Traditionswirtshäuser im Bezirk Ried
In ihnen fließt das "Gastwirtsblut"
Sie sind ein Stück Dorfgeschichte und haben teils Jahrhunderte überdauert. Heute hat's die Branche schwerer denn je. Hier eine Vorstellung von Traditionswirtshäusern im Bezirk Ried.
BEZIRK RIED. In ihnen fließt das "Gastwirtsblut", wie die Familie es formuliert. Franz und Sigrid Schachinger haben 1997 den Gasthof zum Mitterhofer in Waldzell übernommen. Sie führen die Gaststätte, die von der Wirtschaftskammer bereits als Traditionsbetrieb geehrt wurde, in vierter Generation. Aber auch schon vor den Schachingers war das Mitterhofergut ein Wirtshaus. Die erste Erwähnung stammt aus dem Jahre 1709, wie in der Wirtshauschronik zu lesen ist.
Standen früher in einem Gasthaus noch Stammtischrunden und das Trinken im Vordergrund, so ist jetzt das Essen das Wichtigste, sagt Franz Schachinger. "Man muss die Speisekarte an die Bedürfnisse der Gäste anpassen. Nicht mehr nur Hausmannskost, auch leichte Gerichte sind immer mehr gefragt." Ähnlich sieht das Johann Salzberger, Wirt im Hofwirtshaus in St. Martin, mit seinen 497 Jahren das älteste Gasthaus im Bezirk Ried. "Man muss flexibel sein und sich an den Gast anpassen. Deshalb nennen wir uns Gasthaus, nicht Wirtshaus – bei uns schafft der Gast an, nicht der Wirt", erklärt er mit einem Schmunzeln.
"In andere Zeit versetzt"
Aber was schätzen die Besucher an einem Traditionsgasthaus besonders? "Das urige Ambiente", ist sich Franz Schachinger sicher. "Die Leute fühlen sich in eine andere Zeit zurückversetzt." Und auch Salzberger sagt: "Die Gemäuer haben eine Geschichte und die Leute eine besondere Verbindung zu dem Haus. Zahlreiche Generationen von St. Martiner Familien gingen hier ein und aus."
Auch Christian Träger, Wirt im Braugasthof Träger in Ried, will den Charme des Traditionellen aufrechterhalten. "In Küche und Service muss man mit der Zeit gehen. Bei der Einrichtung aber hat sich nicht viel verändert. Das schätzen die Leute." Träger leitet das Wirtshaus mit seiner Frau Ramona in vierter Generation. Sein Urgroßvater hat 1933 die erste oberösterreichische Weißbierbrauerei gegründet.
"Qualität ist im Wirtshaus genauso wichtig wie im Restaurant"
Und was muss ein Gastrobetrieb mitbringen, um heute noch erfolgreich zu sein, wenn rundherum vom Wirtshaussterben die Rede ist? Darauf hat Sybille Schlöglmann eine Antwort. Gemeinsam mit ihrem Mann Florian übernahm sie mit erst 22 Jahren den Familienbetrieb, den Wirt z' Kraxenberg, in Kirchheim im Innkreis. "Eine Mischung aus Tradition und Moderne ist der Weg zum Erfolg", sagt sie. "Ebenso gehört ein gewisser Mut dazu, neue Wege zu gehen." Qualität in Küche und Service müsse oberste Priorität haben – "Qualität ist im Wirtshaus genauso wichtig wie im Restaurant", ist sie überzeugt. Die Gaststätte in Kirchheim gibt es seit 1892. Die Schlöglmanns führen sie in fünfter Generation.
Heutzutage haben Gastronomen mit immer mehr Herausforderungen zu kämpfen. Eine der größten ist der Fachpersonalmangel, wie Franz Schachinger aus Waldzell sagt. "Besonders jetzt in der Krise haben sich viele eine andere Arbeit gesucht. Aushilfskräfte sind schwer zu finden." Und auch Sybille Schlöglmann nennt den Personalmangel das größte Problem für Gastronomen. "Dagegen muss man mit attraktiven Arbeitszeiten und entsprechender Belohnung wirken", ist sie überzeugt. Der Wirt z' Kraxenberg hat daher am Sonntag geschlossen. "Diesen Tag haben wir für unsere Familie und unser Personal geopfert", sagt Schlöglmann.
Kommentar zum Thema von Kathrin Schwendinger:
Registrierkasse, Rauchverbot, Allergen-Verordnung, Personalmangel, Corona-Lockdown. Womit sich Wirtsleute heutzutage herumschlagen müssen, wäre ihren Vorgängern vor hundert Jahren noch nicht einmal in den Sinn gekommen. Und noch dazu werden an die Branche hohe Ansprüche gestellt. Traditionell soll ein Gasthaus sein und trotzdem zeitgemäß. Die Speisekarte regional und trotzdem exotisch und ausgefallen. Die Tradition bewahren und die Zukunft im Blick haben. Hut ab vor allen Gastronomen, die das schaffen und ihre Traditionsbetriebe damit am Leben halten. Die Schachingers in Waldzell etwa haben es wohl tatsächlich im Blut. Schon die Urgroßeltern des heutigen Wirts verewigten folgenden Spruch an der Saalwand: "Lasset uns am Alten – so es gut ist – halten. Doch auf altem Grund Neues wirken zu jeder Stund."
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