Labor
Psychologen erforschen wie unser Körper unser Denken formt

Forscher wollen herausfinden wie Babys und Kinder die Welt wahrnehmen.  | Foto: Symbolbild: Unsplash
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„B hoch 3“ heißt das neue Kinderlabor an der Paris Lodron Universität Salzburg. Die drei B´s stehen für berühren, bewegen, begreifen. Die Forscher*innen wollen herausfinden, wie Babys, Kinder und Jugendliche durch Sinneseindrücke, speziell durch Berührungen, die Welt verstehen lernen.

SALZBURG. Leiterin des Labors ist die Biopsychologin Boukje Habets, die 2021 mit ihrem Ehemann, dem kognitiven Psychologen Tobias Heed, neu an die Universität Salzburg gekommen ist. „Unser Ziel ist es, mehr darüber herauszufinden, wie Kinder ihren eigenen Körper kennen und steuern lernen und wie sie durch Sinneseindrücke – also Fühlen, Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und den Gleichgewichtssinn – sich selbst und die Welt verstehen. Letztlich geht es um die Frage, wie Kinder lernen, Informationen zu verarbeiten, wie das Gehirn lernt, das, was über die Sinne hereinkommt, zu kategorisieren. Noch wissen wir wenig darüber. Solche Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung sind unter anderem wichtig, um Störungen in der kindlichen Entwicklung frühzeitig zu erkennen und damit besser umgehen zu können“, sagt Boukje Habets.

Große Unterschiede bei den Sinnessystemen

Ähnlich wie bei der Intelligenz oder der Persönlichkeit von Kindern gibt es auch bei den Sinnessystemen eine sehr große Variabilität, erklärt Habets. Ob sich Kinder stärker auf ihr visuelles, auditives oder taktiles System verlassen, sei – wie man heute wisse – individuell sehr unterschiedlich. „Es gibt zum Beispiel Kinder mit einem äußerst empfindlichen Tastsinn. Diese Kinder tragen oft ungern Kleidungsstücke oder halten oft ungern einen Malstift oder eine Schere in der Hand, weil diese Art der Berührung für sie unangenehm ist. Ein Resultat kann sein, dass diese Mädchen und Buben feinmotorisch weniger weit entwickelt sind als andere. Sie werden dann zur Ergotherapie geschickt, damit sie dort lernen, Berührungen auszuhalten.“

Professor Tobias Heed und Dr. Boukje Habets. | Foto: Simon Haigermoser/PLUS
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Im Jahr 2016 hat Boukje Habets, die aus dem niederländischen Geleen stammt, an ihrem damaligen Uni-Standort Bielefeld das Kinderlabor „B hoch 3“ eröffnet. Mit Habets´ Wechsel nach Salzburg im Juli 2021 wurde auch das Labor übersiedelt. Sie kam gemeinsam mit ihrem Ehemann, Tobias Heed, nach Salzburg, der einem Ruf auf einen Lehrstuhl für kognitive Psychologie folgte. Tobias Heed forscht ebenfalls im Bereich der Sensorik, allerdings primär bei Erwachsenen. Das Kinderlabor ist an seine Arbeitsgruppe angeschlossen.

Augenmerk auf dem Berührungssinn

Besonderes Augenmerk legt Boukje Habets bei den Experimenten im Kinderlabor auf den Berührungssinn. Genauer gesagt auf das Zusammenspiel von Berührung, Bewegung und räumlicher Verarbeitung als Grundlage für die Wahrnehmung und Steuerung des eigenen Körpers in der Umwelt. Die Forscher*innen versuchen zum Beispiel mittels kleiner taktiler Stimulationen (taktiler Vibratoren) herauszufinden, wie Kinder Berührungen auf der Haut wahrnehmen, wie gut Kinder in der Lage sind, festzustellen, wo genau eine Berührung stattgefunden hat. Schwierig für Kinder (und auch für Erwachsene) ist zum Beispiel, wenn sie mit überkreuzten Armen und Beinen eine Berührungssaufgabe lösen sollen. Es ist verwirrend für das Gehirn, wenn links und rechts vertauscht sind.

Arbeit mit Tastillusionen 

Eine beliebte Methode, die auch Boukje Habets im Kinderlabor anwendet, sind die sogenannten “Illusionen“. Eine Illusion ist eine Sinnestäuschung, die dadurch entsteht, dass das Gehirn versucht, Widersprüche zwischen verschiedenen Sinneseindrücken aufzulösen (z.B. Widersprüche zwischen dem, was das Auge sieht, und dem, was die Haut spürt). Eine sehr bekannte Illusion ist die „Gummihand-Illusion“.

Beim Gummihand Experiment hält der Proband die Gummihand für seine eigene.  | Foto: ResearchGate/Helge Müller
  • Beim Gummihand Experiment hält der Proband die Gummihand für seine eigene.
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Dabei legt eine Versuchsperson ihre rechte Hand hinter ein Versteck auf einen Tisch, die Wissenschaftler  verdecken diese Hand und legen eine täuschend echt wirkende (ebenfalls rechte) Gummihand daneben. Anschließend streicheln sie mit einem Pinsel im gleichen Rhythmus sowohl die verdeckte echte Hand als auch die sichtbare unechte. Schon nach kurzer Zeit haben die Probanden das Gefühl, dass die künstliche Hand Teil ihres Körpers ist. Die Gummihand „fühlt“ quasi, was das Auge sieht. „Das Gehirn versucht, den Konflikt zwischen den Berührungsreizen auf der eigenen Hand und den Streichelbewegungen, die die Versuchsperson auf der Gummihand sieht, zu lösen“, erklärt Habets. „Die Gummihand-Illusion ist ein Beispiel dafür, wie unser Gehirn das Bild unseres Körpers anhand unterschiedlicher Sinnessysteme zusammenbaut“.

Erste Studien gestartet

Die wissenschaftliche Ausrichtung des Kinderlabors „B hoch 3“ spiegelt auch, wie sich die Forschungsrichtungen in der Psychologie über die Jahre verschieben bzw. gegenseitig ergänzen: Lange Zeit dominierte die Verhaltenspsychologie, dann kam die Fokussierung auf das Gehirn und nun rückt auch der Körper mit den Sinnen zusätzlich in den Mittelpunkt „Um einen Menschen gut verstehen zu können, braucht man auch die Körperebene. Das Gehirn bekommt die Informationen über den Körper, verarbeitet das was es fühlt, sieht, hört und setzt es dann zum Bespiel in eine effiziente Bewegung um“, verdeutlicht Boukje Habets.

In Salzburg sind inzwischen die ersten Studien im Kinderlabor „B hoch 3“ gestartet (mit Volksschulkindern). Prinzipiell können Mädchen und Buben zwischen 0 und 20 Jahren an den Experimenten teilnehmen. Interessierte kontaktieren Boukje Habets am besten per E-Mail. Das schon lange Zeit an der Universität Salzburg bestehende entwicklungspsychologische „ToM Kinderlabor“ läuft parallel unverändert weiter (Leiterin Beate Priewasser, Arbeitsgruppenleiter Josef Perner, ToM steht für Theory of Mind).

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