Gastkommentar von Bischof Scheuer
Nachfrage nach Ostern?
Vielleicht ist es Ihnen schon einmal aufgefallen: Rund um Weihnachten ist die Dichte von Liedern, die in irgendeiner Weise das Weihnachtsfest thematisieren, auffallend hoch: „Last Christmas“ und Co sind sicher vielen geläufig. Rund um Ostern jedoch gibt es viel weniger Begleitmusik.
Auch die abendländische Musiktradition kennt zwar viele großartige Kompositionen zu Weihnachten und selbst zur Leidensgeschichte Jesu am Karfreitag, wie etwa die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach. Aber dem Osterfest selbst kommt musikalisch eine untergeordnete Rolle zu.
Ostern nicht gut vermarktbar
Ostern sei zu abstrakt und lasse sich nicht so gut vermarkten, hat ein Musikwissenschaftler einmal gemeint; die Nachfrage sei nicht so groß. Das bringt mich auf einen Gedanken: Wie ist es eigentlich im Alltag um die Nachfrage nach Ostern bestellt? Mir fallen Menschen ein, die bei jeder Gelegenheit das sprichwörtliche Haar in der Suppe finden. Dann gibt es welche, die sich in einem Konflikt verrennen, nicht mehr herausfinden, die dabei Lösungsvorschläge nicht als solche erkennen, sie vielleicht gar nicht wahrhaben wollen. Vermutlich kennt jeder und jede auch den Impuls, dass man manche Situation, wo man sich benachteiligt fühlt, gar nicht verändern will. Man verbeißt sich in eine Opferrolle. Die Nachfrage nach Aufbruch, nach Neubeginn, nach Auferstehung ist da mitunter gering.
Offen für Gottes Eingreifen
Zu Ostern dürfen sich Christinnen und Christen durchaus folgende Fragen stellen: Erkenne ich die Zeichen der liebevollen Aufmerksamkeit noch, die mir geschenkt werden? Sehe ich die knospende Natur, höre ich das unbekümmerte Kinderlachen, koste ich das unvoreingenommene Gespräch mit Freundinnen und Freunden aus? Bei Ostern geht es um das Vertrauen in Gott, dass es möglich ist, vertrackte Lebenssituationen aufzubrechen. Es geht um die Hoffnung, dass ein Engel den Weg aus der dunklen Grabeshöhle der eigenen Verbohrtheit in das helle Licht der Lebensperspektiven weist. Ostern ist nichts weniger als die christliche Grundhaltung, offen zu sein für Gottes Eingreifen in unseren Alltag. Die Nachfrage nach Ostern entscheidet sich daran, ob man es für möglich hält, dass Gott Auferstehung und Neubeginn schenken kann.
Ich wünsche frohe und gesegnete Ostern!
Bischof Manfred Scheuer
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