine alte Wallfahrtstradition, St. Leonhard bei Tamsweg sowieso, St. Augustin in St. Margarethen ist etwas ins Hintertreffen geraten, Maria Hollenstein bei Ramingstein wird von vielen gerne besucht. Als christliches Pilgerziel – auch im Sinn des längeren Unterwegsseins – ist vor allem St. Leonhard wichtig, als Gebetsstätte auch Maria Hollenstein. Ansonsten ist es auch schwierig, eine Abgrenzung von Wallfahrt, Pilgern und Bustourismus zu treffen.
Welche sind die drei berühmtesten Pilgerwege österreichweit?
DANNER: "Das traue ich mich nicht sagen und wird auch von Jahr zu Jahr wechseln, weil neue Pilgerwege eröffnet werden und ältere wieder unbekannter werden. Traditionsreich sind die Wege nach Mariazell aus allen Himmelsrichtungen. Es gibt die österreichischen Abschnitte des Jakobswegs. Und natürlich ist der Leonhardsweg von Salzburg oder von Gurk nach Tamsweg nicht zu vergessen."

- Als christliches Pilgerziel – auch im Sinn des längeren Unterwegsseins – ist vor allem St. Leonhard bei Tamsweg wichtig."
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Waren Sie schon einmal selbst auf Pilgerschaft? Was sind Ihre Erfahrungen mit dem Thema?
DANNER: "Bei der Suche nach einem gut gangbaren Leonhardsweg bin ich viele Abschnitte zwischen Salzburg beziehungsweise Gurk und Tamsweg mehrfach gegangen – das waren eher Wanderungen oder Erkundungstouren. Dann habe ich in dreimal eine Gruppe nach St. Leonhard geführt. Ich gehe gerne und genieße die entspannende Wirkung. Bei den Gruppen führen sowohl die unterschiedlichen Gruppendynamiken als auch einzelne Persönlichkeiten zu spannenden Erfahrungen."
Wenn Sie gerne noch ein persönliches Statement anbringen wollen, dann räume ich Ihnen an dieser Stelle gerne Platz dafür ein!?
DANNER: "Der Pilgerboom der letzten Jahre beziehungsweise schon Jahrzehnte verleitet natürlich zum Versuch der kommerziellen Nutzung. Je wichtiger dieser Aspekt wird, desto schneller wird es mit dem Boom wohl wieder vorbei sein."
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