Coronavirus
Erfolgsmodelle von Hongkong, Shenzhen und Japan ohne Lockdown

Hongkong Blick vom Victoria Peak | Foto: (C) pfm
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Wenn man aus Europa nach Asien und insbesondere nach China und Japan blickt, so muss man die enormen kulturellen Unterschiede in Betracht ziehen, bevor man Urteile fällt. Vor allem Japan wird völlig missverstanden und eine Krise gesehen, wo keine ist. Die getroffenen Maßnahmen in Hongkong, Shenzhen und Japan unterscheiden sich einigermaßen von unseren, ein Lockdown war nicht nötig.

Den Gesundheitsbehörden in Hongkong (Bild oben) und im angrenzenden Shenzhen (zweites Bild unten: zentrale Geschäftsstraße) ist es relativ rasch gelungen, die Ausbreitung von SARS-CoV-2 ohne einen kompletten Lockdown zu verhindern. Die Erfahrungen wurden in Lancet Public Health (2020; DOI: 10.1016/S2468-2667(20)30090-6) für Hongkong und in Lancet Infectious Diseases (2020; DOI: 10.1016/S1473-3099(20)30287-5) für Shenzhen beschrieben.

Kein Lockdown in Shenzhen und Hongkong

Die Ende Januar eingeleiteten Maßnahmen, die das öffentliche Leben weniger einschränkten als später in Europa und Nordamerika, erwiesen sich als effektiv. Wie Peng Wu von der Universität Hongkong berichtet, gab es in der Sonderverwaltungszone Hongkong bis Ende März nur 715 COVID-19-Fälle, darunter 94 asymptomatische Infektionen und 4 Todesfälle bei einer Bevölkerung von etwa 7,5 Millionen, die auf engem Raum zusammen lebt.

Die Maßnahmen betrafen zum einen eine 14-tägige Quarantäne für alle Personen, die aus dem Stammland China oder aus anderen Ländern einreisten, wo SARS-CoV-2 bereits aufgetreten war. Alle an COVID-19 erkrankten Personen wurden in Krankenhäusern isoliert. Die Behörden betrieben eine intensive Kontaktsuche. Bei einem positiven Ergebnis mussten die Kontakte ihre Wohnungen verlassen und die Zeit bis zum Ende der Infektion in speziellen Einrichtungen in Quarantäne verbringen. Und das ist der ganz wesentliche Unterschied zu den Maßnahmen  in Europa.

Niedrige Erkrankungszahlen

Hinzu kam ein Aufruf an die Bevölkerung, Abstand zu anderen Personen zu halten und Gesichtsmasken zu tragen. Die Schulen wurden Ende Januar geschlossen und öffentliche Angestellte bis Ende Februar wenn möglich ins Home Office geschickt. Ein völliger Lockdown wie später in Europa und Nordamerika wurde jedoch vermieden.

Die Maßnahmen haben ausgereicht, die Erkrankungszahlen im Februar niedrig zu halten. Als es im März zu einem Anstieg kam, wurde das Screening auf Symptome und später die Tests von asymptomatischen Einreisenden verstärkt. Die Reproduktionszahl, die Anfang März auf 1,5 angestiegen war, konnte dadurch wieder auf unter 1 gedrückt werden. Ende März war sie auf etwas über 1 angestiegen, ohne eine rasante Epidemie auszulösen.

Ein interessanter Nebeneffekt war die frühzeitige Beendigung der Influenza-Epidemie. Die Erkrankungszahlen sanken um 44 %. Die Basisreproduktionszahl für Grippeerkrankungen ging nach den Berechnungen von Wu von 1,28 auf 0,72 zurück. Der Rückgang war stärker als bei der H1N1-Pandemie von 2009 („Schweinegrippe") oder bei der schweren Influenza B im Winter 2017/18.

Das Beispiel Japan

Das erste Mal in die Schlagzeilen geriet Japan (Kyoto Goldener Tempel drittes Bild unten) als das Kreuzfahrtschiff Diamond Princess vor Yokohama mit Quarantäne belegt wurde. Es folgten 17 Tage katastrophales Mismanagement, aber auch ein interessantes Lehrbeispiel für Infektiosität und Mortalität. Spannend vor allem, weil auf dem Schiff wirklich ALLE Passagiere und Besatzungsmitglieder getestet wurden – egal, ob sie Symptome hatten oder nicht. Von den 3711 Personen an Bord gab es 712 Erkrankte (19,1%) und 13 Tote. Damit kommen wir auf eine Mortalität von 0,35%, wobei zu beachten ist, dass auf Kreuzfahrtschiffen die ältere Risikogruppe mit Vorerkrankungen besonders häufig anzutreffen ist.

Obwohl die Passagiere auf der Diamond Princess auf engstem Raum zusammen waren, steckten sich nur knapp 20 Prozent mit dem Virus an – allerdings in kürzester Zeit! Knapp die Hälfte derjenigen, die an Corona erkrankten, zeigten keine Symptome.

Japan mit zu wenig Betten?

Das ist eine Schlagzeile, die immer wieder in westlichen Medien kursiert. Aber ohne zu verstehen, was wirklich vor sich geht. Ein Schlaglicht darauf wirft ein Artikel in NHK World, der englischsprachigen Webseite des öffentlich-rechtlichen TV-Senders vom 22. April. Der Titel "Japan running out of hospital beds to treat coronavirus patients" lässt ein Szenario befürchten, dass es keine Betten auf Intensivstationen mehr gibt, wie das nach den Beispiel von Italien immer wieder befürchtet wurde.

Einige Absätze weiter, erfährt man aber, was wirklich Sache ist: Von 11.000 Betten, die für Corona-Patienten vorbereitet sind, sind etwa 6.600 belegt. Aber in 6 Präfekturen sind diese Betten zu über 80% belegt.

Betten im Spital für Infizierte ohne  Symptome - Japan ist anders

Besonders betroffen ist natürlich die Region Tokio mit 37 Millionen Einwohnern. Deshalb folgende Maßnahme laut NHK World:
"In Tokyo, to free up hospital capacity for patients in serious condition the Metropolitan Government has started moving people who have tested positive for the virus but are showing only mild or no symptoms to hotels."

Bei uns werden selbst Menschen mit heftigen Symptomen oft nicht einmal getestet und Infizierte werden zu Hause in Quarantäne geschickt, von Aufnahme in ein Spital keine Rede. In Japan kommen sie auch dann ins Spital, wenn sie keine oder nur milde Symptome haben. In Hongkong und Shenzhen wurde das etwas cleverer gelöst und eigene Möglichkeiten der Quarantäne außerhalb der Spitäler geschaffen.

Japan ist also mit Europa nicht vergleichbar, die Vorgangsweise eine völlig andere aber ähnlich zu Hongkong und Shenzhen.

Mit Stand heute sind 11.212 aktive Fälle bekannt, davon 308 in kritischen Zustand und seit Beginn der Pandemie gab es 431 Todesfälle,  das sind 3 Fälle pro Million Einwohner (Österreich 66, Deutschland 79).

In Japan gilt derzeit eine Notstandsverordnung, die am 6. Mai ausläuft. NHK World berichtet heute, das diese Notstandsmaßnahme möglicherweise verlängert wird, obwohl die Neuinfektionen laut Japans Economic Revitalization Minister Nishimura Yasutoshi rückläufig sind. Restriktionen werden aber laut Nishimura nur für bestimmte Regionen gültig sein. Restriktionen, die aber ohnehin in etwa dem entsprechen, was bei uns ab Mai generell gültig ist.

Mehr zu Japan und insbesondere Hintergründe für die extrem niedrige Todesrate habe ich hier beschrieben:

Warum Japan so wenige Erkrankungen vom Coronavirus hat

Japan: zweite Corona Welle schwächer als erste

Coronakrise: Japan mit Modell Schweden aber geringerer Sterblichkeit

Corona Peak überschritten: Daten aus Schweden, England, Österreich und Japan

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