Lage am Energiemarkt
„Wir schaffen die Energiewende nur mit den Menschen“
Herausfordernde Zeiten herrschen vor dem Hintergrund von wirtschaftlichen und geopolitischen Vorgängen am Energiemarkt. Was könnten die Entwicklungen für die Versorgung mit Energie in der Zukunft sein? Darüber sprach MMag. Michael Baminger, CEO und Vorstandssprecher der Salzburg AG, in seinem Vortrag im Rahmen des Management-Club-Salzburg-Abends.
Die Energiebranche ist derzeit an dritter Stelle im Negativranking, was den Vertrauensindex betrifft – die aktuelle Situation sei also „eine strategische Herausforderung“, so Michael Baminger beim MC-Abend in der „Innozone“ der Salzburg AG.
In seinem Vortrag gab Baminger einen historischen Überblick zu den Energiepreisentwicklungen der vergangenen Jahre. Ab 2021 hat es Gaspreis-Höchststände gegeben. Hintergrund sei, dass nach einer Hochphase der Corona-Pandemie Gas wieder sehr gefragt gewesen ist, erläutert Baminger. Im Gefolge des Ukrainekrieges wurde die europäische Gasversorgung aus Russland 2022 deutlich reduziert. „Die Energiekrise ist eine vom Gas ausgelöste Krise“, so Baminger. Der Stromgroßhandelsmarkt hat sich analog dazu entwickelt.
Nach einer Preisrallye entspannen sich nun wieder die Preise, allerdings auf hohem Niveau. Im Vergleich zu Wettbewerbsmärkten sind die Preise in Österreich signifikant teurer.
Österreich braucht Strom aus dem Ausland, um die Versorgung gewährleisten zu können.
Viel diskutiert wird das sogenannte „Merit-Order-Prinzip“. Stromanbieter kaufen nach diesem Prinzip zuerst Strom von den billigen Kraftwerken, das sind in der Regel Erzeuger von erneuerbaren Energien. Danach bestellen sie vom nächstbilligeren Erzeuger - und das so lange, bis der Strombedarf gedeckt ist. Die Idee dahinter ist es, durch die vermehrte Einspeisung von erneuerbaren Energien den teuren Strom aus konventionellen Kraftwerken zu verdrängen und so den Gaspreis zu senken. Derzeit können erneuerbare Energien aber nur einen Teil des Strombedarfs abdecken und deshalb muss nach wie vor Strom von teuren fossilen Kraftwerken gekauft werden. Und das erklärt den „Merit-Order Effekt“: Das letzte und teuerste Kraftwerk, das zur Deckung der Nachfrage benötigt wird, gibt den Preis vor, den alle Anbieter für ihren Strom erhalten.
Im Hinblick auf diese Diskussion sieht Baminger eine grundlegende Frage dahinter: „Will man zurück zur Komplettregulierung – oder wollen wir einen liberalisierten Markt?“
Das Marktmodell an sich sei richtig, aber nicht krisenfit – das sollte es in Zukunft werden, meint Baminger.
Was künftige Entwicklungen anbelangt, würden die Großhandelsmärkte eine gewisse Entspannung erwarten. Unterschiedliche Faktoren beeinflussen freilich die Energiepreise, darunter u. a. die Stimmungslage der Händlerinnen und Händler, volatile geopolitische Entwicklungen wie der Krieg in Israel, der die Preise wieder steigen lassen könnte, die globale Konjunkturentwicklung sowie die klimatischen Verhältnisse in der Winterzeit – „wenn es sehr kalt ist, kann es eine anstrengende Situation werden“, so Baminger.
Eine Herausforderung wird es auch sein, die Energiewende zu schaffen, erklärt Baminger. „Der Endenergieverbrauch in Österreich ist nach wie vor dominiert von fossilen Energieträgern. Wir müssen daher in erneuerbare Energien investieren – bis 2030 würde es alle drei Minuten eine neue Photovoltaik-Anlage brauchen. Wir schaffen die Wende aber nur mit den Menschen“, so Baminger. Dazu brauche es schnellere Verfahren: „Was das Wasserkraftwerk Stegenwald betrifft, hat es zehn Jahre gedauert, bis wir starten konnten.“
Die Salzburg AG, der er seit 1. Jänner 2023 als CEO und Vorstandssprecher vorsteht, möchte, sofern möglich, finanzielle Spielräume an die Kundinnen und Kunden weitergeben, versichert Baminger.
Danach gab es viele Fragen seitens des zahlreichen Publikums. MC-Landesvorsitzender Dr. Johannes Hörl dankte MMag. Michael Baminger für die interessanten Ausführungen. „Mir persönlich gefällt besonders der Appell, dass wir als Gesellschaft nur gemeinsam die Energiewende schaffen können“, so Hörl.
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