Mit Video: Engel in der Hygiene-Falle

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Ich habe immer gedacht Hygiene ist ewas Positives. Was ist so gefährlich daran?
Wir haben das Problem, dass wir in einer der wohlhabendsten Gesellschaften leben, die es jemals gegeben hat. Und trotzdem haben wir eine Krankheitslast die unglaublich ist. Sie ist vergleichbar mit den alten Seuchen-Zeiten. Wir haben Allergien, Autoimmun-Erkrankungen. Jede dritte Familie hat einen Betroffenen. Es gibt alle zehn Jahre eine Verdoppelung der Fälle von Diabetis Typ A. Das ist eine schwere Krankheit, bei der schon Babies Insulin spritzen müssen. Die Frage, die ich mir gestellt habe ist: Wo kommt das her? Es deutet viel darauf hin, dass es unser moderner Lebensstil ist. Es ist die Hygiene, genauer die Übertreibung der Hygiene.

Sie schreiben, dass wir mit Antibiotika Milliarden uralten Freunden, die uns besiedeln, den Krieg erklärt haben?
Der besondere Anlass, der mich auf die Idee des Buches gebracht hat, ist die Entdeckung des humanen Mikrobioms. Das ist die Gemeinsamkeit der Bakterien und Viren, die mit uns leben. Jeder Mensch ist ein Zoo. Wir beherbergen eine Art Regenwald mit einer unglaublichen Fülle von verschiedenen Organismen. Wenn wir jetzt Antibiotika nehmen, machen wir einen regelrechten Kahlschlag. Bei Kindern ist die Mittelohr-Entzündung meist der Einstieg in eine Antibiotika-Karriere. Da wird gleich einmal der halbe Darm mit Breitband-Antibiotika mitbekämpft. Unser Körper wird danach anders besiedelt. Es ist immer die Gefahr wenn ich eine Symbiose und ein Gleichgewicht habe, dass nix besseres nachkommt. Nach einer Antibiotika-Kur leben wir mit einem anderen Mikrobiom. Und das hat unglaubliche Auswirkungen auf die Körperfunktionen und die Gesundheit. Man hat eine andere Beziehung zum Immunsystem und zum Nervensystem. Wir haben ja im Bauch ein "zweites Gehirn", das sind Nervenzellen die etwa so umfangreich wie das Gehirn eines Hundes sind.

Das heißt wir leben in Symbiose mit fremden Zellen, die in unserem Körper gewisse Aufgaben erfüllen?
Genau. Wir könnten die Nahrung nicht zerlegen, wir könnten lebenswichtige Vitamine nicht erzeugen. Die Mikroben sind unsere Helfer, die leben in unzähligen Symbiosen mit uns. Zum Beispiel die Endorphine, die uns glücklich machen, werden zu über 80 Prozent von Darmbakterien hergestellt. Wenn es den Bakterien gut geht, geht es uns auch gut.

Wo ist die Grenze zwischen einer guten und einer Perversierung der Hygiene?

Die Hygiene selbst war eine der tollsten Erfindungen der Menschheit. Zum Beispiel sauberes Wasser oder Kanalisation. Diese Dinge haben unseren Lebensstandard gebracht. Die Erkenntnisse von Semmelweiß haben die Geburtensterblichkeit verringert. Auch die Entdeckung der Antibiotika war eine Sensation. Die Medizin hat dann aber ein Spielzeug in die Hand bekommen, das sie jetzt überall anwendet. Man dachte lange, das einzige Problem das man mit Antibiotika hat ist, dass es zu Resistenzen kommen kann. Resistenzen sind im Vergleich zu dem, was die Antibiotika selbst anrichten eine Kleinigkeit. Das ist zwar auch ein Problem, aber das Hauptproblem ist die Wirkung der Antibiotika. Medizinstudenten lernen an der Uni: „Augmentin macht alles hin“. Und dann lacht der Professor. Aber das ist, was es tatsächlich macht. Wenn ich dieses Breitband-Antibiotikum nehme, dann habe ich eben diesen Kahlschlag in mir.

Und andere Bakterien können sich dann womöglich besser vermehren?

Genau. Problemkeime, die normalerweise nur in Nischen im Darm sind, bekommen die Überhand, wenn ich die "guten" Bakterien vernichte. Es kann zu einer massenhaften Wucherung schädlicher Keime kommen.

Eigentlich müsste ja unser Immunsystem die schädlichen Keime bekämpfen. Wie reagiert das Immunsystem, wenn ich es auf diese Weise entmündige?

Das Immunsystem kann man sich als Schutzengel des Lebens vorstellen. Das wird schon bei kleinen Kindern gebildet. Es ist ein lernendes "Ich". Es entwickelt sich mit ersten banalen Infekten, dem ersten Kontakt mit Schmutz und es wird immer kompetenter. Wenn wir Glück haben, dann haben wir ein ganzes Leben lang einen großartigen Schutzengel, der jede Nacht bei uns ein Zellservicce macht. Es ist aber leider nichts einfacher als diesen Schutzengel zu manipulieren. Wenn wir krank sind, dann erzeugt das Immunsystem selbst Fieber. Wenn ich aber Fiebersenker nehme, dann mache ich die Arbeit des Immunsystems schlechter. Wenn ich eine Impfung gebe, mache ich das Immunsystem scharf gegen einen Feind, der noch gar nicht da ist. Mit jedem Eingriff mache ich das Immunsystem aggressiver. Es ist ein sehr zwiespältiger Apparat. Der Schutzengel kann aggressiv werden, ein Drache kann geweckt werden. Und den wieder im Zaum zu halten, bringt kein Arzt fertig. Mit dieser Spielerei, die wir mit dem Schutzengel treiben, kann ich einen Drachen wecken, der mir das Leben zur Hölle macht.

Das heißt, wenn das System aus dem Gleichgewicht gebracht ist, sind Autoimmunkrankheiten die Folge?
Ja. Das sind chronische Krankheiten, wo kein Mensch weiß wie man sie heilen kann. Es gibt eine ganze Industrie, die darauf beruht, dass ich Symptome kuriere und Beschwerden mildere. Aber wie ich eine Diabetes Typ 1 Erkrankung heile, wobei der Körper die eigene Insulin-Produktion zerstört, oder Morbus Chron, wo das Immunsystem auf den Darm losgeht - das weiß kein Mensch. Niemand weiß, wie man das Immunsystem wieder so besänftigen kann, dass es wieder kooperiert.

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