"Zwazl-Appell": Schüler, lernt doch für die Praxis
WKNÖ-Chefin Sonja Zwazl über Talente, Gründer und echten Schmäh im Wirtshaus.
Interview: Christian Trinkl
BEZIRKSBLÄTTER: Wir treffen uns hier beim NÖ Wirtetag und haben gerade gehört, mit welchen Problemen die Gastroszene kämpft, etwa Fachkräftemangel und Arbeitszeitdebatten. Gibt es da Parallelen zur Gesamt-Wirtschaft?
SONJA ZWAZL: Ich wünsche mir, dass Fachkräfte in der Gesellschaft einen besseren Stellenwert bekommen. Wir alle brauchen Fachkräfte und profitieren von ihnen, aber unsere Gesellschaft schätzt sie zu wenig. Wenn jemand von seiner dualen Fachausbildung erzählt, wird ihm weniger Aufmerksamkeit geschenkt als einem Studierten – egal ob dieser erfolgreich ist oder nicht. Es würde uns als Gesellschaft nicht schaden einmal das Hirn einzuschalten: Wie oft brauchen wir einen Rechtsanwalt? Und wie viel öfter einen Zimmerer oder Installateur?
Das altbekannte Imageproblem der Lehre?
Auf der einen Seite sind wir stolz auf unsere Jugend, die bei den Euroskills und Worldskills – das kleine Österreich hat dort den sechsten Platz erreicht – abräumt, auf der anderen Seite raten zu viele von einer Lehre ab und tun so, als müsste jeder studieren. Dabei wäre doch auch der umgekehrte Weg eine Möglichkeit: Statt Lehre mit Matura, Matura mit Lehre.
Klingt logisch, aber wie reißt man das Steuer zugunsten der Lehre herum?
Der springende Punkt ist: Man muss den jungen Menschen – und auch den Eltern – sagen, dass man eine Ausbildung in dem Bereich machen sollte, in dem man Talent hat. Wenn eine Friseurin die Arbeit gerne macht und dafür talentiert ist, wird sie auch erfolgreich sein. Wenn sie es nur macht, weil ihr ihre Mutter erklärt hat, dass man da viel Trinkgeld bekommt, wird sie scheitern. Denn Erfolg gibt es nur für gute Leistung. Und man muss der Jugend auch sagen: Arbeiten gehört zum Leben dazu. Arbeiten ist keine Strafe.
Wer Spaß hat, arbeitet besser?
Natürlich, und auch wir Kunden sind dann besser betreut. Ein Beispiel: Ich war in einem Gasthaus essen und ein junger Bursch war unser Kellner. Und er hat das Essen drei Mal aufgenommen, da er es einmal vergessen hatte und einmal einen Fehler gemacht hat. Aber: Er hatte einen unglaublichen Schmäh drauf und hat den ganzen Tisch unterhalten. Und der Fehler war egal, wir haben uns super betreut gefühlt – weil er seinen Job mit Energie und Spaß gemacht hat und nicht lustlos.
Niederösterreich ist nach wie vor ein Land der Gründer. Wie unterstützt die Wirtschaftskammer diese Durchstarter?
Indem wir mit unserem WKNÖ-Gründerservice aufzeigen, was es braucht um erfolgreich selbstständig zu sein. Eine starke Volkswirtschaft braucht kreative Menschen. Und unsere Jugend hat heute mehr Unternehmergeist als frühere Generationen. Aber das darf gerne noch weiter zulegen. Und wir brauchen eine Kultur, die diesen Unternehmergeist schätzt und unterstützt, etwa bei der Finanzierung.
Wenn Sie einen Appell an alle AHS-Schüler richten dürften, was würden Sie ihnen sagen?
Die betriebliche Ausbildung gibt einen guten Einblick in die Berufswelt. Jede Erfahrung, die man sammelt, ist wertvoll. Ich glaube, dass für junge Leute ein Abstecher in die Berufswelt jedenfalls gut ist – etwa mit einer Lehre nach der Matura.
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