Hilfe für Ukraine
Über 600 Flüchtlinge mit Bussen aus der Ukraine geholt
Wolfgang Werderits und sein Team brachten fast 700 ukrainische Flüchtlinge ins Burgenland. Im exklusiven RegionalMedien Burgenland-Interview berichtet der Rotenturmer darüber.
ROTENTURM. Wolfgang Werderits ist Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Burgenland GmbH und für den Südburgenlandbus verantwortlich.
Zuletzt war er mehrmals mit Bussen an der Slowakisch-Ukrainischen Grenze, um Flüchtlinge ins Burgenland zu holen. Im Gespräch mit den RegionalMedien Burgenland berichtet er über die Erlebnisse.
RegionalMedien Burgenland: Seit wann gibt es den Südburgenlandbus und wie viele Linien gibt es?
Wolfgang Werderits: Wir haben diesen am 1. Dezember initiiert und am 10. Jänner 2021 ging er in Betrieb mit drei Linien. Mittlerweile haben wir acht, wobei die Linie B8 von Bernstein nach Kirchschlag nur wie ein Ruftaxi funktioniert und bei Bedarf aktiviert wird. Wir fahren achtmal pro Tag und bringen viele Pendler nach Graz und retour. Es gibt aber auch eine Aufwertung der lokalen Verbindungen.
Wie werden die Linien angenommen?
Insgesamt wird das Angebot gut frequentiert. Wir befördern pro Woche etwa 700 Personen lokal und nach Graz. Besonders gut laufen die Linien B1 von Moschendorf nach Graz und B2 von Bad Tatzmannsdorf nach Graz. Auch die Linien B3 von Stegersbach nach Rudersdorf, sowie B7 von Güssing nach Eltendorf werden gut angenommen. Die anderen - wie die B4 von Pinkafeld nach Markt Allhau ist noch ausbaufähig. Wichtig ist beim Projekt, dass die Hauptverbindungen laufen und die laufen wirklich gut. Die lokalen Fahrten kommen gut an und werden immer besser angenommen.
Wie viele Mitarbeiter habt Ihr aktuell?
Momentan verfügen wir über 22 Chauffeure, die aber auch abseits der Linien mit kleinen Fahrzeugen Fahrten übernehmen.
Ist ein weiterer Ausbau geplant?
Ja, mit der Gesamtverkehrsstrategie wird ein neues Verkehrskonzept fürs Südburgenland entwickelt und dabei soll einerseits der lokale Verkehr verbessert werden, aber auch neue Achsen vom Landessüden nach Eisenstadt entstehen. Mit der Umsetzung soll bereits Anfang 2023 begonnen werden.
Kommen wir nun zu eurem Einsatz in der Ukraine-Hilfe. Wie viele Flüchtlinge habt ihr mit den Bussen ins Land geholt?
Es gab dafür einen Direktauftrag vom Landeshauptmann, der sich auch persönlich von der Lage in Uschhorod überzeugte. Wir haben mehrere Fahrten mit 15 Fahrzeugen unternommen und insgesamt etwa 625 Vertriebene direkt von dort ins Burgenland geholt. Zuletzt brachten wir auch knapp 60 Frauen und Kinder von Wien ins Burgenland.
Kommen da vorwiegend Frauen und Kinder?
Ja, wir haben fast ausschließlich Frauen und Kinder mitgenommen. Natürlich waren auch einige Omas und ältere Männer dabei. Es ist aber zu 2015 ein deutlicher Unterschied. Männliche Jugendliche sind kaum unter den Flüchtenden.
Wo werden die Flüchtlinge untergebracht?
Die meisten kommen in Privatquartiere, bei Leuten die dies online eingemeldet haben. Die Aufteilung erfolgt fair und es haben sich auch viele Personen aus dem Südburgenland gemeldet. Aufgrund der größeren Gemeinden im Norden gibt es dort mehr Möglichkeiten für eine Unterbringung, dennoch wurden viele auch hier bei uns untergebracht. Beispielsweise hat die OSG in mehreren Gemeinden Wohnungen bereitgestellt, aber auch Familie Petschinger oder Loranth in Rotenturm, Andreas Bencsics in Schandorf oder Sascha Fleischhacker in Oberwart haben Familien aufgenommen. Insbesondere sind es auch kroatischsprachige Gemeinden, die sich engagieren. Das Burgenland ist zwar nur ein kleines Land, aber mit einem großen Herz.
Wie lief der Transport ins Burgenland ab?
Wir haben mit einem ukrainischen Pfarrer zusammengearbeitet, der die Menschen auf die Flucht vorbereitete. Er sagte den Ankommenden, da stehen Busse mit der Sonne drauf, die bringen euch ins Burgenland. Dort sollt ihr einsteigen. Man muss sich vorstellen, die Leute haben noch nie vom Burgenland gehört, aber die Sonne war für sie wie ein Symbol der Freiheit. Es ging dann von Ushgorod etwa acht Stunden bis Nickelsdorf, dort wurden die Daten aufgenommen und das dauerte etwa zwei Stunden. Danach wurden die Frauen und Kinder in die Quartiere gebracht, wo sie oft erst um zwei oder drei Uhr in der Früh ankamen.
Wie war die Situation vor Ort?
Vorort waren die Hilfsorganisationen sehr gut organisiert. Die Menschen kamen zu Fuß oder mit alten Autos über die Grenze. Auch die Grenzpolizei hat uns immens geholfen. Da war ein großes Miteinander der Hilfskräfte aus der Slowakei, Ukraine und den vielen Freiwilligen. Ich habe auch einige Lkws gesehen, die mit Hilfsgütern aus dem Burgenland bestückt waren. Diese waren entsprechend gekennzeichnet. Darum kann ich auch sagen, dass die Spenden und Hilfsgüter dort ankommen, wo sie sollen.
Wie haben Sie die Flüchtlinge wahrgenommen?
Sie sprechen nur wenig Englisch, also war eine Kommunikation kaum möglich. Sie haben unseren Bus mit der Sonne gesehen und sind eingestiegen. Da waren Frauen mit einem Sackerl und einem kleinen Koffer in der einen Hand und die Kinder in der anderen. Manche haben auch ihren Hund mitgenommen. Es war eine große Freude spürbar, als sie bei uns im Bus saßen - ohne wirklich zu wissen, wohin sie kommen. Sie wussten nur, sie kommen weg vom Krieg. Da war auch ohne Worte seine große Dankbarbeit und Anteilnahme spürbar. Es war richtig bewegend und kann auch nicht sagen, dass irgendein Flüchtling irgendwie ungut war. Im Bus selbst waren wir wie ein "reisendes Wirtshaus". Viele wechselten die Windeln der Kinder, aber ich muss sagen, so sauber wie beim Verlassen der Flüchtlinge war der Bus kaum bei anderen Fahrten. Das war ebenfalls beeindruckend!
Wie wurden die Flüchtlinge aufgenommen?
Man stelle sich einfach die Situation vor. Es läutet um drei Uhr früh an der Tür und da stehen dann drei oder vier völlig Fremde auf der Schwelle. Die Flüchtlinge waren total müde und geistig sowie körperlich fertig. Die Schrecken des Krieges zeichnen ihre Gesichter, wobei aufgrund der Sprachbarriere ich nicht wirklich deren Geschichten kenne. Die Leute haben geweint und sich umarmt. Das waren unglaubliche Momente, die nur schwer beschreibbar sind. Da kamen sogar auch uns Chauffeuren mitunter die Tränen. Die Aufnahme jedenfalls war durchwegs herzlich. Das spiegelt auch den Charakter der Burgenländer wieder.
Wie habt ihr die Fahrten durchführen können?
Wir haben die Chauffeure gefragt und es war sofort alle bereit, freiwillig mitzumachen. Einige sind sogar öfter gefahren. Die Hilfsbereitschaft ist enorm. Aktuell sind die Direktfahrten ausgesetzt, aber es gibt weitere Gespräche, darum könnte es doch noch weitere Fahrten in die Ukraine geben.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.