Bakterien sind die unsichtbaren Krankheitserreger

Colibakterien sind im menschlichen Darm. Krankheitsauslösende Varianten können zu schweren Durchfällen oder Harnwegsinfekten führen. | Foto: Foto: fotolia/Kaulitzky
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BEZIRK. Sie sind nur Bruchteile von Millimetern groß und mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Und doch sind sie überall – die Bakterien. Obwohl die meisten für den Menschen völlig harmlos sind, gibt es doch Arten, die gefährliche, sogar tödliche Infektionen hervorrufen können, wenn sie nicht rechtzeitig bekämpft werden", erklärt Oberazt Peter Wöss vom Landes-Krankenhaus Rohrbach. Trotz so wirksamer Medikamente wie der Antibiotika ist die Zahl vieler bakterieller Erkrankungen in den letzten Jahren gestiegen, was nicht zuletzt auf die enorme Anpassungsfähigkeit dieser Organismen zurückzuführen ist.

"Jeder von uns beherbergt auf seiner Körperoberfläche einschließlich des Verdauungstrakts zehnmal mehr Bakterien als körpereigene Zellen. So sind die Colibakterien (Escherichia coli) ein Bestandteil der normalen Dickdarmflora. Sie finden hier ihre Lebensgrundlage, sind aber andererseits auch für ihren Wirt unverzichtbar, denn sie spielen als Vitaminbildner und beim Abbau der Kohlenhydrate und Eiweiße eine bedeutende Rolle", sagt Wöss. Im Darm ist Escherichia coli völlig harmlos, doch ist er der wichtigste Erreger von Harnwegsinfektionen. Normalerweise harmlose Bakterien können also zu Krankheitserregern werden, wenn sie in falsche Körperbereiche eindringen (fakultative Krankheitserreger). "Daneben gibt es aber auch Bakterien, die immer Krankheiten verursachen, wenn sie sich im Körper durchsetzen, zum Beispiel Salmonellen, der Erreger der Tuberkulose oder der Erreger der Diphtherie", erklärt der Mediziner. Der Mensch wird also von einer Vielzahl bakterieller Krankheitserreger bedroht. Von den grausamen Pestepidemien des Mittelalters, denen unzählige Menschen zum Opfer fielen, und den zahllosen Opfern der Tuberkulose und der Syphilis noch bis in unser Jahrhundert hinein wissen wir heute nur noch aus Überlieferungen. Auch können wir uns heute gar nicht mehr vorstellen, wie ohnmächtig der Mensch in früheren Zeiten diesen Infektionen gegenüberstand. "Lange hat es gedauert, bis man die Verbindung zwischen solchen Krankheiten und den Bakterien als ihre Verursacher erkannte", weiß Wöss.
So hilflos wir in früheren Zeiten bakteriellen Infektionen ausgesetzt waren, so erfolgreich gestaltete sich der Kampf gegen die mikroskopisch kleinen Krankheitserreger seit etwa der Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Einführung elementarer Hygiene-Regeln im Krankenhaus.

Eine Auswahl der wichtigsten bakteriellen Krankheitserreger zeigt die Bandbreite der von ihnen hervorgerufenen Erkrankungen:
Staphylokokken: Die Bakterienart Staphylococcus aureus ist der wichtigste Eitererreger und kommt überall auf der Haut vor. Auf gesunder Haut sind Staphylokokken harmlos, bei einer Gewebeschädigung können sie aber Abszesse oder schwere postoperative Wundentzündungen hervorrufen. Da sie auch auf der Mund- und Nasenschleimhaut vorhanden sind, können sie im Gefolge einer Virusinfektion Lungenentzündungen verursachen. Gelangen sie in größerer Zahl in den Blutstrom, können sie einen septischen Schock (gefährliches Absinken des Blutdrucks), eine infektiöse Arthritis, Knochenmarkentzündung oder bakterielle Herzinnenhautentzündung hervorrufen. Auch Lebensmittelvergiftungen durch Staphylokokken sind möglich.

Streptokokken: Hier ist vor allem Streptococcus pyogenes als Krankheitserreger bedeutend. Er wird u. a. durch Tröpfcheninfektion übertragen und verursacht Entzündungen des oberen Rachenraumes, Mittelohrentzündung und Scharlach sowie Infektionen der Haut. Als Folgeerkrankungen können rheumatisches Fieber, Nierenschädigung und Schädigung der Herzklappen auftreten.

Pneumokokken: Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Pneumokokken können Bronchitis, Lungenentzündung oder Hirnhautentzündung hervorrufen.

Mycoplasmen: Mycoplasma pneumoniae ist ein weltweit verbreiteter Erreger von Lungenentzündungen und anderen Infektionen der Atemwege. Die Übertragung erfolgt vor allem durch Tröpfcheninfektion.

Colibakterien: Hierbei handelt es sich genauer um Escherichia coli, ein Bakterium, das zur normalen Darmflora des Menschen gehört, unter schlechten hygienischen Bedingungen aber auch im Trinkwasser oder in Lebensmitteln vorkommt. Da es auch krankheitsauslösende Varianten gibt, kann es zu schweren choleraähnlichen Durchfallerkrankungen führen, wenn E. coli in den Körper gelangt. Außerdem ist E. coli der häufigste bakterielle Erreger von Harnweginfekten.

Salmonellen: Salmonellen sind die Haupterreger von Durchfallerkrankungen. Die wichtigsten Arten sind Salmonella typhi, der Erreger des Typhus, Salmonella paratyphi, der Erreger des Paratyphus, der sich in einem ganz ähnlichen Krankheitsbild äußert, und Salmonella enteritidis, die eine infektiöse Magen-Darmentzündung hervorruft. Die Infektion erfolgt über verunreinigte Lebensmittel.

Shigellen: Shigellen sind die Erreger der Bakterienruhr, einer weiteren schweren Durchfallerkrankung. Die Übertragung erfolgt auch hier über verunreinigtes Wasser und Lebensmittel. Unter schlechten hygienischen Bedingungen kann sich die Infektion epidemieartig ausbreiten.

Vibrio cholerae: Der Erreger der Cholera befällt den Dünndarm und führt zu wässrigem Durchfall. Die Übertragung erfolgt meist durch kontaminiertes Trinkwasser und rohes Fleisch.

Clostridium botulinum: Diese Bakterien gelangen in beschädigte Konserven und rufen eine Lebensmittelvergiftung mit Lähmungserscheinungen hervor.

Bordetella pertussis: Das Bakterium ist der Erreger des Keuchhustens, einer hoch ansteckenden Krankheit vor allem des Kindesalters. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion.

Corynebacterium diphtheriae: Das Bakterium ist der Erreger der Diphtherie. Die Übertragung erfolgt überwiegend durch Tröpfcheninfektion. Komplikationen in Form von Herz- und Nierenschädigungen sowie Kreislaufversagen und Reizleitungsstörungen können tödlich verlaufen. Durch aktive Schutzimpfung ist die Erkrankung in den Industrieländern zurückgedrängt worden.

Legionellen: Legionella pneumophila ist ein Krankheitserreger, der die Atemwege befällt. Sie verursacht auch die Legionärskrankheit.

Rickettsien: Die verschiedenen Arten der Rickettsien werden durch Milben, Läuse, Flöhe und Schildzecken übertragen und rufen verschiedene Krankheitsbilder hervor, wie Fleckfieber und Zeckenbissfieber.

Mycobakterien: Hierher gehören Mycobakterium tuberculosis, der Erreger der Tuberkulose, und Mycobakterium leprae, der Erreger der Lepra. Dank Impfung spielt die Tuberkulose in den Industrieländern heute keine Rolle mehr. Die Lepra hat zwar in Deutschland keine Bedeutung, doch gibt es weltweit schätzungsweise bis zu 20 Millionen Erkrankte. Allerdings ist der Erreger der Lepra nur wenig infektiös.

Clostridium tetani: Der Erreger des Wundstarrkrampfs (Tetanus) lebt in der Erde und kann über eine verschmutzte Wunde in den Körper gelangen. Die Infektion verläuft nicht selten tödlich, doch existiert eine wirksame Schutzimpfung.

Gonokokken: Gonokokken (Neisseria gonorrhoeae) sind die Erreger der häufigsten Geschlechtskrankheit, der Gonorrhoe, auch Tripper genannt.

Chlamydien: Diese Bakterien kommen in mehreren Arten und Unterarten vor, die u. a. eine Harnröhrenentzündung verursachen.

Borrelien: Borrelia burgdorferi wird durch den Biss von Zecken übertragen und verursacht die Lyme-Borreliose. Die Frühsymptome gleichen denen einer Grippe und werden daher oft nicht erkannt. Als Spätsymptome treten rheumatische Beschwerden mit Arthritis, Herzmuskelentzündung mit Reizleitungsstörungen sowie Hirnhautentzündung mit Beteiligung des peripheren Nervensystems auf.

Colibakterien sind im menschlichen Darm. Krankheitsauslösende Varianten können zu schweren Durchfällen oder Harnwegsinfekten führen. | Foto: Foto: fotolia/Kaulitzky
"Die meisten Bakterien sind für den Menschen völlig harmlos, aber es gibt Arten, die gefährliche, sogar tödliche Infektionen hervorrufen können", sagt Peter Wöss. | Foto: Foto: gespag

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