"Spaziergänge" in Gmunden
(Fast) gemeinsamer Auftritt des Gemeinderates gegen illegale Demonstrationen

Andreas Hecht (BIG), Uli Feichtinger (Grüne), Auguste Thallinger (ÖVP), Bürgermeister Stefan Krapf (ÖVP) und Markus Medl (SPÖ). | Foto: Stadtgemeinde Gmunden/Kochem
  • Andreas Hecht (BIG), Uli Feichtinger (Grüne), Auguste Thallinger (ÖVP), Bürgermeister Stefan Krapf (ÖVP) und Markus Medl (SPÖ).
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ÖVP, SPÖ, Grüne und BIG in Gmunden möchten in einem gemeinsamen Statement zeigen, dass bei demokratiepolitisch bedenklichen Entwicklungen durchaus ein überparteilicher Schulterschluss möglich und wichtig ist.

GMUNDEN. Diesen Montag fand in Gmunden eine Demonstration unter dem Titel "Gmunden geht spazieren" statt, über die Veranstaltung wurde und wird in der Bezirkshauptstadt heftig diskutiert. Vier von fünf im Gmundner Gemeinderat vertretene Fraktionen – ÖVP, SPÖ, Grüne und BIG – wenden sich nun gemeinsam an die Bevölkerung. Diese solle bei künftigen Demonstrationen nicht teilnehmen. Die Versammlung war bei der Bezirkshauptmannschaft Gmunden nicht angemeldet, ein Veranstalter ist bis heute nicht bekannt. Die Teilnehmer hätten auch die geltenden Corona-Schutzmaßnahmen (Mund-Nasen-Schutz und Abstandsregeln) nicht eingehalten, dies war auf Videos in den sozialen Netzwerken zu erkennen. Die Vertreter der vier Parteien sind sich einig: "Die Meinungs- und Redefreiheit sind gemeinsam mit dem Demonstrationsrecht die höchsten Güter, die unsere Eltern- und Großelterngeneration unter Entbehrungen erkämpfen mussten. Genau diese Rechte werden aber durch Ignorieren des Versammlungsgesetzes und der Verordnungen zur Bekämpfung der Pandemie konterkariert und gefährdet", heißt es im Statement.

"Distanziere mich von dieser Veranstaltung"

"Ich war von den Videos der Demonstration auf unangenehme Weise berührt. Das Recht auf Meinungsfreiheit ist unser höchstes Gut. Ich distanziere mich aber von dieser Veranstaltung, die definitiv illegal war, weil sie nicht angemeldet wurde. Wir haben eine Lockdown. Menschenansammlungen ohne Abstand und Mund-Nasenschutz sind nicht akzeptabel", so Gmundens Bürgermeister Stefan Krapf.

"Zusammentreffen äußerst bedenklich"

"Die freie Meinungsäußerung ist absolut nicht in Frage zu stellen. Aus epidemiologischer Sicht sind diese Zusammentreffen aber höchst bedenklich. Menschen aus nah und fern kommen zusammen und rufen ihre Parolen, das begünstigt den Virenausstoß. Das ist eine Verhöhnung von Personal in Pflegeheimen, Krankenhäusern oder dem Roten Kreuz. Es zeugt nicht von Zivilcourage, an solchen illegalen Veranstaltungen teilzunehmen und andere zu gefährden", so Andreas Hecht, Fraktionsobmann der BIG. Die Initiative, gemeinsam und überparteilich aufzutreten, geht von ihm  aus. Er findet es auch demokratiepolitisch als sehr bedenklich, wenn bei diesen "Spaziergängen" unter anderem "keine Diktatur" gerufen wird. 

"Ehrliches Miteinander"

Auch Auguste Thallinger, Fraktionsobfrau der ÖVP, sieht die Situation kritisch: "Das spaltet Gmunden. Menschen kommen aus Linz oder anderen Orten zu uns, um an diesen Veranstaltungen teilzunehmen. Andere haben Angst vor einer möglichen Eskalation. Auch Staatsverweigerer schließen sich diesen illegalen Veranstaltungen an. Egoismus der Demonstranten bringt uns in dieser schwierigen Zeit nicht weiter. Zusammenhalt, Solidarität, gegenseitige Akzeptanz, Toleranz und ein ehrliches Miteinander wären jetzt nach meinem Empfinden der beste und nachhaltigste Weg aus der Krise!"

"Lasst euch das noch einmal durch den Kopf gehen"

"Dass die Menschen frustriert sind, ist absolut nachvollziehbar. Die Arbeitslosigkeit steigt, Schulen sind geschlossen, Kultur- und Kunstveranstaltungen finden nicht statt. Die Verunsicherung steigt und die Nachvollziehbarkeit der Gesetze sinkt. Kritik an gewissen Maßnahmen zu äußern, ist absolut richtig. Bei dieser Veranstaltung am Montag wurden aber sämtliche Grenzen überschritten, die Parolen sind erschreckend. Wir haben vom Volk gewählte Vertreter, so funktioniert Demokratie. Auch die öffentliche Sicherheit und das Wohl der Menschen sind durch solche 'Spaziergänge' gefährdet. Ohne Maske und den entsprechenden Abstand demonstrieren zu gehen, ist ein Affront gegenüber Erkrankten, Verstorbenen und den vielen Menschen, die freiwillig oder beruflich gegen Corona im Einsatz sind." Der SPÖ-Gemeinderat appelliert: "Lasst euch das noch einmal durch den Kopf gehen, ob ihr an den nächsten Terminen teilnehmt. Es gibt viele andere Möglichkeiten, seine Meinung zu äußern".

"Ziehen wir alle an einem Strang!"

"'Wir sind das Volk'-Parolen kommen aus dem letzten Jahrhundert, das ist eine gefährliche Situation. Existenzängste der Bürger werden ausgenützt, es ist auch ein gewisses Gewaltpotenzial da. Es ist immer so: Zuerst sind es Worte, später folgen Taten. Das Virus geht nicht einfach so weg, ich setze auf Solidarität in der Gesellschaft", so die neue Grünen-Fraktionsobfrau Uli Feichtinger. "Ziehen wir doch alle jetzt an einem Strang!"

"Dauer der Pandemie wird nur verlängert"

Der Bürgermeister hat sich vor Weihnachten ein Bild der Intenstivstation im Salzkammergut Klinikum Gmunden gemacht. "Die Kapazität war zu 75 Prozent voll, da bleibt nicht mehr viel Spielraum für andere medizinische Notfälle. Das muss in die Köpfe der Menschen rein – wir könnten ein Problem in der medizinischen Versorgung bekommen! Die Dauer der Pandemie wird nur verlängert, wenn wir uns nicht an die Maßnahmen halten!"

Demos nicht auflösen

Für diesen Sonntag ist ein weiterer "Spaziergang" in Gmunden angekündigt. Aus dem Innenministerium gebe es laut Krapf die Weisung, die Demonstrationen auf keinen Fall zu verhindern oder aufzulösen. Die Stadtpolizei hat aber die eingesetzten Beamten aufgestockt, es werde auf die geltenden Hygienemaßnahmen hingewiesen. 

"Keine gewaltbereiten Gruppen untermischen"

FPÖ-Vizebürgermeisterin Beate Enzmann – ihre Fraktion hat das gemeinsame Statement nicht unterstützt – betont: "Die FPÖ Gmunden steckt nicht hinter diesen Veranstaltungen und wird auch nicht als FPÖ Gmunden daran teilnehmen. Ich setze mich für Meinungsfreiheit ein, die Polizei kann aber hier auch gar nichts tun. Würden die Beamten einschreiten, könnte das im schlimmsten Fall zu Tumulten führen. Es muss aber auf jeden Fall vermieden werden, dass sich gewaltbereite Gruppen unter die Demonstranten mischen. Mit dem generellen Inhalt der Demonstrationen kann ich mich aber absolut identifizieren." Auch sie appelliert, die geltenden Sicherheitsmaßnahmen (Mindestabstand, Mund-Nasen-Schutz) einzuhalten, "es gibt Verordnungen". Enzmann kritisiert ebenso wie Thallinger, dass bei der Demonstration am Montag viele Kinder mitgenommen wurden: "Das ist absolut nicht richtig!".

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