Ihr Geheimnis wurde von ihnen so streng gehütet, dass ihre Eltern vorerst nichts davon bemerkten.
Manchmal verlierst du mehr als du bekommst, wenn du dich mit Nichtigkeiten beschäftigst.

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Text und Zeichnung von Yu Hui

Die Wohnungstür der Nachbarin Frau Zhu war nur wenige Zentimeter von der von Hui‘s Familie entfernt, sodass man durch die Wand von den anderen hören konnte, wenn es laut war. Es gab auf beiden Seiten darum fast kein Geheimnis mehr, wenn sich etwas abspielte.

Gegen 4 Uhr nachmittags, nachdem die 4 Töchter von Frau Zhu von der Schule nach Hause gekommen waren, saßen sie alle um einen Mühlstein in der Mitte ihrer Wohnung. Sie hielten jeweils ein kleines rechteckförmiges Messer in der einen Hand und einen Lotuskern mit Schale, dessen Form in Erbsengröße war, in der anderen Hand. Vor ihren Knien stand jeweils eine kleine Emaille-Schüssel für die geschälten Lotuskerne auf dem Boden. Bald war eine knisternde Symphonie durch das Hacken der Lotusschalen zu hören.

Bei dieser Arbeit musste man besonders vorsichtig sein, man musste, ohne sich die Finger mit dem scharfen Messer zu verletzen, geschickt mit dem so kleinen runden Kern umgehen, ohne ihn aus der Hand beim Hacken herunterrutschen zu lassen. Die vier Töchter, von der kleinen bis zur großen, hackten die Lotusschalen jedoch gelassen, ließen sich kaum Angst und Anspannung anmerken, arbeiteten sogar mit einer sehr schnellen Geschwindigkeit, wobei man alle 30 Sekunden einen Lotuskern in die Schüssel fallen hörte. Während der Arbeit plauderten sie unterhaltsam miteinander.

Frau Zhu musste ihre Töchter und ihren Sohn allein ernähren, denn Ihr Mann starb sehr früh. Sie war Buchhalterin bei einer Bank, wodurch sie gute Kontakte zu vielen Firmenmitarbeitern aufgenommen hatte. Deswegen konnte sie ihren Töchtern Arbeit für zu Hause beschaffen, um ihr beim Haushalt finanziell zu helfen.

Nan, die jüngere der beiden älteren Schwestern von Hui, legte im Vergleich zur Leidenschaft für das Lernen ihrer Schwestern Hong und Hui, weniger Wert darauf. Sie hatte Lust auf Hausarbeit und pflegte gerne daheim die Sauberkeit. Sie war sehr interessiert daran, was die Töchter der Familie Zhu taten, um Geld zu verdienen. Irgendwann hatte Nan Frau Zhu gebeten, ihr auch solche Hausarbeit zu besorgen. Frau Zhu, die immer hilfsbereit zu den anderen war, fand bald eine Aufgabe für Nan. Sie durfte zerkleinertes Gestricktes auftrennen. Das daraus gewonnene Garn wurde wieder zur Füllung von Mänteln für Soldaten in der Militärfabrik verwendet. Für diese Arbeit wurden je Woche 10 Yuan bezahlt und 8 Dampfbrötchen aus Weißmehl der Bezahlung hinzugefügt. Nan flehte Frau Zhu aber an, es für sie geheim zu halten und ihren Eltern nicht darüber zu erzählen.

Obwohl Hui‘s Eltern beide Akademiker waren, verdienten sie genau so wenig wie die Arbeiter, die mit Schaufeln Briketts herstellten, auch wie die Bauern, die mit Hacke die Erde umgruben, um Getreide anzubauen. In jener Zeitpoche wurde das Sozialsystem in China als "Alle essen aus demselben Topf und rotten die Sämlinge des Kapitalismus aus" bezeichnet. Zusätzlich war wegen ihrer schlechten Klassenzugehörigkeit als Rechte ihr sozialer Status den Arbeitern und Bauern weit unterlegen. Ihre Familie mit drei Kindern durch ihr Gehalt zu erhalten war ihnen zwar nicht leicht, trotzdem verbot ihr hartnäckiger Vater seinen Kindern, etwas zu Hause zu unternehmen wie die Kinder der Nachbarin, um Geld zu verdienen. Seiner Meinung nach sollten die Kinder die kostbare Zeit sinnvoll zu nutzen verstehen, sich bewusst auf ihre Zukunft gut vorbereiten.

Es fehlte den drei Töchtern nicht an Büchern, die ihre Eltern sorgfältig aufbewahrt hatten und immer neu zugekauft wurden. Es fehlte ihnen auch kein Instrument zum Musizieren, zum Beispiel ein Akkordeon und eine Geige waren zuhause vorhanden. Aber es fehlte Ihnen an den leckeren Snacks, die an den Imbissständen verkauft wurden und an den preiswerten duftenden Dampfbrötchen aus Weißmehl, von denen die Töchter unwiderstehlich angezogen wurden.

Die Bezahlung für diese Arbeit machte die drei Töchter sehr neugierig, und sogar Hui, die sonst nur am Lesen und Lernen interessiert war, nahm nun auch gerne daran teil. Dafür planten sie sorgfältig diese Tätigkeit vor den Eltern zu verbergen. Hui‘s Familie hatte zwei große Koffer, die mit saisonalen Kleidungstücken unter dem Bett ihrer Eltern standen. Ein Koffer für die Sommerwäsche und einer für die Wäsche für die kalte Jahreszeit. Solange der Saisonwechseln nicht kam, blieben die Koffer geschlossen. Deswegen war es am sichersten, den Stoffsack mit den erarbeiteten Garnen dort aufzubewahren. Sogar stellten sie aufgeregt vorzeitig ihre Wunschliste auf, wofür sie mit den erwarteten 10 Yuan planten. Sie konnten gemeinsam ins Kino gehen, um sich einen guten Film anzusehen und sowohl Popcorn als auch geröstete Erdnüsse kaufen.

Ihr Geheimnis wurde von ihnen so streng gehütet, dass ihre Eltern vorerst nichts davon bemerkten. Nachdem sie eine Woche später mit dieser Aufgabe fertig waren, sollten sie selbst das zerlegte Garn in die Militärfabrik bringen und die Entlohnung beim Portier abholen, wie das Frau Zhu schon mit der Fabrik vereinbarte.

Es war im Sommer, die Sonne schien heiß. An diesem Nachmittag saßen die drei Schwestern schwitzend auf einer Bank unweit der Militärfabrik. Nan und Hong aßen jeweils 2 Dampfbrötchen und ließen liebevoll Hui 4 schmecken, weil die jüngste Schwester Hui viel schneller groß geworden war als die beiden anderen, obwohl sie das jüngste Mädchen in ihrer Familie war. Infolgedessen bekam Hui nachts Bauchschmerzen und erbrach alles, was sie gegessen hatte. Ihre Eltern kamen dadurch hinter die Wahrheit.

Am nächsten Tag kaufte ihr Vater Popcorn, geröstete Erdnüsse, zusätzlich drei Kinokarten für Samstag für die Kinder. Den indischen Film "Caravan" wollten seine Töchter sehen.

Während die drei Töchter diese Snacks genüsslich aßen, nahm der Vater eine Blechdose und goss fünf Ein-Yuan-Münzen hinein und sagte: "Jede Woche werde ich 5 Yuan einzahlen. Jeder von euch hat mindestens 1 Yuan pro Woche. Kauft etwas, was ihr wollt. Außerdem garantiere ich euch, dass ihr einmal im Monat ins Kino gehen könnt. Ich hoffe, Ihr schätzt die Zeit, die ihr mit dem Lernen verbringen könnt."

Der Vater beschimpfte die Töchter nicht, er machte die Kinder trotzdem auf ihren Fehler aufmerksam. Die Kinder beschlossen, seinem Rat zu folgen und die Idee loszuwerden, Geld zu verdienen.

Es gab fast 30 Nachbarkinder, die mit Hui‘s Familie im selben Gebäude aufwuchsen. Davon konnten nur Hong und Hui an die Universität studieren gehen, um sich eine bessere Zukunft zu gestalten.

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