Landesrat Günther Steinkellner (FPÖ)
"Bundespolitisch ist es für Strache vorbei"

Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner (FPÖ) im BezirksRundschau-Sommergespräch.  | Foto: BRS
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Landesrat Günther Steinkellner (FPÖ) spricht im BezirksRundschau-Interview über die Stau-Problematik in Linz, den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in OÖ, die geplante Ostumfahrung und eine mögliche neue ÖVP-FPÖ-Bundesregierung in Wien.

BezirksRundschau: Seit Jahren staut es in und um Linz nahezu täglich. Wie soll die Situation für Pendler und Linzer in zehn Jahren aussehen? Was soll sich bis dahin verbessert haben?
Steinkellner: Der Pendler wird mit großer Wahrscheinlichkeit ein öffentliches Verkehrsmittel nutzen, da er weit außerhalb von Linz schon in eine Stadtbahn einsteigen kann und verschiedenste Umsteigemöglichkeiten in Linz hat. Zudem wird er oder sie in einer guten Geschwindigkeit zum Arbeitsplatz kommen – und dementsprechend wird das Auto nicht mehr so attraktiv sein.

Zweitens: Eines der großen Projekte, die wir jetzt angestoßen haben, war die Linzer Ostumfahrung. Damit wird die Linzer Stadtautobahn wesentlich entlastet und der Verkehr an der Landeshauptstadt vorbei geleitet. Wenn die tschechische Regierung 2024 oder 2025 in Wullowitz sein wird und die dortigen Problemfelder gelöst sind – welcher Pkw oder Lkw soll dann freiwillig einen Umweg über 120 Kilometer über die Innkreisautobahn machen? Deshalb ist das Projekt so wichtig. Wer glaubt, man kann den Verkehr bei uns stoppen, der irrt – der Lkw oder Pkw fährt auf jeden Fall durch. Das Schlimmste wäre, wenn der Verkehr durch Linz durch oder im niedrigrangigen Straßennetz fließen würde. Davor muss man die Bevölkerung schützen.

Gibt es schon eine Zusage der Asfinag für die Ostumfahrung?
Die Asfinag ist natürlich Partner und weiß, dass das eines der wichtigsten Projekte überhaupt ist. Aber trotzdem ist es notwendig, eine strategische Prüfung durchzuführen – und die wird gemacht werden. Und dann gehen wir davon aus, wenn es optimal läuft, dass wir 2029 oder 2030 die achte Brücke im Großraum Linz sowie eine neue Durchbindung von der Mühlkreis- auf die Westautobahn haben.

Aber da muss es wirklich gut laufen!
Es gibt ja ein neues Standortgesetz und das wäre dann die Nagelprobe dafür.

Wäre das ein Projekt, das in diese Kategorie fallen würde?
Ja, so ist es – und das haben wir auch schon vorgesprochen.

Einerseits forcieren Sie ja den S-Bahn-Ausbau, andererseits sollen neue Autobahnen gebaut werden. Die Grünen kritisieren, dass Sie damit den Verkehr anziehen würden. Muss man auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen?
Es gibt einen sehr dynamischen Wirtschaftsraum. Wer diesen nicht vernichten oder beschädigen möchte, muss die Mobilität sicherstellen. Natürlich wäre es mir lieber, dass man noch viel mehr Verkehr auf die Schiene lenken könnte, aber es gibt Realitäten – und Verbieten bedeutet Wirtschaftseinbruch, Verlust von Arbeitsplätzen, Verlust von Wachstum und dann Wohlstandverlust.
Wir ziehen nicht den Verkehr an, sondern wissen, dass es einen Verkehrszuwachs von 75.000 Fahrten bis 2030 rund um Linz gibt. Da muss man an jeder Schraube drehen. Selbstverständlich arbeiten wir an einer Mitfahr-App, damit ein Auto im Durchschnitt nicht mit 1,1 sondern mit 1,5 Personen besetzt ist – das wäre wünschenswert, dann hätten wir die Stauproblematik erledigt. Wir bauen Radwege aus und setzen verschiedenste weitere Maßnahmen – S-Bahn-Taktung verdichten, S-Bahn-Strecke erweitern, mehr Züge bestellen und die neue Infrastruktur für Züge schaffen. Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, damit wir den Herausforderungen wirklich Herr werden.

Die Grünen haben vor Kurzem vorgeschlagen, ein Jugend-Ticket für 69 Euro einzuführen, das auch für Studierende gelten soll. Das wäre doch ein Projekt, das man befürworten müssten, oder?!
Ich befürworte jede Maßnahme, die zum Umsteigen führt. Wenn ich unbeschränkt Geld haben würde, würde ich gleichzeitig die Infrastruktur errichten und das Ticket günstiger anbieten. Tatsache ist aber: Bei uns würde ein entsprechendes Ticket erhebliche Finanzmittel brauchen. Ich verstehe die Opposition, die das fordert – die zahlen das ja auch nicht.
Nachdem ich sehr viele Menschen für den öffentlichen Verkehr begeistern möchte, muss ich die Infrastruktur so fit machen, dass man das Angebot für viele Menschen erweitert. Das hat Priorität! Wenn das erledigt ist, kann man darüber nachdenken, die Tarife abzusenken und die Karten billiger zu machen.
Das viel zitierte 365 Euro-Ticket würde in OÖ geschätzt 18 bis 20 Millionen Euro pro Jahr kosten – das über 30 Jahre gerechnet, und dann kann man sich ausrechnen, was man mit diesem Geld alles finanzieren kann. Jetzt haben wir aber das Problem, dass wir die Infrastruktur ausbauen müssen, die wir noch nicht haben.

Wo gäbe es eigentlich beim derzeitigen Öffi-Netz noch zusätzliche Kapazitätsmöglichkeiten?

Es wird bei den S-Bahnen in der Hauptverkehrszeit nur mehr Vertaktungsmöglichkeiten geben, wenn die Infrastruktur – Problem Ostkopf und die Neuordnung des Linzer Hauptbahnhofs – ermöglicht wird. Weil sonst der Takt nicht mehr zu halten ist und das Problem entsteht, dass man die Züge nicht mehr unterbringt.


Sie haben eingangs gesagt, dass das Auto in Zukunft nicht mehr so attraktiv sein soll. Ist das ein politisches Ziel von Ihnen?
Ich möchte den öffentlichen Verkehr attraktiv machen. Das Auto wird in der Individualnutzung – mit welchem Antrieb auch immer – attraktiv sein. Aber wenn der öffentliche Verkehr so attraktiv ist, dass ich zu meinem Ziel rasch und bequem hinkomme und es noch dazu kostengünstiger ist als das Auto, dann wird eben nur mehr der Freak mit dem Auto fahren. Oder jemand, der sich von Garage zu Garage bewegt.
Aber eines muss klar sein: Das Autofahren wird sicher nicht billiger werden und es wird nicht einfacher werden – auch wenn es sieben oder acht Brücken über die Donau gibt –, wenn es so eine Verkehrszunahme aufgrund der Wirtschaftsentwicklung gibt.

Bürgermeister Mahr hat ja in Marchtrenk kürzlich wieder die B1 gesperrt. Für einen Laien erklärt: Worin sind Sie beide sich eigentlich nicht einig?
Die Gemeinde Marchtrenk hat vor eineinhalb Jahren das im Gemeinderat beschlossene Nebenwegekonzept gestrichen – man hat gesagt, man macht ein neues. Im März dieses Jahres haben sie das neue Nebenwegekonzept dem Amt vorgelegt. Wir werden das jetzt prüfen. Die Gemeinde Marchtrenk möchte ja teilweise eine Unterflurführung der B1. Das bedeutet ein Absenken und dort gibt es ein Verkehrsaufkommen von 28.000 bis 30.000 Fahrzeugen am Tag. Es wurde die Gemeinde informiert, dass berechnet werden muss, ob es überhaupt geht. Bei der B1, einer der Hauptachsen neben der Autobahn, muss man den Verkehr aufrechterhalten und es sollen nicht die Pendler oder Wirtschaftstreibenden ein Problem bekommen.
Der Bürgermeister weiß das alles, er weiß auch, dass das Amt die Zeit braucht, um zu schauen, ob es überhaupt geht – und um eine Kostenschätzung zu machen. Dann wird die Kostenschätzung vorgelegt und wenn er das dann finanziert, wenn es überhaupt möglich ist, dann kann man das beurteilen.
Was der Bürgermeister mit seiner Belästigung der Pendler durch Straßensperren bewirkt, kann ich nicht beurteilen – das wird sich bei den Wahlen auswirken.

Bis wann wäre es realistisch, dass die Sache in die Gänge kommt?
Wir sind jetzt in der Prüfung und sobald wir fertig sind, melden wir das der Gemeinde. Die Techniker des Landes werden das dann den Technikern der Gemeinde Marchtrenk vorstellen – ob es geht und was es kostet. Entscheidend ist der sogenannte Bauphasenplan, soll heißen: Wie der Verkehr in der Bauzeit abzuwickeln ist. Man kann ja nicht für zwei Jahre die B1 sperren kann.

Ist die B1 beim Land eigentlich schon budgetiert?
Eine Unterflurtrasse ist überhaupt nicht budgetiert, da gilt das Verursacherprinzip. Aber Marchtrenk ist ja eine vermögende Gemeinde und wenn sie teure Lösungen möchte, wird sie diese wahrscheinlich auch finanzieren. Aber zuerst müssen wir wissen, wie wir den Bauphasenplan aufrecht erhalten und ob es möglich ist.

Also für die Pendler heißt das zusammengefasst: Auf Sicht fahren noch nicht die Bagger auf?

Weil die Gemeinde Marchtrenk der ursprünglichen Führung nicht zugestimmt hat, gab es eine Trennung des Projekts zwischen Marchtrenk und Hörsching. In Hörsching hat das UVP-Verfahren bereits stattgefunden, da warten wir jetzt auf den Bescheid und sobald dieser rechtskräftig ist, gibt es den Start und wir bauen bei der B1 weiter. Es ist ganz wichtig, dass wir die B1 so schnell wie möglich ausbauen, und ich bedauere, dass die Stadtgemeinde Marchtrenk von ihrem ursprünglichen Nebenwegekonzept abgegangen ist und wir jetzt alles neu zu bearbeiten haben. Und wenn alles fertig ist, leiten wir das Verfahren ein – aber zuerst bedarf es eines Konsenses.
Wir reden übrigens immer von der Verbreiterung der Umfahrung der Gemeinde Marchtrenk – die ursprüngliche B1 ging ja durch den Ort. Wir reden immer von einem vierspurigen Ausbau der Umfahrungsstrecke. Und da frage ich mich schon, warum man eine Umfahrung derart zubaut, dass man am Ende des Tages eine Unterflurstrecke haben möchte, obwohl das eigentlich die Umfahrungsstrecke ist. Und man fragt sich, was die Raumordnung hier veranlasst und dem Steuerzahler zumutet.

Also wäre bei der Raumordnung gesetzlich was zu tun?
Da gibt es viele Dinge, die sich in der Geschichte bedauerlicherweise so negativ entwickelt haben und die jetzt gerade im Verkehrsbereich aufschlagen. Man braucht nur einmal über OÖ und über Bayern darüberschauen, dann weiß man, welche Probleme wir in der Infrastruktur, in der Versorgung und insbesondere im Verkehr haben. Wenn überall nur drei Häuser stehen, wie soll man die mit öffentlichem Verkehr und Bussen bedienen?

Hat sich das Ende von Schwarz-Blau im Bund eigentlich auf Verkehrsprojekte in OÖ ausgewirkt? Der direkte Draht zu Norbert Hofer war ja wahrscheinlich dementsprechend einfach.
Ich kenne Verkehrsminister Andreas Reichhardt bereits sehr lange und wir sind natürlich in Kontakt. Wesentlich sind für uns drei Bereiche: Der Infrastrukturvertrag mit den ÖBB, der Verkehrsdienstevertrag und die viel diskutierte Nahverkehrsmilliarde, die kommen muss. Man war sich da ja schon weitgehend einig – es hat Graz, Innsbruck und Linz betroffen. Die Stadt Wien hat eine Sonderfinanzierung der U-Bahn, schon viele Jahre.
Jetzt wäre diese Milliarde für die stadtübergreifenden Regionalverkehre bestimmt gewesen. Wenn man Klimaschutz ernst nimmt, könnte das demnächst beschlossen werden.


Das wären dann 300 Millionen Euro – je für Graz, Innsbruck und Linz?
Es brächte eine Mitfinanzierung der Projekte, die wir haben. Wenn der Bund 50 Prozent mitzahlt, tun wir uns natürlich ordentlich leichter. Denn warum nur Wien – warum nicht auch bei uns? Wir sind ja voller Freude und wollen genau so den CO2-Ausstoß reduzieren und das Klima schützen.

Aber müsste man da nicht als Erstes den 140-er auf der Westautobahn wieder zurücknehmen, wenn man das Klima schützen und den CO2-Ausstoß verringern möchte?
Da können wir lange darüber philosophieren, welche Auswirkungen das hat. Wenn es negative Auswirkungen hat, dann gibt es eh eine Evaluierung des Projektes. Wir reden ja da von Fahrzeugen, die schon ganz anders getaktet sind und der Ausstoß so was von minimal ist. Im Übrigen ist bei den Luftmessungen auf der Westautobahn bis jetzt keine mir bekannte Verschlechterung aufgetreten.

Themenwechsel: Wäre es für Sie denkbar, als Minister in eine neue schwarz-blaue Regierung zu wechseln?

Nein!

Definitiv?
Definitiv nein! Ich habe in OÖ eine Riesenaufgabe und es macht mir Spaß. Alles das, was wir jetzt auf die Schiene oder Straße stellen, möchte ich auch noch vollenden.

Also, Sie wollen noch einige Jahre arbeiten?
Ich bin jetzt 57 und arbeite bis 65 (lacht).

Glauben Sie noch mal an Schwarz-Blau im Bund?
Mir fehlt die Fantasie, welche Inhalte die anderen zusammenbringen würden. Schwarz-Grün wird sich nicht ausgehen und Schwarz-Neos-Grün wäre sicherlich eine wesentliche Wahlunterstützung für die nächste Landtagswahl in OÖ.
Aber wenn ich an das Land denke, hat die schwarz-blaue Regierung viel weitergebracht und ich denke, dass die Menschen sehr zufrieden waren. Deshalb gehe ich davon aus, dass nicht Urlaubsaufenthalte von Einzelnen entscheidend sind für die Weiterentwicklung der Republik.

Darf HC Strache aus Ihrer Sicht irgendwann wieder politisch tätig werden?
Bundespolitisch glaube ich, dass es vorbei ist. Ob er kommunalpolitisch tätig wird, kann ich nicht beurteilen. Bei solchen Fehlern ist man schockiert, kein Thema. Aber ich kann auch den Stab nicht für alle Zeiten brechen – das würde ich nicht sagen.

Ist das Vertrauen noch da, mit der ÖVP in eine Regierung zu gehen? Man hätte ja die FPÖ quasi gezwungen, Innenminister Herbert Kickl fallen zu lassen, woran dann die Regierung zerbrochen ist.

Wenn alle Ehen aufgelöst würden, in denen ein Vertrauensmissbrauch passiert ist, hätten wir viele Scheidungskinder mit großen Problemen.

Interview: Thomas Winkler, Thomas Kramesberger

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