Neonazis im Netz: Anzeigen häufen sich

- Propaganda im Internet: Wiederbetätigung findet vermehrt online statt.
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Zu 25 Verfahren nach dem Verbotsgesetz kam es im Vorjahr am Landesgericht Ried. Tendenz steigend.
BEZIRK. "Das Innviertel und der Bezirk Ried sind traditionell ein guter Nährboden für rechtsextreme Aktivitäten", weiß Robert Eiter. Er ist Sprecher des OÖ Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus (Antifa) sowie Vorstandsmitglied des Mauthausen Komitees Österreich. Das habe zum Einen mit historischen Wurzeln, zum Anderen aber auch mit der Nähe zur bayerischen Szene, die mitunter weitaus militanter und besser organisiert ist, zu tun. Zu 25 Verfahren nach dem Verbotsgesetz kam es im Vorjahr am Landesgericht Ried. 2012 waren es 14. Eine Steigerung, die zwar auch auf mehr rechtsextreme Aktivitäten, vor allem aber auf erhöhte Sensibilität zurückzuführen ist. "Es kommt vermehrt auch zu Anzeigen von Privaten, die beim Surfen in Netz einschlägige Beobachtungen machen", erklärt Staatsanwältin Ernestine Heger vom Landesgericht Ried. Dafür wurde vom Verfassungsschutz eine eigene Meldestelle für NS-Wiederbetätigung eingerichtet.
Wiederbetätigung vermehrt im Netz
Wiederbetätigung finde immer mehr im Netz statt, zum Beispiel auf Facebook. Vor allem junge Erwachsene, die Neonazi-Symbole oder -Texte über Social Media veröffentlichen, landen häufig vor Gericht. "Strafbar nach dem Verbotsgesetz ist die Weitergabe von rechtsextremen Gedankengut – egal ob in Form von Symbolen, Liedern oder öffentlich zur Schau gestellten Tattoos", erklärt Heger. Der Strafrahmen liegt bei ein bis zehn Jahren. Im Falle besonderer Gefährlichkeit beträgt die Höchststrafe 20 Jahre. Auch heuer kam es bereits wieder zu einigen Anzeigen. "Es fällt jedoch schwer, das zu quantifizieren. Rechtsextremismus kann nicht nur an Straftaten festgemacht werden, es ist ein wesentlich breiteres Phänomen. Außerdem bin ich überzeugt, dass die Dunkelziffer weitaus höher ist", betont Eiter.
Kein Phänomen der Jugend
Vor allem unter Jugendlichen erfährt die rechte Szene einen Aufwind. "Rechtsextreme Bewegungen haben sich schon immer stark auf Jugendliche konzentriert. Sie sind noch leichter formbar und es besteht die Chance, dass sie für das Leben geprägt werden", erklärt der Experte. Er betont aber auch: "Rechtsextremismus ist kein Phänomen der Jugend. Die Szene reicht bis in die Mitte unserer Gesellschaft." Nicht selten lockt die rechtsextreme Szene neue Mitglieder auch über das Sprachrohr der Musik. Immer wieder kommt es zu Auftritten umstrittener Rockbands. "Wenn der Verdacht auf Wiederbetätigung besteht, sind wir gefordert", berichtet Bezirkshauptmann Franz Pumberger. Die Behörde ist verpflichtet, allen Hinweisen auf Wiederbetätigung nachzugehen und gegebenenfalls auch einzuschreiten. Oft finde Wiederbetätigung unter dem Deckmantel einer Musikveranstaltung statt, besonders verdächtig seien Rockkonzerte. "Wir versuchen natürlich, solchen Sachen vorzubeugen und sind auch gut mit den Gemeinden vernetzt, die bei Veranstaltungen bis zu 2000 Personen dafür zuständig sind", erklärt Pumberger.
"Zwei Dinge sind notwendig"
Die Antifa-Gesellschaft ruft Politik und Gesellschaft auf, aktiver zu werden und nicht länger wegzuschauen. "Zwei Dinge sind notwendig: Ein Bekenntnis von Land- und Bundespolitik, dass es ein Problem gibt. Der zweite Schritt wäre ein Maßnahmenpaket, das von demokratischen Parteien unter Einbezug von Polizei, Schulen und verschiedenen Institutionen geschnürt wird", erklärt Eiter. Wichtig sei, dass "Demokratie und Vernunft nicht auf der Strecke bleiben."
Meine vs. unsere Stadt Ried
Vor kurzem sorgte ein Hip Hop-Video türkischstämmiger Jugendlicher mit dem Titel "Meine Stadt Ried" für Aufsehen. Eine Diskussion über fehlende Integration auf der einen, Ausländerfeindlichkeit auf der anderen Seite war die Folge. "Nationalismus und Rechtsextremismus gibt es nicht nur unter Einheimischen, sondern auch unter Migranten – wie im Video zu sehen die Grauen Wölfe. Von den österreichischen Rechtsextremisten wurde das Video scheinbar mit Empörung, in Wirklichkeit aber mit großer Freude aufgenommen. So können die Feindbilder wechselseitig gepflegt werden", meint Eiter.
"Schöner leben ohne Nazis"
Anlässlich des Hitlergeburtstages ruft das Bündnis "braunau gegen rechts" zur traditionellen antifaschistischen Demo in Braunau auf. Unter dem Motto "Schöner leben ohne Nazis" treffen sich die Demonstranten am Samstag, dem 19. April, um 15 Uhr am Bahnhof in Braunau. Von dort aus bewegt sich der Tross durch das Stadtgebiet zur Abschlusskundgebung am Mahnstein gegen Faschismus vor dem Geburtshaus Hitlers.
M.u.T. leistet wichtige Aufklärungsarbeit
Im OÖ Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus ist auch der Verein M.u.T. – Menschlichkeit und Toleranz aus Ried. Um das Vergessen zu vermeiden, organisiert der Verein regelmäßig Vorträge und Veranstaltungen, mit Schwerpunkt Aufarbeitung der Jahre 1934 bis 1945. Am Donnerstag, 15. Mai, findet dazu um 20 Uhr im Franziskushaus ein Vortrag von Kurt Arrer über das Schicksal von drei Priestern aus dem Bezirk Ried, die dem Nationalsozialismus zum Opfer gefallen sind, statt.


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