80 Jahre Kriegsende
Das Drama um fünf Peilsteiner zu Kriegsende 1945

Dieses Flugblatt der US-Truppen wurde zu Kriegsende 1945 verteilt. Es stammt aus dem Archiv von Hans Rödhammer aus Linz.  | Foto: Johann Baumgartner
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  • Dieses Flugblatt der US-Truppen wurde zu Kriegsende 1945 verteilt. Es stammt aus dem Archiv von Hans Rödhammer aus Linz.
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Kürzlich jährte sich zum 80. Mal der Todestag von fünf Peilsteinern, die zu Kriegsende 1945 ihr Leben lassen mussten, weil sie couragiert handelten. 

PEILSTEIN. Am Truppenübungsplatz in Treffling steht ein Mahnmal, das an jene fünf Peilsteiner erinnert, die am 28. April 1945 hingerichtet wurden. Gastwirt Josef Autengruber, Siebreifenerzeuger Karl Hartl, Glasermeister Karl Haider, Kaufmann Hans Hesch und Gemeindesekretär Max Innertsberger wurden zum Tode verurteilt und schließlich erschossen. Wenige Tage später war der Krieg zu Ende. 

Topothek hilft beim Erinnern

Wie sich die Geschichte – rund um die fünf mutigen Peilsteiner – genau zugetragen hat, darüber hat Konsulent Johann Baumgartner, der kürzlcih verstorben ist, Aufzeichnungen verfasst. Es ist in der Topothek Peilstein veröffentlicht. Wir bringen Auszüge daraus:

"In fieberhafter Eile wurden in den Apriltagen in den größeren Orten vom Volkssturm Straßensperren errichtet. Sie sollten den Feind in Oberdonau zum Stehen bringen. Dazu grub oder betonierte man beiderseits der Straße dicke Baumstämme senkrecht in die Erde, legte mehrere Blöcher quer über die Straße und füllte den Hohlraum mit Steinen und Erdreich. Anmerkung:  Im Zuge der Straßenerneuerungsarbeiten der B38 in der Ortsdurchfahrt wurden am 10. August 1992 bei Grabungsarbeiten in Höhe des alten Scheibelbergerhauses mehrere Betonklötze von einem Bagger ausgehoben, die von der 1945 vorbereiteten Panzersperre stammten.

Man wollte Beschuss verhindern

Für die Anrainer entstand eine unmittelbare Gefahr, da von vornherein anzunehmen war, dass diese Straßenhindernisse durch Artillerie- oder Panzerbeschuss beseitigt und damit die umliegenden Häuser auch zerstört würden. Diese Sorge um Haus und Heim, um Hab und Gutbtrieb einige Marktbewohner dazu, an eine rechtzeitige Beseitigung jener Sperren und damit an eine kampflose Übergabe des Marktes zu denken. Bereits am Nachmittag des 26. April kamen einige Peilsteiner, die ihre Häuser an der Straße nach Kollerschlag in der Nähe der Panzersperre hatten, dort zusammen, um sie zu beseitigen.

Erlaubnis vom Gemeinsekretär gefordert

Sie wandten sich an Gemeindesekretär Max Innertsberger, er solle ihnen die Erlaubnis dazu erteilen. Mit der Bemerkung, dass er das nicht kann, begab sich Innertsberger zu Bürgermeister Scheibelberger und Ortsgruppenleiter Richtsfeld, um sie um Erlaubnis zu fragen. In der Zwischenzeit schnitten Siebreifenerzeuger Karl Hartl, Gastwirt Josef Autengruber, Glasermeister Karl Haider, Wagnermeister Franz List, Kaufmann Hans Hesch und Tischlermeister Franz Märzinger einen in die Erde eingegrabenen Baum um, ein zweiter wurde angesägt. Als die Männer des Volkssturms von dieser Tätigkeit erfuhren, erschien Volkssturmführer Reisenbichler bei Franz Märzinger und verlangte die sofortige Wiederherstellung der Panzersperre. 

"Böses Nachspiel" angedroht

Der nun hinzugekommene Ortsgruppenleiter Johann Richtsfeld und Volkssturmführer Reisenbichler forderten die Bürger auf, den an der Panzersperre angerichteten Schaden sofort wieder gutzumachen, damit die Angelegenheit kein "böses Nachspiel" hätte. Die Sperre als solche wurde von jenen Bürgern sofort wieder intakt gesetzt. Tischlermeister Franz Märzinger erkannte rechtzeitig die Gefahr: "Manner, geh'n ma, es ist Zeit!" forderte er die anderen auf und entfernte sich. Er half bei den Wiederherstellungsarbeiten nicht mehr mit, sondern flüchtete zu seinen Verwandten nach Eschernhof (Märzinger, Eschernhof Nr. 16), anschließend nach Rutzersdorf, wo er sich beim Schneider Höglinger einen Tag aufhielt. Am nächsten Tag kehrte er nach Eschernhof zurück und erwartete beim Leitner, im Heu verborgen und von der Familie gut mit Nahrungsmitteln versorgt, das Kriegsende. 

Glockenläuten alarmierte Volkssturm

In den Abendstunden des 26. April (etwa 20 Uhr) begannen in Peilstein die Kirchenglocken zu läuten. Dies bedeutete Volkssturmalarm. Die Angehörigen des Volkssturms fanden sich bei den ihnen zugeteilten Panzersperren im Markt ein. Diese befanden sich beim Gasthaus Eckerstorfer (Peilstein Nr. 33), beim Gasthaus Post (Peilstein Nr. 6) und beim Gasthaus Autengruber (Peilstein Nr. 64). Als es hieß, die Amerikaner rücken von Breitenberg her an, wurde der Befehl zur Schließung der Sperre beim Gasthaus Post gegeben.

Der Gauleiter kam nach Peilstein

In der Nacht zum 27. April befand sich Gauleiter Eigruber in Ulrichsberg, um dort die getroffenen Verteidigungsmaßnahmen zu inspizieren. Von dem nachmittägigen Vorfall mit der Panzersperre in Peilstein wurde durch die führenden Nationalsozialisten des Marktes die Kreisleitung in Rohrbach verständigt. Nach seinem Aufenthalt in Ulrichsberg fuhr der Gauleiter über Schwarzenberg, Breitenberg, Wegscheid weiter nach Peilstein. Am 27. April um etwa 5 Uhr traf er mit seiner Begleitung, dem Kreisleiter von Rohrbach, Josef Trausner, dem Gauorganisationsleiter Linnemayr aus Linz und Männern der SS in Peilstein ein.

Antreten beim Gauleiter

Hier ließ er sich von SS-Leuten die Peilsteiner Bürger Karl Hartl, Josef Autengruber, Karl Haider, Hans Hesch, Max Innertsberger, Johann Pfeil, Johann Oberngruber, sowie den Gemeindearzt Dr. Hermann Auinger in die Gemeindekanzlei holen. Auch Wagnermeister Franz List sollte geholt werden, doch konnte er dem vor seiner Haustür wartenden SS-Mann glaubhaft machen, sich noch anziehen zu müssen. Er floh aber mit seiner Gattin durch das Schlafzimmerfenster in den Garten und weiter nach Martschlag, um sich so der Verhaftung zu entziehen. Franz Märzinger war schon in den Abendstunden geflüchtet.

"Jetzt, da wir dem Sieg so nahe sind, fallen uns die Schweinehunde in den Rücken.", Gauleiter Eigruber im Jahr 1945.

Die vorgeladenen Peilsteiner Bürger mussten über Befehl Eigrubers einzeln auf den Gendarmerieposten gebracht und dort einvernommen werden. Nach dieser Einvernahme wurden die Vorgeladenen wieder zur Gemeinde zurückgebracht. In der Gemeindekanzlei, die sich damals im ersten Stock des Hauses Peilstein Nr. 12 (ehemals Bräuhaus) befand, hielt sich Eigruber auf. Er machte bei der Einlieferung von Johann Oberngruber die Bemerkung: "Jetzt, da wir dem Sieg so nahe sind, fallen uns die Schweinehunde in den Rücken. Einer ist vielleicht dabei, der nach Hause geht, die anderen kommen nach Linz." Ein SS-Mann antwortete: "Schade um das Benzin, das wir verfahren, hängen wir sie gleich dort auf." Dabei meinte er die Akazienbäume auf dem Kirchenplatz. Landwirt Johann Pfeil und Zimmermann Johann Oberngruber wurden entlassen und konnten nach Hause gehen.

Abfahrt nach Linz

Zwischen 8 und 9 Uhr vormittags wurden die Männer Hartl, Autengruber, Haider, Hesch, Innertsberger und Dr. Auinger mit einem Lastkraftwagen in das Landesgericht nach Linz gebracht. Unter dem Vorsitz des Generalstaatsanwaltes Dr Löderer und in Anwesenheit der Beisitzer Hauptmann Paul Reichl als Vertreter der Wehrmacht, NSDAP-Abschnittsleiter Oskar Stumpfl und des Staatsanwaltes Dr. Siroky als Ankläger fand am 27. April um 17 Uhr die Standgerichtsverhandlung statt. Autengruber, Haider, Hartl, Hesch und Innertsberger wurden wegen angeblicher Zersetzung der Wehrkraft zum Tode verurteilt. 
Am Samstag, 28. April, um 18.30 Uhr wurden diese fünf Peilsteiner in Außertreffling erschossen. Gemeindearzt Dr. Hermann Auinger verlangte als Wehrmachtsangehöriger, in Linz einem Wehrmachtsgericht übergeben zu werden. Das Verfahren gegen Dr. Auinger wurde vom Standgericht ausgeschieden und dem ordentlichen Gericht überwiesen. Da dieses Gericht eine Zeugin einvernehmen wollte, diese aber wegen der inzwischen fortgeschrittenen Kriegsereignisse nicht mehr nach Linz gebracht werden konnte, kam es nicht mehr zu einer Verhandlung. 

Dem Ende entgegen

Die Bevölkerung bereitete sich auf die letzten Kriegstage vor. Man war sich einig, das Ende des Zweiten Weltkrieges sei nahe. US-Flugzeuge warfen unzählige Flugblätter ab, in denen die Bürgermeister aufgefordert wurden, weiße Fahnen auszuhängen, Barrikaden zu entfernen und Bevollmächtigte unter weißer Fahne in Richtung amerikanischer Truppen zu entsenden." 

Zur Sache: 
Mehr zur Theaterproduktion und die Erinnerung an diese fünf Peilsteiner, lesen Sie hier: 
meinbezirk.at/7360324

Dieses Flugblatt der US-Truppen wurde zu Kriegsende 1945 verteilt. Es stammt aus dem Archiv von Hans Rödhammer aus Linz.  | Foto: Johann Baumgartner
Hans und Helga Hesch (Sohn und Schwiegertochter der Ermordeten von Hans Hesch), Mathilde Haider (Tochter von Karl Haider) und Erika Pfeil (Enkelin von Karl Hartl) sind Familienangehörige der ermordeten Peilsteiner.  | Foto: Grubich
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Fressnapf sucht wieder Projekte mit tierischem Engagement. | Foto: PantherMedia / damikh.meta.ua
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