Vermögensverteilung
Interview: Was für eine Erbschaftssteuer spricht
Im zweiten Teil des Interviews erklärt die Ökonomin Lisa Windsteiger, welche Argumente bei einer Erbschaftssteuer oft auftauchen und was an diesen dran ist. Außerdem erfährst du, welche Auswirkungen eine Vermögensumverteilung haben kann und wie man in Österreich am besten reich wird. Zum ersten Teil des Interviews geht es >>>hier<<<.
SALZBURG. Die neue Assistenzprofessorin am Fachbereich Volkswirtschaftslehre der Universität Salzburg, Lisa Windsteiger, forscht zum Thema "Ungleichheit und Umverteilung". Inspiriert wurde sie dazu als Doktorandin während ihrer Zeit in London von einem der weltführenden Verteilungsforscher, dem französischen Ökonomen Thomas Piketty.
Frau Windsteiger, gerade die Erbschaftssteuer wird immer wieder von vielen kritisiert, was sagen Sie dazu?
LISA WINDSTEIGER: Da gibt es ganz viele falsche Argumente zu Erbschaftssteuern: Es würde ja den kleinen Häuselbauer treffen etc. Aber es gibt da ganz viele Möglichkeiten, wie das zum Beispiel in Deutschland geregelt ist: Auf das Haus, in dem man wohnt, muss man keine Erbschaftssteuer zahlen.
Das heißt eine Erbschaftssteuer würde niemals dazu führen, dass man sein Haus verliert und plötzlich obdachlos wird, wenn der Ehepartner stirbt. Und gerade bei Erbschaften ist es sehr voraussehbar wieviel man erben wird. Man kann sich das ja ungefähr ausrechnen. Es ist wirklich frappant, dass die Leute die Erbschaftssteuern so wenig unterstützen, obwohl der größte Teil der Bevölkerung nicht oder nur sehr wenig betroffen wäre. Diese Einstellung findet man aber auch in anderen Ländern.
Es kommt ja auch oft das Argument, das das Erbe bereits versteuert wurde.
LISA WINDSTEIGER: Und dabei ist die Erbschaft überhaupt nicht versteuert worden - diejenigen, die das Erbe bekommen, haben darauf noch nie Steuern gezahlt. Die Eltern dürfen ihren Kinder natürlich etwas vererben. Nur müssen die Kinder für diese Erbschaft, für die sie nichts getan haben, Steuern zahlen.
Welche Auswirkungen gibt es, wenn Erbschaften gar nicht versteuert werden?
LISA WINDSTEIGER: Wenn man hier etwa an die reichsten Menschen denkt, die vor kurzem gestorben sind, Didi Mateschitz oder Heidi Horten. Das sind Leute, die wirklich Multi-Milliardäre waren. Und die Erben hätte das finanziell sehr wenig getroffen, sie wären trotz Erbschaftssteuern immer noch Multi-Milliardäre. Wenn man aber Erbschaften und Schenkungen hier nie besteuert, dann führt das eben dazu, dass sich die Vermögensungleichheit über Generationen hinweg noch mehr verstärkt.
Welche (wirtschaftlichen) Folgen entstehen aus dieser ungleichen Verteilung für eine Gesellschaft?
LISA WINDSTEIGER: Einige Kinder wachsen mit einem riesigen Berg an Vermögen auf und andere nicht. Das ist ja auch gegen das Prinzip der Chancengleichheit und Gerechtigkeit. Und ist es überhaupt gut für die Wirtschaft, wenn die Kinder von Reichen viel besser gestellt sind als die Kinder von Armen? Gibt es dann überhaupt genügend Anreize für diese vermögenden Kinder, sich auch wirtschaftlich zu betätigen und produktiv zu sein und zum Wirtschaftswachstum beizutragen? Oder führt das dazu, dass sie sich von Anfang an zurücklehnen und sagen: Ich bin eh reich?
Vermögensumverteilung kann auch zum Wirtschaftswachstum beitragen, da Kinder aus ärmeren Familien auch Talente haben, sie auch produktiv und kreativ wären und Unternehmen gründen würden etc. Und mit einer besseren Umverteilung wären diese Kinder mehr in der Lage etwas zum Wirtschaftswachstum beizutragen.
Wie wird man denn am besten reich?
LISA WINDSTEIGER: Das ist in Österreich und in Deutschland relativ ähnlich: Wenn man sich etwa ansieht, wie Multi-Milliardäre zu ihrem Reichtum gekommen sind, dann ist die Mehrheit nicht „purely selfmade“. Zumindest teilweise, wenn nicht sogar gänzlich wurden sie durch ihre Erbschaft reich. Durch Arbeit und durch Produktivität wird man schon längst nicht mehr wirklich reich. Der einfachste Weg reich zu werden in Österreich ist reiche Eltern zu haben.
Wie geht es in Zukunft mit Ihrer Forschung weiter? Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich?
LISA WINDSTEIGER: Einerseits werde ich an den Themen von Einkommensverteilung und Vermögensverteilung immer dran bleiben. Wir analysieren auch andere Dinge, wie z.B. Migration oder Klimawandel, die Umverteilungspräferenzen beeinflussen.
Ich mache außerdem auch oft Umfrageexperimente, bei denen ich die Befragten mit gewissen Informationen konfrontiere, und schaue dann, welche Auswirkungen das auf die Wahrnehmung von bestimmten wirtschaftspolitischen Maßnahmen hat. Und es gibt auch sehr praxisnahe Forschung, etwa für das „Bundesministerium für Arbeit und Soziales“ in Deutschland, wo wir die Auswirkungen bestimmter Maßnahmen der Bürgergeld-Reform analysieren.
Ein großes Thema für meine zukünftige Forschung ist, wie das Thema (finanzielle) „Schulden“ mit der (persönlichen) „Schuld“ zusammenhängt und verbunden wird. Dass es für diese beiden Begriffe ein und dasselbe Wort gibt ist ein Spezifikum der deutschen Sprache. In den meisten anderen Sprachen ist das Wort „Schulden“ nicht mit „Schuld“ verbunden, im Englischen etwa gibt es dafür mit „debt“ und „guilt“ zwei unterschiedliche Wörter.
Vielen Dank für das Interview!
Zum ersten Teil des Interviews mit Lisa Windsteiger geht es >>>hier<<<.
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