Aus dem Salzkammergut nach Down Under

Ernst Huber, ein gebürtiger Gmundner, mit seiner Ehefrau Fay: Sie sind seit über 60 Jahren glücklich verheiratet. | Foto: Privat
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  • Ernst Huber, ein gebürtiger Gmundner, mit seiner Ehefrau Fay: Sie sind seit über 60 Jahren glücklich verheiratet.
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GMUNDEN/MUSWELLBROOK. Sydney, Melbourne, Adelaide, die großen Ballungszentren des fünften Kontinents liegen von der Hafenstadt Darwin im Norden weiter entfernt als Sizilien von Norwegen. Zwischen den großen Städten ist das Outback heißt es, oder der Regenwald. Oder ganz einfach nur Wald oder Busch. Die Autobahn wirkt im australischen Hinterland zuweilen wie eine graue Schlange, die sich durch grünes Dickicht schlängelt.

Entlang des Pacific Motorway, der nordwärts von Sydney bis Newcastle führt, vorbei an Singleton, Maitland und Kurri Kurri. Diese knapp dreieinhalbstündige Autofahrt nahm 1952 ein gebürtiger Gmundner auf sich und brachte damit ein kleines bisschen Salzkammergut nach Down Under. Ernst Huber, heute 87, wanderte damals nach Australien aus. Zu dieser Zeit suchte die australische Regierung händeringend nach Arbeitskräften, um das Land aufzubauen. Manche sagen, sie liefen einer Idee hinterher – der riesige Kontinent zählte damals nur sieben Millionen Einwohner. Österreichische und deutsche Firmen warben in den 1950ern gezielt Arbeitskräfte an und machten sich dann mit ihnen auf den Weg. Sie waren Tischler, Installateure, Handwerker und Bauarbeiter. Zuvor hatten viele davon in der Wehrmacht gedient, so auch Huber. Der Krieg. Schreckliche Erlebnisse, die einen Menschen prägen. Der Matrose diente in der deutschen Marine. Eines seiner prägendsten Erlebnisse war der Transport von deutschen Flüchtlingen, die vor der Roten Armee Richtung Westen flüchteten. "Das kann man sich überhaupt nicht vorstellen, Babys starben in unseren Armen", erzählt Huber.

Nach dem Krieg, heimgekehrt nach Gmunden, mit Anfang 20, litt er unter den kalten österreichischen Wintern. "Das Klima war sicher der Hauptgrund, warum ich mich für Australien entschieden habe", so Huber. Am 6. Dezember machte er sich deshalb auf in ein neues Leben. Einen Drei-Jahres-Vertrag in der Tasche ging es vom Wiener Südbahnhof aus nach Italien – von dort mit dem Schiff über Sri Lanka, bis er schließlich fünf Wochen später in Sydney ankam. Noch in der selben Nacht fuhr er nach Muswellbrook, wo seine Firma Häuser im Auftrag der New South Wales-Landesregierung baute.

Bereits am zweiten Tag in Australien, traf er die Liebe seines Lebens in einem kleinen Geschäft in Muswellbrook. Fay verkaufte Milch-Shakes. Sie ist damals erst 16 Jahre alt. Ihrem Vater musste er versprechen, sie erst mit 19 zu heiraten. Am 10. Dezember 1955 war es dann soweit – und die Ehe hält bis zum heutigen Tag, über 60 Jahre lang. Australien wurde schnell die neue Heimat des Österreichers und der Drei-Jahres-Vertrag zur Lebensentscheidung. Beruflich machte sich Huber selbstständig und wurde "Contractor" der Bergbauindustrie. Er leitete seine eigene Baufirma, bis zu seiner Pensionierung.

Huber sprach als er nach Australien kam kein Wort Englisch. Erst mühsam brachte er es sich selbst bei. Verschiedene Verirrungen wie: Heißt es jetzt Mustard (Senf) oder doch Bastard (auch im Englischen ein Schimpfwort), sorgen noch heute regelmäßig für heiteres Gelächter bei Familienfeiern. Auch an so manche Eigenheiten, wie etwa, dass vor Kinovorstellungen in den 1950ern stets "God save the Queen" gesungen wurde, erinnert er sich mit Schmunzeln zurück. Doch das ist lange her, eine andere Zeit. Die Queen ist zwar heute noch Staatsoberhaupt Australiens, aber im Kino läuft jetzt wie überall Werbung statt Patriotismus.

Eine große Familie in Australien

Der Liebe folgen bei den Hubers drei Kinder – Yvonne, Luke und Dean. Mittlerweile zählt die australische Familie Huber sieben Enkel und zwei aufgeweckte Urenkel. Stolz nennen ihn die Kleinen "Opa" – ein kleines bisschen Austria in Australien.

Das erste Mal zurück nach Österreich kam die Familie Huber im Jahr 1971 – 20 Jahre nachdem Ernst ausgewandert war. Damals reiste er noch mit österreichischen Papieren, die er kurz darauf aufgab. Der Grund: Das australische Wahlrecht. "Die Regierungspartei hat einen schlechten Job gemacht und ich wollte wählen, um ihr das mitzuteilen. Sie hat dann die Wahlen verloren, wahrscheinlich weil meine Stimme die erdrutschartigen Verluste ausgelöst hat", lacht Huber. Viele weitere Besuche in der alten Heimat sollten folgen – 1980 kamen sogar die Eltern seiner Ehefrau Fay mit nach Österreich. Ein seltenes Familientreffen mit einer Anreise von 13.000 Kilometern. Das letzte Mal kam Huber 2008 nach Österreich, heute hält er über seine Nichten und Neffen Kontakt zur alten Heimat. Und auch eine Freundin in Ohlsdorf versorgt ihn regelmäßig mit Neuigkeiten.

Seine 87 Lebensjahre sieht man ihm nicht an, das australische Wetter scheint ihm gut zu tun. "Er ist in den letzten zehn Jahren überhaupt nicht gealtert", sagt seine Enkelin Bree. Ihr Opa sieht immer noch so aus wie andere Ende 60. Ob das tägliche Stück Kuchen oder die wöchentlichen Besuche im RSL-Club dafür verantwortlich sind – wer weiß? RSL steht übrigens für "Returned Soldiers League", aus dem Krieg zurückgekehrte Soldaten. Viele der Kameraden, die sich dort treffen, kämpften im Zweiten Weltkrieg für die Allierten. Manche auf der anderen Seite. In Australien ist das kein Thema: Um fünf Uhr gedenken die Clubmitglieder im RSL mit einer Schweigeminute den gefallenen Kameraden. Allen. Vergangenheitsbewältigung in Australien. Funktioniert gut, entspannt, ehrlich.

Am Wichtigsten war dem rüstigen Rentner stets seine Familie und ganz besonders seine Ehefrau Fay. "Es ist sehr schade, dass sich so viele junge Leute heute scheiden lassen", sagt er. Und weiter: "Dabei muss man ja in einer Ehe nicht immer einer Meinung sein. Aber wenn die Liebe füreinander da ist und wenn man sich respektiert und zusammenhält, gibt es kein Problem, das nicht lösbar wäre". Eine berührende Lebensweisheit die die Hubers in ihren 60 glücklichen Ehejahren jeden Tag begleitet hat...

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