Bürger aus Wegleiten klagen
"Wir sind von Ried total abgeschnitten!"
RIED (wie). Seit die Fußgängerbrücke über die Gleise beim Bahnhof Ried 2018 gesperrt und 2019 abgerissen wurde, müssen die rund 500 Bewohner der südlichen Stadtteile einen breiten Umweg machen, um zum Bahnhof oder in die Stadt zu gelangen. "Der Weg dauert viel länger und birgt auch viele Gefahren. Die Straße entlang der Gleise, die der ÖBB gehört, hat keinen Gehsteig, ist schmal und nicht beleuchtet. Anschließend müssen wir die Eberschwanger Straße überqueren – ohne Schutzweg. Besonders gefährlich ist es, wenn der Verkehrsspiegel zugefroren ist und man kaum sieht, ob ein Fahrzeug kommt", so Anrainer Dieter Haigner. Eine große Hürde stellt auch die Bahnunterführung dar – vor allem für Mütter. Der Gehsteig ist hier so schmal, dass man mit einem Kinderwagen nicht durchkommt. Als Konsequenz fahren zahlreiche Bewohner nur mehr mit dem Auto nach Ried. "Der Umweg ist mir zu weit und zu riskant", so Anna Zauner. Wenn ihr Kind nächstes Jahr in die Schule kommt, wird auch die besorgte Mutter Sandra Donath auf das Auto setzen. "Die Situation ist zu unsicher. Ich werde mein Kind in die Schule fahren müssen!"
Zu gefährlichen Situationen ist es nicht nur beim Umweg gekommen, sondern auch direkt an den Gleisen, wie ein ÖBB-Mitarbeiter berichtet. "Ich beobachte täglich, wie Erwachsene und auch Kinder die Gleise überqueren. Sie klettern sogar zwischen den Waggons durch. Wahrscheinlich muss erst was passieren, bevor man reagiert. Eine Zwischenlösung wäre eine Behelfsbrücke."
Warum der Abriss?
Laut einer bautechnischen Untersuchung war das gefahrlose Betreten 2018 nicht mehr gewährleistet. Eine Erklärung haben Günter Göbhart und David Jobst: "Früher hatte das ÖBB-Personal den Steg selber gewartet. Nach Personalkürzungen wurde die Wartung an den Maschinenring vergeben. Dieser hat im Winterdienst kübelweise Salz auf die Fußgängerbrücke gekippt, bis sie rostig wurde." Stefan Bäck, Geschäftsführer des Maschinenrings Ried, sagt dazu: "Wir haben den Auftrag abgearbeitet, wie von der ÖBB beauftragt: den Steg schnee- und eisfrei zu halten, mit Salz oder Split. Ich glaube kaum, dass wir Schuld sind, dass der Steg abgerissen wurde. Es liegt auf meinem Schreibtisch auch kein einziger Schadensfall bezüglich der Brücke. Ich denke, das hat andere Gründe." Auf eine besondere Kuriosität macht Anrainer Karl Wimeder aufmerksam: "Die Brücke wurde in gesperrtem Zustand über Monate hinweg noch stehen gelassen. Die Fußgänger durften nicht mehr oben drüber gehen, aber die Züge unten durch fahren!"
Stadt Ried kann – vorerst – nicht auf ÖBB zählen
"Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung für die Fußgängerbrücke, können diese aber nicht so einfach aus dem Ärmel schütteln", so Rieds Bürgermeister Albert Ortig. In der Frage – Unterführung oder Brücke – gehe der Trend eindeutig Richtung Brücke. "Diese soll pfeilerlos und dank Spindelaufzug und Rampe barrierefrei neben dem Spielplatz in Wegleiten errichtet werden", so Ortig. Die Realisierung der Brücke sei auch nicht an den Neubau des Bahnhofs gekoppelt: "Wir haben es nicht in der Hand, ob der Bahnhof 2025 erneuert wird und wollen auch nicht bis 2025 warten!" Seitens der ÖBB schaut die Lage momentan völlig anders aus, wie der Pressesprecher für Oberösterreich, Karl Leitner, mitteilt. "Nein, eine neue Fußgängerbrücke ist nicht vorgesehen." Bezüglich Behelfsbrücke sagt er: "Diese Möglichkeit wurde seitens ÖBB nicht untersucht. Die lange Stützweite – zwischen den Gleisen könnten keine Stützen errichtet werden – ist eine technische Herausforderung und macht eine Konstruktion extrem teuer." Hinsichtlich Verbesserungen am Umweg durch Gehsteig oder Beleuchtung sagt Leitner: "Es handelt sich hier um eine nicht öffentliche Bahnanlage – ein „fehlender“ Gehsteig und eine "fehlende" Beleuchtung deuten darauf hin. Das Betreten von nicht öffentlichen Bahnanlagen ist verboten!"
Zur Sache:
- Der Fußgänger-Übergang wurde 1906 von der ÖBB errichtet. Damals führte die Bahnhofstraße aus der Stadt direkt über die Gleise. Es ereigneten sich zahlreiche Unglücksfälle, da einige Fußgänger die Bahngleise unvorsichtig überquerten. Die Familie von Anrainer Heinz Stürzlinger, die direkt nebenan wohnte, war damals Zeuge dieser Unfälle. Aufgrund der Initiative eines Familienmitglieds, das bei der Landesregierung beschäftigt war, wurde der Übergang errichtet.
- Der Steg wurde im September 2018 gesperrt und im Oktober 2019 aufgrund bautechnischer Mängel abgerissen.
- Der dadurch entstandene Umweg beträgt 710 Meter von Punkt zu Punkt.
- Die Wartung im Winter führte früher das ÖBB-Personal durch. Nach Personalkürzungen wurde diese Aufgabe an den Maschinenring übergeben.
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