Schulassistenz
Neuvergabe von Stunden belasten Familien im Burgenland
Im Burgenland sorgt die Neuvergabe bei Schulassistenzstunden für Kinder mit besonderem Förderbedarf für Unmut. Zwei betroffene Mütter und eine gekündigte Schulassistenz berichten von Herausforderungen im Schulalltag und fordern mehr Unterstützung. Auch auf politischer Ebene wird die Debatte hitzig geführt.
LOCKENHAUS/JENNERSDORF. Marion Schoberwalter aus Lockenhaus ist Mutter zweier Söhne mit Autismus und ADHS. Für ihren älteren Sohn, der ab Herbst die dritte Klasse einer Mittelschule besucht, wurde die bisherige Schulassistenz wegen Stundenkürzungen gekündigt. „Gerade Kinder im Autismus-Spektrum brauchen eine konstante Bezugsperson“, sagt sie. Ihr Sohn habe eine enge Bindung zur bisherigen Assistenz aufgebaut – eine neue Kraft, die nun mehrere Klassen betreuen soll, könne das nicht ersetzen.
Eine weitere betroffene Mutter aus dem Südburgenland, die anonym bleiben möchte, berichtet von halbierten Assistenzstunden für ihren Sohn mit erhöhtem IQ im Autismus-Spektrum. Wichtige schulische Aktivitäten wie Ausflüge seien dadurch kaum mehr möglich. Ihr Sohn brauche laut Lehrerinnen und Lehrern und Therapeutinnen und Therapeuten eine enge Begleitung, um den Schulalltag zu bewältigen und soziale Kontakte zu knüpfen. „Ohne Unterstützung folge Überforderung und Isolation“, warnt sie.
Beide Mütter fordern die Rücknahme der Kürzungen sowie eine transparente und bedarfsgerechte Vergabe der Schulassistenzstunden.
Frust bei Schulassistenzen
Auch eine betroffene Schulassistentin übt Kritik. Sie musste im Vorjahr eine vom Land finanzierte Ausbildung absolvieren und wurde nun gekündigt. „Das ergibt für mich keinen Sinn. Erst investieren, dann kündigen – das ist Geldverschwendung,“ so die ehemalige Schulassistenz. Eine Umschulung in die Pflege die ihr angeboten wurde, sei für sie keine Alternative.
In ihrer Schule seien zwei Assistenzen entlassen worden, ebenso an der dazugehörigen Volksschule. „Ohne Einbindung der Eltern oder der Kinder“, so die Frau. Für viele Kinder bedeute der Verlust der vertrauten Bezugsperson einen emotionalen Rückschritt. „Ich wusste oft nur durch einen Blick, was mein Schützling braucht. Den Kindern wird die Unterstützung genommen, sie werden behandelt wie Versuchskaninchen.“
Auch die neu eingeführte Begutachtung durch eine klinische Psychologin sieht sie kritisch: Diese habe sich nur fünf Minuten in die betroffene Klasse gesetzt und am Laptop Notizen gemacht. „Ein Kind kann man nicht in fünf Minuten beurteilen."

- Durch die Umstrukturierung der Schulassistenz ergeben sich neue Rahmenbedingungen für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf.
- Foto: Pixabay (Symbolbild)
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Politische Kontroverse
Die FPÖ reagiert scharf auf die Umstrukturierung. Bildungssprecherin Michelle Whitfield spricht von einer massiven Kürzung „auf dem Rücken der Schwächsten“. Das Budget sei um ein Drittel reduziert worden – „und trotzdem redet man von Fortschritt“, kritisiert sie. Durch die zentrale Vergabe der Stunden durch Sozialbereich und Bildungsdirektion drohe weniger Mitsprache, mehr Intransparenz und verzögerte Hilfe. Die Empfehlung an Assistenzen, sich beruflich umzuorientieren, bezeichnet sie als „kalten Rausschmiss“. Sie fordert eine sofortige Rücknahme der Kürzungen und stattdessen eine bedarfsgerechte Ausweitung.
Land verteidigt Reformen
Soziallandesrat Leonhard Schneemann (SPÖ) weist die Kritik zurück. Die Schulassistenz sei ein freiwilliges, vom Land finanziertes Unterstützungssystem und habe seit der Übernahme 2022/23 durch das Land Burgenland gezielt weiterentwickelt werden können. Die zuvor zuständige Organisation „Rettet das Kind“ habe die Übergabe selbst begrüßt, da ihr die Steuerungsverantwortung fehlte.
Seit 2024 sorgt eine klinische Psychologin für die individuelle Begutachtung jedes Kindes direkt an den Schulen. Ziel sei eine passgenaue Unterstützung – nicht nur durch Schulassistenz, sondern auch durch andere Maßnahmen. Deswegen sei der enge Austausch mit der Bildungsdirektion essentiell. Die Bildungsdirektion könne das Stundenkontingent flexibel vergeben, je nach aktuellem Bedarf vor Ort.
In Sonderschulen nehme das Burgenland laut Schneemann eine Vorreiterrolle ein: Für alle Schulformen – auch ASOs – stünden umfangreiche Unterstützungsstunden zur Verfügung. Die Einteilung erfolge praxisnah an den Standorten. Die Schulassistenz sei dabei nur ein Teil eines umfassenden Unterstützungssystems. Schneemann betont: „Kein Kind im Burgenland darf vom Schulbesuch ausgeschlossen werden, nur weil es keine Schulassistenz hat.“

- Aktuell gibt es in mehreren Bundesländern Petitionen zur künftigen Ausgestaltung der Schulassistenz.
- Foto: Pixabay
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Petitionen in mehreren Bundesländern
Die Diskussion um Schulassistenz bleibt weiterhin präsent. Aktuell kursieren mehrere Petitionen von Eltern, Lehrkräften und Schulen gegen die Einsparungen – im Burgenland ebenso wie in Oberösterreich und Vorarlberg. Die zentrale Forderung: Eine flächendeckende, individuell abgestimmte Unterstützung für Kinder mit Förderbedarf – und eine Stimme für jene, die sie dringend brauchen.
Zur Petition im Burgenland
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