Klimapolitik Salzburg
Umweltpsychologin: "Ich therapiere keine Blumen"

Isabella Uhl-Hädicke versucht in ihrer Forschung an der Universität Salzburg, klimafreundlichem Verhalten auf den Grund zu gehen. | Foto:  Alex Gotter
3Bilder
  • Isabella Uhl-Hädicke versucht in ihrer Forschung an der Universität Salzburg, klimafreundlichem Verhalten auf den Grund zu gehen.
  • Foto: Alex Gotter
  • hochgeladen von Anna-Katharina Wintersteller

Warum machen wir es nicht einfach? – Dieser Frage widmet sich Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke in ihrer Forschung zu "Klimawandelkommunikation" an der Universität Salzburg. Im Interview gibt sie einen Einblick in ihre Arbeit. 

SALZBURG. Als Umweltpsychologin therapiert Isabella Uhl-Hädicke, wie sie sagt, "keine Blumen". Sie versucht in ihrer Forschung an der Universität Salzburg, klimafreundlichem Verhalten auf den Grund zu gehen. Ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse möchte sie den Menschen direkt in die Hand geben: Regelmäßig teilt sie im eigenen Umweltsegment auf ORF ihr Wissen; in ihrem leicht verständlichen Buch "Warum machen wir es nicht einfach?" gibt Uhl-Hädicke Tipps, den eigenen "Umweltschweinehund" zu überwinden. Für ihr Wirken erhielt Uhl-Hädicke vor Kurzem den Salzburger Umweltpreis. Im BezirksBlätter-Interview spricht sie über ihre Leidenschaft für die Umweltpsychologie, gibt Empfehlungen für die Salzburger Stadtpolitik ab und erklärt, warum es uns in Sachen Klimakrise so schwer fällt, ins Handeln zu kommen.

In Ihrem Buch schreiben Sie "Als Umweltpsychologin therapiere ich keine Blumen". Was machen sie denn dann?
ISABELLA UHL-HÄDICKE: Als Umweltpsychologin kann man in zwei Bereichen tätig sein: Entweder man schaut sich an, wie die Umwelt auf den Menschen wirkt (zum Beispiel: Wie wirkt sich  die Umwelt auf das menschliche Wohlbefinden aus?) oder wie der Mensch auf die Umwelt einwirkt. In letzterem Bereich bin ich tätig. Wir wissen alle, dass wir handeln sollen. Aber warum fällt es uns trotzdem so schwer? Welche Faktoren beeinflussen, ob wir ins Handeln kommen und welche sind eher hinderlich? Dieser Bereich, wo es darum geht, klimafreundliches Verhalten zu verstehen und zu fördern, ist der Bereich in dem ich meinen Schwerpunkt habe. 

Was begeistert sie persönlich an der Umweltpsychologie oder genauer ihrem Forschungsbereich der Klimawandelkommunikation?
ISABELLA UHL-HÄDICKE: Die ersten Semester im Psychologiestudium hat es mich schon fasziniert, zu sehen, wie wir Menschen ticken. Man glaubt, dass einen etwas beeinflusst und dann zeigen Experimente etwas ganz anderes. Dass ich im Bereich der Klimapsychologie tätig bin, ist aus einem privaten Interesse entstanden. Ich hab mich mehr mit der Klimakrise beschäftigt und gemerkt: Ui, das ist ja doch schon sehr dringend. Da sollte etwas geschehen. Daraus entstand dann die Motivation, mich auch beruflich dem Thema zu widmen. Die zwei Themen haben sich dann gut ergänzt. Das menschliche Verhalten spielt eine große Rolle im Zusammenhang mit der menschengemachten Klimakrise. Das fasziniert mich noch immer und ich finde es super spannend, wenn ich neue Erkenntnisse lese. Für mich ist das wirklich mein Traumberuf.

Bei der Verleihung des Umwelt-Verdienstzeichen des Landes Salzburg, im Bild v.l. Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn, Isabella Uhl-Hädicke aus Salzburg, Landesrätin Daniela Gutschi | Foto:  Foto: Land Salzburg/Neumayr/Hofer
  • Bei der Verleihung des Umwelt-Verdienstzeichen des Landes Salzburg, im Bild v.l. Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn, Isabella Uhl-Hädicke aus Salzburg, Landesrätin Daniela Gutschi
  • Foto: Foto: Land Salzburg/Neumayr/Hofer
  • hochgeladen von Anna-Katharina Wintersteller

Wir wissen schon sehr lange, dass es die Klimakrise gibt, und wir ins Handeln kommen müssen. Warum sind wir aber jetzt im Jahr 2022 immer noch dabei, darüber zu diskutieren, ob ein neuer  Radfahrstreifen jetzt gebaut werden soll oder nicht?
ISABELLA UHL-HÄDICKE: Wir Menschen sind sehr komplexe Wesen. Die verschiedensten Gründe werden in meinem Buch "Warum machen wir es nicht einfach?" abgehandelt. Aber ich picke jetzt einmal einen raus. Ein großer Faktor sind die sozialen Normen, also unser Umfeld. Wir orientieren uns an den anderen. Wenn wir merken, die anderen ändern auch nichts oder nur Kleinigkeiten, denkt man sich: "So tragisch kann es nicht sein." Es gibt zum Beispiel eine Studie, bei welche der Rauch-Alarm in einem Raum losgegangen ist. Ein paar Menschen wurden im Vorhinein eingeweiht, dass der Alarm nicht ernst zu nehmen ist und sie sitzen bleiben sollen.  Als die Eingeweihten im Experiment wirklich sitzen geblieben sind, sind die anderen Teilnehmer der Studie auch sitzen geblieben. In einer realen Situation wäre das lebensgefährlich gewesen. Unser Problem ist, dass aktuell in unserer Gesellschaft die Normen eher klimaschädlich sind. Also es ist normal, viel zu konsumieren, mehrmals in der Woche Fleisch zu essen. Wir orientieren uns daran und denken uns: "So schlimm kann es nicht sein."

Sie schreiben in ihrem Buch, die Klimakrise ist auch zu wenig greifbar für viele Menschen. Was heißt das genau?
ISABELLA UHL-HÄDICKE:
Die Klimakrise an sich ist einfach total komplex. Ich nehme den Ukraine-Krieg als Vergleich. Da sieht man Bilder. Die Konsequenzen sind gleich spürbar nach der Handlung. Das ist bei der Klimakrise nicht so. Mit unserem Lebensstil jetzt beeinflussen wir das Klima in 10-20 Jahren. Das Problem ist, dass wir die Konsequenzen nicht unmittelbar spüren. Wenn ich mich, plakativ gesagt, mittags für ein Gemüsecurry entscheide, spüre ich nicht, dass die Gletscher aufhören zu schmelzen. Das unmittelbare Spüren von Konsequenzen ist aber ein wichtiger Steuerungsmechanismus von unserem Verhalten.

Viele Menschen sagen: "Als Einzelner kann ich nichts verändern." Die Bekämpfung der Klimakrise sei Aufgabe der Politik. Stimmen Sie dieser Aussage zu?

ISABELLA UHL-HÄDICKE: Ich würde sagen: Ja und Nein. Es stimmt, es braucht definitiv politische Rahmenbedingungen und politische Rahmenbedingungen haben auch die schnellere Hebelwirkung als gesellschaftlicher Wandel. Aber (betont langsam) wir sind in einer Demokratie. Das heißt wir bestimmen darüber, welche Prioritäten von der Politik gesetzt werden. Die Politik wird Handlungen eher setzen, wenn sie weiß, dass die Bevölkerung diese auch mitgetragen wird. Da hat man schon einen große Wirkungsbereich als Einzelperson. Es zeigt sich außerdem, dass Vorbilder sehr wichtig sind. Das heißt, wenn ich in meinem Umfeld vorlebe, dass es möglich ist, klimafreundlich zu leben, werde ich immer mehr Leute mitnehmen. Aus diesem Grund ist es natürlich wichtig, dass man auch als Einzelperson aktiv ist und sich nicht aus der Verantwortung herausnimmt.

In ihrem Buch "Warum machen wir es nicht einfach?" gibt Isabell Uhl-Hädicke Tipps, den eigenen "Umweltschweinehund" zu überwinden. | Foto:  Alex Gotter
  • In ihrem Buch "Warum machen wir es nicht einfach?" gibt Isabell Uhl-Hädicke Tipps, den eigenen "Umweltschweinehund" zu überwinden.
  • Foto: Alex Gotter
  • hochgeladen von Anna-Katharina Wintersteller

Hätten sie einen Tipp für einen selbst, den eigenen "Umweltschweinehund" zu überwinden, und vielleicht öfter mal mit dem Fahrrad statt dem Auto in die Arbeit zu fahren?
ISABELLA UHL-HÄDICKE: Ein Tipp wäre, sich die Situation, bevor man den Autoschlüssel in die Hand nimmt, durchzudenken. Was läuft da ab? Ich stehe auf, mache mich fertig, greife vielleicht schon automatisch zum Autoschlüssel und verlasse Haus. Im Vorhinein kann ich mir überlegen, wo ich mir eine Erinnerung setze, die mich aus der gewohnten Situation herausholt. Ein Beispiel könnte sein, den Radhelm über den Autoschlüssel legen. Wichtig ist auch, schon im Vorhinein zu planen, wie man fährt. Dass man sich den besten Fahrradweg zum Ziel überlegt.  Damit das dann nicht in der Situation machen muss und vielleicht zu spät komme oder mich ärgere und mir denke: "Ich fahr dann doch lieber mit dem Auto". Aber auch das Umfeld spielt eine wirklich wichtige Rolle. Ich kann mich vielleicht mit jemandem zusammentun. Vielleicht haben andere Kolleginnen und Kollegen auch die Interesse daran, gemeinsam den Arbeitsweg zu bestreiten. Unterstützung aus dem Umfeld finde ich sinnvoll.

Gibt es aus Sicht der Umweltpsychologie schon einfache Maßnahmen, die zum Beispiel Stadtpolitik in Salzburg setzen könnten, um die Menschen zu klimafreundlicherem Handeln zu bewegen?

ISABELLA UHL-HÄDICKE: Man weiß, dass klimafreundliche Maßnahmen stärker auf Akzeptanz stoßen, wenn sie gut erklärt werden. Also transparent und auch nachvollziehbar gemacht wird, warum etwas verändert wird. Idealerweise spüren die Leute zeitnah den Vorteil der politischen Entscheidung. Es wäre wichtig, sichtbar zu machen, wenn sich etwas verändert. Dass die Konsequenzen, die sonst so wenig spürbar sind, auch ein wenig greifbarer werden. Zum Beispiel könnte man Messtafeln aufstellen, um zu sehen, wie sehr sich die Luftqualität schon verbessert hat. Wenn man mit Strafen oder Verboten arbeitet, sollte man das Verhalten, zudem man die Leute motivieren möchte, auch attraktiver machen. Bei der Einführung der City-Maut in Schweden haben die Leute gespürt, dass die Luft besser wird. Selbst diejenigen, die noch mit dem Auto gefahren sind, haben gemerkt, dass man weniger nach Parkplätzen suchen muss. Die City-Maut stößt heute auf große Akzeptanz der Bevölkerung.

Wenn wir jetzt schon bei finanziellen Anreizen sind: In ihrem Buch schreiben Sie, dass aus Sicht der Umweltpsychologie kurzfristige Anreize, das Verhalten zu verändern, wenig helfen und die Menschen dann wieder in ihre alten Muster zurückfallen ? Ist so etwas wie der Klimabonus dann überhaupt wirkungsvoll?
ISABELLA UHL-HÄDICKE: Bei den finanziellen Anreize ist es so, dass sie weniger bringen wenn man ein Routineverhalten verändern möchte, also das Alltagsverhalten. Finanzielle Anreize machen schon einen Sinn bei einmaligen Tätigkeiten, wie zum Beispiel die Anschaffung von einem E-Auto. Der Klimabonus ist weniger dafür da, dass man das Verhalten ändert, sondern ist eher als Entschädigungsmaßnahme gedacht. Es wird ja die Co2-Steuer eingeführt, die Dinge werden teurer. Um die Leute hier abzuholen und mitzunehmen, gibt es den Klimabonus. Der Klimabonus alleine ist ja nicht dafür da, dass das Verhalten gesteuert wird.

Isabella Uhl-Hädicke versucht in ihrer Forschung an der Universität Salzburg, klimafreundlichem Verhalten auf den Grund zu gehen. | Foto:  Alex Gotter
  • Isabella Uhl-Hädicke versucht in ihrer Forschung an der Universität Salzburg, klimafreundlichem Verhalten auf den Grund zu gehen.
  • Foto: Alex Gotter
  • hochgeladen von Anna-Katharina Wintersteller

Als bringt aus Ihrer Sicht der Klimabonus schon etwas, aber nicht um langfristig Verhalten zu verändern?
Der Klimabonus ist nicht für die Verhaltensänderung da. Dafür sind die neuen Steuern da, die lenken sollen. Der Klimabonus ist eher dazu da, die Akzeptanz der neuen Co2-Steuer zu erhöhen. 

Glauben Sie, das ist auch wirkungsvoll?
ISABELLA UHL-HÄDICKE: Meine Doktorandin untersucht das gerade, ich hab die Daten leider noch nicht (lacht). Die Co2-Steuer an sich ist wirkungsvoll, weil sie ein Lenkungsmechanismus ist. 

Sie haben sich ja für einen Zwischenweg zwischen Wissenschaft und Wissenschaftsvermittlung für die breite Masse entschieden. Sie haben ein gut verständliches Buch geschrieben. Sie sind mit dem TV-Meteorologen Marcus Wadsak in einem Umweltsegment im ORF zu sehen: Was hat sie dazu bewogen, Ihre Erkenntnissen für alle Menschen verfügbar zu machen?
ISABELLA UHL-HÄDICKE: Das ist eigentlich mein Hauptgrund, warum ich diesen Job gewählt habe.  Ich habe gemerkt, gerade um die Klimakrise zu begreifen, der Klimakrise entgegen zu wirken, spielt der Mensch eine riesige Rolle. Genau das ist die Kompetenz von der Psychologie. Mir ist es wichtig, diese Erkenntnisse den Leuten in die Hand zu geben, entweder Menschen die beruflich in dem Bereich arbeiten oder auch engagierten Privatpersonen. Ich hab gemerkt, dass oft das Wissen, dass es vielleicht schon jahrelang in der Wissenschaft gibt, den Menschen in der Praxis extrem weiterhelfen würde.  

Was sind Ihre Ziele für die nächsten Jahre?
ISABELLA UHL-HÄDICKE: Wie es jetzt ist, ist es schon sehr, sehr fein. Mein Buch "Warum machen wir es nicht einfach?" war natürlich ein großer Meilenstein. Mein Ziel ist es, dass es weiterhin so gut läuft und dass man umweltpsychologisches Wissen an möglichst viele Personen bekommt.

Mehr News aus Salzburg Stadt

Das könnte dich auch interessieren: 

"Für mich g'hört einfach mehr g'redt"
Journalist Lukas Bayer über die Klimakrise

"In den Alpen vertrocknen die Blüten"
Salzburger Klimarat-Teilnehmer präsentieren Empfehlungen
Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige
Foto: Stefan Schubert

Traumjob gefällig?
Wir suchen Physios mit Herz und Hirn für unser Team!

Ein inspirierendes Arbeitsumfeld? Check. Ein innovatives Arbeitsklima? Check. Spannende Fortbildungsmöglichkeiten? Check. Attraktive Benefits? Check. Viele nette Kolleginnen und Kollegen? Doppelcheck. Das Alpentherme Gastein Gesundheitszentrum liegt in der Mitte des Gasteinertals – genau gesagt im malerischen Bad Hofgastein. Wir arbeiten als private Krankenanstalt in Form eines selbständigen Ambulatoriums für Kur, Rehabilitation und Sportmedizin. Mit einem vielfältigen Therapie- und...

  • Salzburg
  • Pongau
  • Magazin RegionalMedien Salzburg

UP TO DATE BLEIBEN


Aktuelle Nachrichten aus Salzburg auf MeinBezirk.at/Salzburg

Neuigkeiten aus dem Bezirk als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Newsletter abonnieren und wöchentlich lokale Infos bekommen

MeinBezirk auf Facebook: Salzburg.MeinBezirk.at

MeinBezirk auf Instagram: @salzburg.meinbezirk.at

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.