Anja Hagenauer: "Sozialbudget durch Bundesregierung bedroht"
Experten befürchten Belastungswelle durch Abschaffung der Notstandshilfe und des Pflegregresses ohne Erbschaftssteuer.
SALZBURG (lin). Dass die sozialdemokratische Sozialstadträtin Anja Hagenauer keine Freude hat mit der schwarz-blauen Bundesregierung, ist naheliegend. Ebenso naheliegend scheint, dass durch die Abschaffung des Pflegeregeresses und die Eingliederung der Notstandshife in die Mindestsicherung das städtische Sozialbudget belastet werden dürfte. „Mittlerweile formiert sich schon Widerstand. Auch die Bundesländer realisieren, dass hier eine Belastungswelle im Anrollen ist. Das werden wir als Stadt Salzburg so sicher nicht hinnehmen“, erklärte Hagenauer.
Hauptlast bei Gemeinden
Die Regierung verspreche gerade viel, das auch viel Geld koste. Wie sie das finanziere, sei jedoch völlig unklar. Österreichweit gehen Experten von Mehrkosten in Höhe von 500 aus. Im Land Salzburg schätzt man die Mehrkosten auf 21 Millionen Euro. Und auch die Stadt hat gerechnet: Hagenauer und Sozial-Abteilungsvorstand Winfried Wagner gehen davon aus, dass die Stadt zehn Millionen Euro jährlich mehr aufbringen muss, um die Lücken des Bundes zu füllen. "Und dabei haben wir sehr vorsichtig gerechnet und keineswegs den Worst-Case an die Wand gemalt", sagte Wagner.
"Nicht zahlen für Adelige"
"Es ist gut, dass der Pflegegregress abgeschaft ist und die Sozialleistungen vermögensunabhängig ausgezahlt werden. Aber dafür müsste es parallel eine Erbschaftssteuer geben. Es ist nicht hinzunehmen, dass die Gesellschaft für Leute mit mehreren Immobilien Geld ausgibt", sagte Wagner. Auch in den Seniorenwohnheimen kommen Probleme auf die Gemeinden zu: Hagenauer und Wagner rechnen damit, dass in Zukunft nur mehr jene Personen als Selbstzahler in Seniorenwohnhäusern sein werden, die über eine ordentliche Pension verfügen, die die laufenden Aufwendungen abdeckt.
Ämter überlastet
Winfried Wagner: „Allein in der Stadt Salzburg gibt es aktuell im Schnitt 2.000 Notstandshilfebezieher. Diese würden auf einen Schlag vom Sozialamt der Stadt Salzburg betreut werden müssen. Dort werden aber bereits rund 5.000 Bezieher der Bedarfsorientierten Mindestsicherung verwaltet. Das würde also unmittelbar 40 Prozent mehr Arbeit bedeuten, was mit der aktuellen räumlichen und personellen Kapazität nicht machbar ist. Da sind extrem lange Wartezeiten und weitere soziale Probleme vorprogrammiert.“
Großquartiere für Asylwerber
Dieser Plan der Bundesregierung sei "Wahnsinn schlechthin und integrationspolitischer Humbug“, sagte die Vizebürgermeisterin. Die weitere Ankündigung der Regierung während des aufrechten Asylverfahrens keine „aufenthaltsverfestigenden“ Maßnahmen zulassen zu wollen, verhöhne die betroffenen Menschen und schaffe Probleme anstatt sie zu lösen.
Hagenauer zeigte sich froh, dass Salzburgs Landesrätin Martina Berthold aber auch Landeshauptmann Hans Niessl aus dem Burgenland hier bereits klar Stellung bezogen haben. „Das mag die Bevölkerung nicht, das erschwert die Integration. Kleine, überschaubare und gut organisierte Einheiten sind nötig, wo‘s menscheln kann – dann funktioniert es gut“, so Hagenauer.
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