„Orte des Gedenkens“ in Saalfelden: Erinnern im öffentlichen Raum

- hochgeladen von Pascal Dillinger
"Orte des Gedenkens": Erinnern im öffentlichen Raum thematisiert den Widerstand gegen das NS-Regime.
SAALFELDEN. Am ersten sonnigen Tag dieser Woche konnte am Samstag um 16:00 Uhr im Park von Saalfelden die Auftaktveranstaltung für das Projekt „Orte des Gedenkens“ abgehalten werden. Im Zentrum steht die Verschränkung von historischer Forschung, künstlerischer Auseinandersetzung und pädagogischer Vermittlung. Thematisiert wird insbesondere der Widerstand gegen das NS-Regime – mit Fokus auf mutige Einzelpersonen, die sich trotz Gefahr für Leib und Leben widersetzten.
Hauptverantwortlich für das Projekt zeichnen sich Hildegard Fraueneder, Albert Lichtblau und Robert Obermaier. Über ein Jahr hinweg wird Saalfelden so zu einem Erinnerungsort für den sozialdemokratischen und insbesondere den Widerstand von Eisenbahnern gegen das NS-Regime.
Zentrales Element ist das Kunstprojekt „Der kürzeste Weg“, konzipiert von Rosa Andrascheck und Simon Nagy. An sechs Audiostationen im öffentlichen Raum werden Erinnerungen hörbar gemacht. Fünf davon enthalten Originalaufnahmen aus einem Interview mit dem Widerstandskämpfer Karl Reinthaler. Die Inhalte beziehen sich – mit einer Ausnahme – stets auf den jeweiligen Standort der Station. So erzählt Reinthaler etwa bei der Hörstation am Brückenwirt über den Kiosk neben der Nepomukkapelle, dessen Besitzerin er einst heimlich finanziell unterstützt hatte.
Die Hörstation im Park stellt eine Besonderheit dar: Sie ist jenen Eisenbahnern gewidmet, die ebenfalls für ihren Widerstand verurteilt wurden und sich nach dem Krieg regelmäßig mit Reinthaler im Park zum Spaziergang trafen. Da es von diesen Weggefährten keine Tonaufnahmen gibt, ertönt hier ein Musikstück des Komponisten und Bassisten Lukas Kranzelbinder.
Die Audiostationen werden durch Bewegungsmelder aktiviert. Zusätzlich wurden von den Künstler*innen begleitende Texte verfasst, die die Erzählungen in einen breiteren historischen Kontext stellen. Beim gemeinsamen Rundgang erklärten sie, dass diese Texte bewusst auch Täterwissen thematisieren – um Österreich als Täterland sichtbar zu machen. Sämtliche Stationen und Texte sind auf einem Faltplan verzeichnet.
Der Titel „Der kürzeste Weg“ geht auf ein Originalzitat Reinthalers zurück. Als er nach seiner Verhaftung gefragt wurde, welcher der kürzeste Weg in die Stadt sei, nannte er den Promenadenweg entlang der Urslau. Trotz tiefem Schnee und beschwerlichem Vorankommen blieb er bei seiner Aussage – der Weg sei 17 Schritte kürzer als die geräumte Straße. Die begleitenden NS-Männer verstanden den Hohn – Reinthaler kassierte eine Ohrfeige.
Der große Andrang zur Auftaktveranstaltung zeigt: Das Interesse an der Erinnerungskultur ist ungebrochen. Die Projektverantwortlichen sehen sich in ihrem Anliegen bestätigt – es ist wichtig, all jenen zu gedenken, die sich dem NS-Regime mutig entgegengestellt und das Wohl anderer über ihr eigenes gestellt haben.



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