Bezirk Neunkirchen
90 Prozent der Täter sind Männer
BEZIRK NEUNKIRCHEN. Hat COVID-19 für mehr Gewalt in Beziehungen gesorgt? Jedenfalls registrierte die Polizei einen markanten Anstieg.
Wenn in einer Beziehung jemand auf einen Mitbewohner losgeht, spricht man im Polizei-Jargon von "Gewalt in der Privatsphäre". Die Vorfälle in dieser Privatsphäre haben sich in den vergangenen fünf Monaten drastisch gehäuft.
64x schritt die Polizei ein
"Bis 31. Mai wurden von uns deshalb 64 Betretungs- bzw. Annäherungsverbote ausgesprochen", erzählt Bezirkspolizei-Kommandant Oberstleutnant Johann Neumüller im Bezirksblätter-Gespräch.
Zum Vergleich: im selben Zeitraum des Vorjahres wurden "nur" 40 gewalttätige Handlungen in den eigenen vier Wänden bei der Polizei angezeigt.
Warum die Häufung? Neumüller: "Eine Erklärung kann schon sein, dass es mit der COVID-19-Zeit zu tun hat. Die Leute waren in engeren Bereichen zusammen als sie es sonst gewohnt waren." Dokumentiert sei dieser Zusammenhang jedoch nicht. In manchen Monaten haben sich die Gewalt-Vorfälle verdoppelt. So wurden im April etwa gegen 15 Gefährder Betretungsverbote verhängt. "Im selben Monat des Vorjahres waren es sieben", so Neumüller, der hinzu fügt: "Ich bin nicht glücklich darüber. Das ist ein aber ein Zeichen, dass Gewalt im Privatbereich ein Thema ist. Wir schauen uns solche Fälle sehr genau."
Sohn ging auf Eltern los
In 90 Prozent der Fälle geht die Gefahr von einem männlichen Aggressor aus. "In etwa zehn Prozent gibt es andere Konstellationen", so der Polizei-Offizier und macht einen Vorfall vom Juni bekannt: "Hier ging ein Sohn auf seine Eltern los. Der Vater hielt ihn im Garten nieder. Der Sohn kam in die Psychiatrie und parallel läuft ein Betretungsverbot. Es kommt also auch vor, dass Kinder auf die Eltern losgehen."
Mann flüchtet vor Frau
In einem anderen Fall neulich Donnerstag in Neunkirchen musste ein Mann vor seiner Lebensgefährtin aus der Wohnung flüchten. "Seine Brille war beschädigt, sie stritt alles ab. Da gab's ein Betretungsverbot für die Frau", weiß Neumüller.
Bei der Gewalt in der Privatsphäre gibt es auch keine Altersgrenze – weder nach unten, noch nach oben. So attackierte ein 75-Jähriger aus dem Bezirk seine Frau. Neumüller: "Er schlug sie; sie brach sich etwas und die Anzeige kam über den Arzt. Das sind Voraussetzungen für ein Betretungsverbot."
Zur Sache
Ein Betretungsverbot gilt für Wochen und wird von Behörde überprüft. Mit der gefährdeten Person wird regelmäßig vom Gewaltschutzzentrum Kontakt aufgenommen. Das Betretungsverbot kann – falls notwendig – weitere Wochen verlängern werden.
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