Debatte
Flüchtlingssituation an der ungarisch-österreichischen Grenze
Nach Nickelsdorf in das „Haus Pfefferkorn“ hatten die Bürgermeister LAbg. Gerhard Bachmann (Deutsch Jahrndorf) und Gerhard Zapfl (Nickelsdorf) heute eingeladen, um auf die Flüchtlingssituation an der ungarisch-österreichischen Grenze aufmerksam zu machen.
NICKELSDORF/DEUTSCH JAHRNDORF. Zapfl berichtet, dass die Aufgriffszahlen mit 150 bis 350 Flüchtlingen pro Tag stark variieren und zu Spitzenzeiten bereits zwischen 400-500 pro Tag liegen würden.
Viele werden "nur erfasst"
Dahingehend fordert er, dass der Grenzschutz des Bundesheeres aufrecht zu erhalten und Planstellen der Polizei auszubauen seien:
„Das größte Problem für die Exekutive ist die Planbarkeit. Es können an der Grenze in Nickelsdorf derzeit nur 100 Flüchtlinge pro Tag befragt und erkennungsdienstlich behandelt werden. Bei größeren Anstürmen werden die Ankommenden daher gar nicht mehr befragt, sondern nur erfasst."
Dabei handele es sich nicht um Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, sondern um Algerier, Tunesier, Marokkaner, Pakistani und Inder. Die meisten hätten keinerlei Chance in der EU einen Aufenthaltstitel zu bekommen.
Fehlende Zusammenarbeit mit Ungarn

- Zapfl und Bachmann fordern einen gesamteuropäischen Weg in der Flüchtlingsfrage.
- Foto: Friedrich Radlspäck
- hochgeladen von Kathrin Santha
Wenn man davon spricht, dass die Zusammenarbeit mit Ungarn gut wäre, dann frage sich Zapfl, wie das alles möglich sein kann. Österreich erfasst alle Personen, während Ungarn offenbar wenig mache. Das bedeute aber, dass, wenn zum Beispiel einer dieser Flüchtlinge in Dänemark ohne Asylberechtigung ausgewiesen wird, dieser nach Österreich zurückgeschickt werde – und nicht nach Ungarn oder in ein anderes Land.
Spannungen in der Bevölkerung steigen
Zapfl teilte außerdem mit, dass heute um 08:00 Uhr wieder ca. 30 Flüchtlinge im Ortsgebiet von Nickelsdorf angehalten wurden:
„Der Aufwand für die Polizei ist enorm: Aufgrund der steigenden Corona-Zahlen werden zuerst alle mit Masken ausgestattet. Dann erfolgen Corona-Tests aller Personen, ehe sie zur Aufnahmestelle für das weitere Prozedere zurückgebracht werden.“
Bachmann, Abgeordneter zum Burgenländischen Landtag und Bürgermeister der Grenzgemeinde Deutsch Jahrndorf, sagte dazu:
„Es fehlen 150 Planstellen für die Polizei im Burgenland. Das größte Problem dabei ist, dass das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung wegen der Polizeidienststellenschließungen und -zusammenlegungen, die wir als SPÖ immer verurteilt haben, leidet."
In der Praxis können Polizeibeamte ihre Grundaufgaben in der Region nicht mehr ausreichend erfüllen, weil die fremdenpolizeiliche Arbeit in den Hauptdienst strahle. Die Polizei sei zu wenig in den Gemeinden vor Ort.
"Die Bevölkerung versteht nicht mehr, dass wir es - als EU-Binnenland - nun mit Flüchtlingen aus Urlaubsländern, wie Tunesien oder Marokko, zu tun haben, zumal wir über keine EU-Außengrenze verfügen. Das sorgt für Unmut, Unverständnis, erzeugt Spannungen in der Bevölkerung und ist ein Nährboden für Fremdenfeindlichkeit.“
Gesamteuropäischer Weg gefragt
Bachmann meinte weiters, dass es unverständlich sei, dass Tirol kleine Grenzübergänge geschlossen habe, dass eine Teilschließung der kleinen Grenze in Deutsch Jahrndorf laut Ministerium jedoch gegen EU-Recht verstoßen solle:
„Dadurch werden Schlepper ermutigt die Hauptrouten und stark überwachten Bereiche zu umgehen.“
Die beiden SPÖ-Bürgermeister erklärten unisono:
„Wenn der Staat und die EU nicht fähig sind im Bereich des Flüchtlingswesens nach gangbaren Lösungen zu streben, dann ist der Ausgang mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gewiss: Die Europäische Union wird weiter zerfallen. Denn die Bevölkerung versteht den Sinn eines Staatenbundes nicht, welcher übergreifende Probleme nicht zu lösen weiß."
Dies würde jedoch bedeuten, dass künftige Lösungswege dann noch schwieriger bis unmöglich würden. Mit dem Klimawandel werde die Fluchtbewegung zunehmen - nicht abnehmen. Dies würden sämtliche Prognosen von Experten aufzeigen.
"Die von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil geforderten Asylzentren außerhalb der EU werden immer wichtiger, um Menschen mit tatsächlichen Asylgründen - laut Genfer Konventionen - von jenen zu trennen, die einen derartigen Status nicht haben“, so die beiden abschließend.
Es sei "höchst an der Zeit" einen gesamteuropäischen Lösungsweg einzuschlagen. Information und Aufklärung der Bevölkerung seien unabdingbar, um den Frieden im Ort, in der Region, in Österreich und innerhalb Europas aufrecht zu erhalten.
Lokalaugenschein durch Innenminister geplant

- Fazekas lobte die Polizeiarbeit an der Grenze.
- Foto: Volkspartei Burgenland
- hochgeladen von Kathrin Santha
ÖVP-Landesgeschäftsführer Patrik Fazekas meinte dazu:
„Die Situation an der burgenländischen Grenze ist angespannt. Deshalb wurden mit 1. Juli 55 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten der Landespolizeidirektion Burgenland dienstzugeteilt. Darüber hinaus wird die Polizeipräsenz auf 50 Polizistinnen und Polizisten an der ungarisch-serbischen Grenze aufgestockt und zwei weitere Drohnen, sowie ein Wärmebildbus zur Verfügung gestellt.“
Dass die verstärkte Präsenz in Ungarn wichtig sei, würden die die Aufgriffszahlen zeigen: Seit Jahresbeginn sei es gelungen mehr als 1.400 Flüchtlinge bereits auf ungarischem Gebiet anzuhalten und etwa 130 Schlepper in Ungarn festzunehmen. „Ich danke den österreichischen Polizistinnen und Polizisten für ihren wertvollen Beitrag“, so Fazekas abschließend.
Schwerpunktaktion mit 900 Einsatzkräften
Von der Situation an der österreichisch-ungarischen Grenze mit Ausgangspunkt einer grenzüberschreitenden Schwerpunktaktion überzeugte sich gestern Abend auch Innenminister Gerhard Karner. An dieser nehmen knapp 900 Einsatzkräfte der österreichischen und ungarischen Polizei sowie des Bundesheeres teil. Durch solche Schwerpunktaktionen samt umfassender Technik, wie Wärmebildkameras, Drohnen und Hubschrauber-Unterstützung sollen auch Schlepperorganisationen gezielt abgeschreckt werden, so der Innenminister.
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