Windenergie im Lungau
"Lungaus Abstimmungsergebnis ist ein Signal für ganz Salzburg"

Energielandesrat Heinrich Schellhorn: "Windkraft haben oder nicht haben, wird einen Domino-Effekt nach sich ziehen." | Foto: Peter J. Wieland
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  • Energielandesrat Heinrich Schellhorn: "Windkraft haben oder nicht haben, wird einen Domino-Effekt nach sich ziehen."
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Lungaus Ortschefs stimmen über Windkraft im Bezirk ab. Energielandesrat Schellhorn wittert Präzedenzfall.

LUNGAU, SALZBURG. Am 15. Juni stimmt der Regionalverband Lungau bzw. die 15 Bürgermeister über die Zukunft der Windkraft im Bezirk ab. Eine Entscheidung ist für 15 Jahre verbindlich. Der Abstimmung werden Expertengespräche und Diskussionen vorausgehen. Energielandesrat und Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (die Grünen) wird ebenfalls anwesend sein, darf aber nicht abstimmen.

Herr Schellhorn, wie stehen Sie persönlich zur Vorgehensweise an diesem zukunftsträchtigen Tag im Lungau?
HEINRICH SCHELLHORN: Natürlich hätte ich mir einen anderen Ablauf gewünscht, damit bei solchen gewichtigen Zukunftsfragen im Vorfeld auch genug Raum für sachliche Diskussionen ist. Denn die Tragweite dieser Entscheidung darf keinesfalls unterschätzt werden. Die Bürgermeister bekommen das Mandat der GemeindevertreterInnen – das ist schon eine große Verantwortung: am 15. Juni treffen sie eine Entscheidung für die gesamte Region und somit auch für andere Gemeinden. Nicht alle GemeindevertreterInnen sind Windexperten, eine wohlüberlegte, fundierte Entscheidung auf Basis einer vormittäglichen Infoveranstaltung zu treffen, grenzt an einer Meisterleistung.

Ist diese Infoveranstaltung am 15. Juni nur eine fadenscheinige Aktion? Die Bürgermeister und ihre Mandatare werden doch schon wissen, wie sie abstimmen wollen?
HEINRICH SCHELLHORN:  Ich sehe die Informationsveranstaltung als ein gutes Signal, auch wenn diese zeitlich sehr knapp eingeplant wurde. Ansonsten gehe ich davon aus, dass die GemeindevertreterInnen nach ihrer persönlichen Überzeugung und zum Wohle ihrer Gemeinde abstimmen. Ich hoffe, dass sie dabei das Wohl der nächsten Generationen einbeziehen werden.

Das Land schickt jemanden vom Energieressort zur Expertenrunde. Wer wird das sein?
HEINRICH SCHELLHORN:
Unser Experte ist Gerhard Löffler, der Referatsleiter Energiewirtschaft. Er ist Techniker und ein ausgewiesener Experte in Hinblick auf erneuerbare Energie sowie Energiewirtschaft. Darüber hinaus ist er auch in der Kerngruppe der Klima- und Energiestrategie "Salzburg 2050".

Kennen Sie die anderen anwesenden Experten? Was halten Sie von der Auswahl?
HEINRICH SCHELLHORN:
Es ist eine Veranstaltung des Regionalverbandes. Von daher liegt die Auswahl der Experten bei Ihnen. Ich gehe davon aus, dass es dem Regionalverband wichtig ist, hohe Fachqualität in der Veranstaltung zu haben.

Hat das Land im Vorfeld Aktivitäten gesetzt, um den Lungau von der Windkraft zu überzeugen? Das Land ist doch pro Windkraft, oder?!
HEINRICH SCHELLHORN: Ausgehend vom Land Salzburg gibt es bundeslandweit immer wieder öffentliche Veranstaltungen zum Thema Energie und Klimawandel. Seitens des Landes wurde schon vor Jahren die AG Wind eingerichtet, um potentielle Projektwerber bestmöglich zu unterstützen. In meiner bisherigen Amtszeit als Energiereferent habe mich ebenfalls klar und deutlich für die Windenergie ausgesprochen und unterstützte jegliche Schritte in diese Richtung.

Also pro Windkraft?
HEINRICH SCHELLHORN:
Es sollte hier nicht um ein für oder gegen Windenergie gehen, genauso wenig wie es eine Frage des Wollens oder Nichtwollens sein sollte. Der Klimawandel und seine Folgen sind eine der größten Herausforderungen vor der wir stehen und wenn wir nicht handeln, wird das verheerende Folgen haben, besonders für jene, die nach uns kommen. Das finde ich nicht fair. Europaweit geht die Jugend auf die Straße und fordert eine erfolgreiche Klimapolitik. Wir können nicht sagen: „Toll, wie ihr das macht“ und selber machen wir weiter wie bisher. Wir brauchen ein neues Mobilitäts- und Energiesystem, wir müssen die Treibhausgas-Emissionen drastisch reduzieren, wir brauchen neue Konsummuster und eine effiziente ressourcenschonende Wirtschaft. Wir brauchen die Beiträge des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Menschen, andernfalls stehen wir still und werden zuschauen wie der Klimawandel weiter voranschreitet.

Sie haben von öffentlichen Veranstaltungen zum Thema Energie und Klimawandel gesprochen, aber haben Sie schon konkret Gespräche im Lungau geführt?
HEINRICH SCHELLHORN:
Es gab Gespräche mit den Bürgermeistern, Vertretern des Regionalverbandes und des Biosphärenparks.

Das Land lud vergangene Woche zu einer Exkursion zum Windpark Munderfing (OÖ) ein. Wie viele Lungauer Gemeindevertreter sind dabeigewesen?
HEINRICH SCHELLHORN:
Von den rund 190 eingeladenen GemeindevertreterInnen haben sich 14 Personen angemeldet. Das stimmt mich zwar nachdenklich, wir können aber niemanden dazu zwingen. Ich denke nur, es würde generell vielen Menschen gut tun, sich einen Windpark anzusehen, wie diesen in Munderfing, um sich selbst ein Bild zu machen.

Was bedeutet das Abstimmungsergebnis im Lungau für das restliche Land? Ist das ein Präzedenzfall, dem andere Regionalverbände folgen werden?
HEINRICH SCHELLHORN:
Zunächst muss man jetzt einmal das tatsächliche Ergebnis der Veranstaltung abwarten. Dann wird man auch sehen, was wirklich in diesem Beschluss drinnen steht. Erst dann kann man die weiteren Optionen ausloten. Das Abstimmungsergebnis ist aber in jedem Fall ein Signal. Ich gehe davon aus, dass auch in anderen Regionen ähnlich diskutiert werden würde.

Angenommen der Lungau stimmt gegen die Windkraft ab, was die vorangegangenen Diskussionen sowie die gestoppten Projekte vermuten lassen, was dann?
HEINRICH SCHELLHORN:
Was ich klar und deutlich sagen kann ist: Wir werden unsere Klima- und Energieziele ohne Windkraft nicht erreichen können. Windkraft ist ein wichtiges Puzzleteil neben Photovoltaik, Biomasse und Wasserkraft. Uns allen muss klar sein, eine Verfehlen der Klima- und Energieziele bedeutet für uns: Teure Strafzahlungen, keine Verantwortung gegenüber späterer Generationen, weiterhin eine Importabhängigkeit von Atom- und Kohlestrom – vor allem im Winter. Da frage ich mich: wenn wir die Windenergie in unserem Bundesland „ausbremsen“, welche Alternativen bleiben, um den ständig steigenden Energiebedarf zu decken und gleichzeitig Treibhausgase einzusparen?

  • das Autofahrverbote
  • riesige Photovoltaik-Freiflächen-Anlagen
  • noch mehr große Wasserkraft-Werke
  • Millionenhohe Strafzahlungen
  • Importabhängigkeiten

Auch wenn manche die Windkraft nur als Randthema erleben, Windkraft haben oder nicht haben ist zentral und wird einen Domino-Effekt nach sich ziehen.

Hintergrund – Warum Salzburg auf den Lungau schaut:

Windparkvorhaben lagen im Lungau bereits einige auf dem Tisch. Sämtliche Projekte wurden abgeschmettert. Dem voraus ging stets ein emotional geführter Diskurs zwischen Kommunalpolitik, Pro- und Contra-Interessengruppierungen und Betreibern. Der Regionalverband Lungau möchte nun Klarheit schaffen. Am 15. Juni wird im Rahmen einer Regionalverbandssitzung abgestimmt, wie es um die Windenergie-Zukunft im Lungau bestellt sein soll. Stimmberechtigt sind alle 15 Lungauer Bürgermeister. Ihr Beschluss soll ins Lungauer Regionalprogramm aufgenommen werden und für den Bezirk bindend sein. Im Vorfeld dieser Sitzung findet eine nicht öffentliche Info-Veranstaltung für alle 191 Lungauer Gemeindevertreter statt. Direkt danach stimmen die Mandatare ab und übermitteln ihre Ergebnisse ihren Bürgermeistern, die stellvertretend für sie die Stimme abgeben.

Mehr zum Thema: Windenergie – Abstimmung im Lungau:
Was genau passiert am 15. Juni 2019?
SPÖ ortet Demokratiedefizit und Intransparenz
Sampl: "Diese Kritik weise ich zurück"

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Bereits im Februar 2019 haben die Bezirksblätter eine Umfrage zum Thema Windkraft veröffentlicht. Das Grazer Meinungsforschungsinstitut (GMK) hat diese für uns durchgeführt, mit dem Ergebnis:

Die Salzburger wollen Windenergie, 75 Prozent von ihnen sogar dann, wenn Windkraftwerke in der eigenen Gemeinde entstehen.

>>HIER<< finden Sie das Umfrageergebnis vom Februar 2019.

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