Reportage
Zu Besuch bei den Mietern der Südtiroler Siedlung

Alfred Bayrhammer und Julietta Topalli wohnen beide nach wie vor in der Südtiroler Siedlung. Sie wehren sich gegen den Abriss und Neubau der Siedlung. | Foto: Petra Huber
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Die Südtiroler Siedlung soll abgerissen und neugebaut werden. So lauten die Zukunftspläne der Buwog. Die verbliebenen Mieterinnen und Mieter wehren sich aktiv gegen dieses Vorhaben. Teilweise mit Erfolg.

SALZBURG. "Da bin ich als Kind herumgeschossen", Alfred Bayrhammer zeigt auf die große Wiese zwischen den Wohnungsblöcken der Südtiroler Siedlung. "Wir waren so 17 Kinder in der Siedlung." Den Kindergarten habe er nicht gebraucht, denn Kinder zum Spielen und Platz gab es in der Siedlung genug. "Ich war genau einen Tag im Kindergarten", erzählt Bayrhammer etwas nostalgisch. Auch heute sitzt man hier in der Nachbarschaft noch öfters zusammen, wie Stühle, Tisch oder ein Griller zeigen. 

Auf dieser Wiese, zwischen den Wohnblöcken der Südtiroler Siedlung, hat Bayrhammer viel Zeit in seiner Kindheit verbracht. | Foto: Petra Huber
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Großteil der Wohnungen stehen leer

Seit 1972 wohnt Bayrhammer, der als Bootselektriker und Schiffsführer arbeitet, in der Südtiroler Siedlung. Bereits als kleines Kind ist er mit seiner Familie in die große Wohnanlage in Liefering gezogen. Der Vater war dort Hausmeister. Beide wohnen nach wie vor in der Siedlung. Inzwischen stehen etwa Dreiviertel der Wohnungen leer. Viele Briefkästen sind zugeklebt. "Teilweise sind seit zehn Jahren keine neuen Mieter mehr eingezogen", sagt Bayrhammer.

Ein Großteil der Wohnungen in der Siedlung stehen leer. Viele der Briefkästen sind zugeklebt. | Foto: Petra Huber
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Die aktuelle Südtiroler Siedlung

Die Südtiroler Siedlung in Salzburg gibt es seit etwa 80 Jahren. Die Wohnanlage umfasst neun Wohnblöcke mit ungefähr 220 Wohnungen, die alle zwischen 32 und 50 Quadratmeter haben. Manche Wohnungen wurden von den Bewohnerinnen und Bewohnern zusammengelegt, um mehr Platz zu haben.

Die Mieten sind für die Stadt Salzburg sehr günstig. Viele der Mietverträge sind unbefristet. Doch die Siedlung ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Manches gehört dringend repariert oder erneuert. "Weil die Mieten so niedrig sind, haben viele Bewohner selbst in ihre Wohnungen investiert. Mit der Aussicht, dass sie hier lange leben werden", erzählt Bayrhammer.

Alfred Bayrhammer erzählt unter anderem, wie die Immobilienfirma versucht die Mieter zum Auszug zu bringen.  | Foto: Petra Huber
  • Alfred Bayrhammer erzählt unter anderem, wie die Immobilienfirma versucht die Mieter zum Auszug zu bringen.
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"Und auf einmal müssen wir hier raus"

Eine dieser Bewohnerinnen ist Julietta Topalli. Sie gibt einen sehr privaten Einblick in ihre Wohnung und ihre belastende Situation. Herzlich bittet Topalli zu Tisch. Sie hat ihn liebevoll gedeckt, mit selbst gemachten Teigstangen und verschiedenen Aufstrichen. Topalli beginnt zu erzählen: "Seit zwei Jahren zittert meine Hand, mir geht es gesundheitlich nicht so gut."

Sie habe unruhige Nächte und große Sorgen um ihre Wohnung. Topalli, die früher als Betreuerin im Sonderpädagogischen Bereich gearbeitet hat, nahm für die Sanierung und Gestaltung ihrer Wohnung einen Kredit auf. Bei ihrem Einzug im Jahr 2004 musste einiges gemacht werden. So gab es etwa kein richtiges Bad, nur die Toilette war vorhanden.

Julietta Topalli hat sich beim Einzug extra einen Kredit aufgenommen, um ihre Wohnung zu sanieren und umzugestalten.  | Foto: Petra Huber
  • Julietta Topalli hat sich beim Einzug extra einen Kredit aufgenommen, um ihre Wohnung zu sanieren und umzugestalten.
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"Im Bad habe ich alles außer den Fließen erneuert", gibt Topalli zu verstehen. Die Mindestpensionistin hat viel in ihre Wohnung investiert: Bad, Küche, Boden, Isolierung uvm. "Die Häuser haben Charakter" und man kenne sich in der Nachbarschaft, diese sei wie eine Familie, erzählt Topalli. Der Brief von der Buwog war damals ein Schock für sie: "Und auf einmal müssen wir hier raus."

Druck auf die Bewohner

Seither übe die Buwog, als Eigentümerin der Immobilie, großen Druck auf die Bewohnerinnen und Bewohner aus, um sie zum Auszug zu bringen, so Bayrhammer.

"Es gab sogar Privatdetektive, die Siegeln an den Türen angebracht haben, um herauszufinden, welche Wohnungen wie oft benutzt wurden. Wer kein dringendes Wohnbedürfnis hatte, wurde raus geklagt." Alfred Bayrhammer

Mittlerweile sind viele der ehemaligen Mieterinnen und Mieter ausgezogen oder haben bereits unterschrieben, das zu tun. Bayrhammer erzählt von einer Nachbarin, die ihm vorhin begegnet ist: "Sie sagt, dass sie diesen Druck nicht mehr aushält. Sie hat unterschrieben." Vonseiten der Buwog gibt es eine Abfertigung für alle, die dem Auszug zustimmen. Bayrhammer erklärt: "Die Abfertigungen lagen, soweit ich weiß, zwischen 8.000 und 100.000 Euro. Die Höhe war reine Verhandlungssache."

Die Siedlung ist stark in die Jahre gekommen. Manche Wohnhäuser sehen noch ganz passabel aus, andere müssen dringend saniert werden. | Foto: Petra Huber
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Die Pläne der Buwog

Die Buwog Group gehört seit 2018 als Tochtergesellschaft zum deutschen Großimmobilienkonzern "Vonovia SE". Für die Südtiroler Siedlung hat sie große Pläne. Die Wohnsiedlung soll beinahe gänzlich abgerissen werden, lediglich ein kleines Haus in der Bassarabierstraße kann stehen bleiben. Der Neubau solle bis zu sieben Stockwerke bekommen, so Bayrhammer. Große Grünflächen müssen ebenfalls Platz für den Neubau machen. Insgesamt entstehen dadurch etwa 360 Wohnungen. Ungefähr ein Drittel davon soll geförderter Wohnraum werden, der Rest unterliegt dem freien Markt.

Die Buwog hat große Pläne für die Südtiroler Siedlung. Den Interessensbescheid hat sie inzwischen zurück gezogen. | Foto: Petra Huber
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Rückzug des Interessensbescheid

Um die Baupläne umzusetzen, reichte die Buwog einen Interessensbescheid bei der Stadt Salzburg ein. Gegen diesen haben sich die Mieterinnen und Mieter zur Wehr gesetzt. Bayrhammer hat die online Petition "Rettung Südtiroler Siedlung – Nein zum Interessensbescheid" ins Leben gerufen. Am 11. September 2023 zog die Buwog den Interessensbescheid wieder zurück. Wäre dieser im Sinne der Immobilienfirma erfolgreich gewesen, hätten die unbefristeten Mietverträge ihre Gültigkeit verloren.

Das Bad hat Topalli komplett umgebaut. Bei ihrem Einzug war nur eine Toilette vorhanden. | Foto: Petra Huber
  • Das Bad hat Topalli komplett umgebaut. Bei ihrem Einzug war nur eine Toilette vorhanden.
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Untersuchung der Bausubstanz

Bayrhammer und Topalli möchten nichts lieber, als in ihrer Südtiroler Siedlung weiterhin wohnen zu können. Eine Sanierung der Wohnanlage würden sie begrüßen. "Die Buwog selbst hat eine Untersuchung der Bausubstanz durchführen lassen. Mit dem Ergebnis, dass diese eine Sanierung hergebe", erklärt Bayrhammer. Auch eine Aufstockung ist für ihn denkbar, er fügt jedoch hinzu: "Aber bitte nicht mit sieben Stockwerken."

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