Fortschritte und aktueller Erkenntnisstand der Grundwasserverunreinigung in Ohlsdorf

Foto: Wolfgang Spitzbart

Die Ursachenerhebung und Verbreitungsanalyse im Fall der Ohlsdorfer Grundwasser-Verunreinigung macht weitere Fortschritte: Die Ursachenkette konnte weiter verdichtet werden. Die konsequente Fortführung des Ausschlussverfahrens führte dazu, dass die Landesbehörden unter Beiziehung externer Expertisen es als erwiesen ansehen, dass es zu keiner Verschleppung über eine zwischen den Betriebsarealen liegende Pipeline gekommen ist. Auch eine Einbringung über den Grundwasserzustrom der Aurachrinne konnte ausgeschlossen werden.

Weiter im Fokus stehen allfällige weitere Einbringungen von Clopyralid nördlich des offensichtlich dichten Flyschriegels und die Untersuchungen des hydrogeologisch herausfordernden Gebiets zwischen den Betriebsarealen Nord und Süd. Ein umfassender Färbeversuch soll jetzt die letzten offenen Fragen klären. 

Ziel der Landesbehörden ist vorrangig der Schutz der Wasserversorgungsanlagen, die Anordnung der notwendigen Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen sowie die restlose Aufklärung - auch zur Unterstützung des Strafverfahrens. In einem vierten Arbeitsschritt wird überprüft, welche Korrekturen am System der Abfallwirtschaft erforderlich sind.

Darstellung des bisherigen Verlaufes: Landesbehörden klären Schritt für Schritt Grundwasserverschmutzung auf
Im Jänner des Vorjahres klagten einzelne Bewohner/innen von Ohlsdorf über einen schlechten Geruch ihres Trinkwassers. Daraufhin wurde die Trinkwasserversorgung umgestellt, das Problem schien gelöst. Im Auftrag von Wasser-Landesrat Rudi Anschober wurde der Ursache des mysteriösen Geruchsproblems auf den Grund gegangen und Spezialisten der Technischen Universität Graz wurden mit einem wissenschaftlichen Untersuchungsprogramm beauftragt.

Erster Aufklärungserfolg: im Mai/Juni 2014 konnte ein äußerst seltener, in Minimalstdosen vorkommender Stoff als Ursache festgestellt werden. Das Rätsel: Er ist in Europa als Pestizid nicht in Verwendung.

Zweiter Aufklärungsschritt und zweiter Aufklärungserfolg: Eine umfassende Analyse des Wassers auf alle möglichen Pestizide wurde angeordnet. Im Sommer zeigten sich Funde des Pestizids Clopyralid. Dieses ist jedoch nicht für den Geruch verantwortlich. Umfassende Beprobungen in der Region zeigten zum Teil Belastungsfreiheit, in Teilbereichen jedoch hohe Clopyralidwerte.

Dritter Aufklärungsschritt: Nun wurde von den Behörden zunächst die regionale Ausdehnung des Stoffes untersucht. Es stellte sich heraus, dass ein Teil des Grundwasserbegleitstroms der Traun ab Ohlsdorf betroffen ist. Es wurde nach Höchstwerten gefahndet, die im Bereich unmittelbar grundwasser-abstromwärts nach der Baurestmassendeponie 2 in Ohlsdorf entdeckt wurden.

Vierter Aufklärungsschritt: Die Ursachenkette wurde erstellt und belegt. Unterhalb der Deponie zeigten sich Höchstwerte, ebenso im Sickerwasser der Deponie, in einem Teil der Sickerwasserstränge und schließlich wurden die Landesbehörden auch auf der Deponie selbst bei zwei Proben fündig – in diesen Schlammproben wurden hohe Clyporalidwerte, aber auch andere Verunreinigungen wie zum Beispiel stark erhöhte Bleiwerte (nicht jedoch im Sickerwasser und Grundwasser, weil Blei und andere Stoffe viel weniger mobil sind als Clopyralid) entdeckt. In einer Rückstellprobe einer Anlieferung im Auftrag des Betreibers konnte ebenfalls eine hohe Clopyralidkonzentration festgestellt werden. Damit schließt sich die Ursachenkette. Aufgabe von Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft ist es, die Beweise zu führen.
LR Anschober: „Ich rechne mit einer Anklage gegen mögliche Verursacher im Lauf des Jahres 2015.“

Aktuelle Grundwasserwerte: Die aktuellen Grundwasseranalysen zeigen ein großteils sich stabilisierendes bzw. sinkendes Belastungsbild. Im unmittelbaren Belastungsgebiet der Baureststoffmassendeponie 2 kommt es zu Schwankungen.

Ausschlussverfahren zur Klärung der Verdachtsmomente und Hydrogeologische Untersuchungen
Eine laufende Untersuchung des Flysch-Helvetikums hat laut externem Gutachter bis dato keine Hinweise auf eine Undichtheit gebracht. Dieses Bild ist auch dadurch schlüssig, als die Grundwassersonden unmittelbar nach dem Flyschriegel keine Pestizid-Belastungen aufweisen. Erst im Lauf des Betriebsareals Nord werden wieder Belastungen festgestellt.

Im Zuge des gewählten und konsequent durchgeführten Ausschlussverfahrens hinsichtlich möglicher Einbringungspfade, können es die Landesbehörden unter Beiziehung externer Expertisen nun als erwiesen ansehen, dass es zu keiner Verschleppung über eine zwischen den Betriebsarealen Nord und Süd liegende Pipeline (Schlammpipeline) gekommen ist. Dies wurde durch Probenahmen im Schlammteich des Areals Nord bestätigt, da sich dort kein Clopyralid nachweisen ließ.

Auch konnte durch das Setzen einer Zustromsonde eine Einbringung über die Aurachrinne ausgeschlossen werden, da sich auch bei diesen Probenahmen kein Clopyralid fand.

Weiter untersucht werden allfällige mögliche Einbringungen von Clopyralid nördlich des Flyschriegels und eine erweiterte Untersuchung des hydrogeologisch herausfordernden Gebiets zwischen den Betriebsarealen Nord und Süd.

Baurestmassendeponie 2 ist laut aktuellen Erhebungen dicht
Überprüft wurde die Dichtheit der Baurestmassendeponie 2 im Areal Süd - sie ist nach vorliegenden Erkenntnissen gegeben.
Das behördliche Ermittlungsverfahren betreffend eine künftige Sanierung der Deponie wurde gestartet. In einem ersten Schritt wird ein Gutachten über ein durchzuführendes Untersuchungsprogramm zur Beurteilung der notwendigen Sanierungsschritte eingeholt.

Aktuelle Ausdehnung der Ausbreitungsfahne
Das Belastungsbild hat sich geografisch stabilisiert, sodass es bis dato zu keiner Belastung der Wasserversorgung von Schwanenstadt kam, wo jedoch auch schon Sicherungsmaßnahmen getroffen wurden.
Es wurde ein umfangreiches Frühwarnsystem für an der Traun gelegene Wasserversorgungsanlagen installiert und die Betroffenen werden kontinuierlich informiert.

Da die Ausbreitungsfahne an den Traun-Begleitstrom gebunden ist und gleichzeitig mit einer Verdünnung gerechnet werden kann, kann jedoch nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob bzw. welche Wasserversorgungsanlagen betroffen sein werden und wenn ja, mit welchen Konzentrationen. Für einen Teil kann dies aufgrund ihrer Lage ausgeschlossen werden, für andere besteht ein gewisses Risiko.

Informations-Hotline

Betroffene können sich jederzeit über die Website www.anschober.at bzw. über die Trinkwasser-Hotline des Landes unter der Telefonnummer 0732 7720-14422 (wochentags von 8 bis 13 Uhr) bei Expert/innen des Landes Oberösterreich informieren.

Färbeversuch zur endgültigen Beweisführung der Pestizidausbreitung fixiert
Ein Färbeversuch wird zusätzliche Erkenntnisse bringen können über die Schadstoffausbreitung und den Zusammenhang der belasteten Gebiete. Dieser wurde bereits beauftragt und im Detail konzipiert. Nach Abteufung einiger zusätzlich notwendiger Sonden und unter Berücksichtigung entsprechender Wasserführungen, wird dieser gestartet.

Phänomen Grundwasser: Grundwasser ist unser unsichtbarer Schatz
Darin liegt auch die große Herausforderung für seine Untersuchung: Gespeist aus Niederschlägen und Oberflächengewässern füllt das Grundwasser - im Boden gut geschützt - die Zwischenräume zwischen den einzelnen Bodenkörnern. Unterschiedlichste und im Lauf der Jahrtausende wechselnde Situationen aus Ablagerung, Umlagerung oder Erosion durch die Flüsse bestimmen die Größe, Form, Lagerung und Schichtung der Kies- und Sandkörner, zwischen denen sich das Grundwasser bewegt. Der geologische Aufbau bestimmt die Begrenzung des Grundwasserkörpers. Die Strömungsrichtung des Grundwassers wird durch die geologischen Strukturen und durch die Oberflächengewässer („Vorfluter“) geprägt.

Erst durch gezielte Grundwassersonden oder Brunnen kann das Grundwasser erschlossen werden. Und nur so erhalten wir – nadelstichartig – Informationen über die Tiefenlage des Grundwasserspiegels und die Strömungsrichtungen.

Im Gebiet zwischen den Betriebsarealen Süd und Nord gestaltet sich diese naturräumliche Situation besonders herausfordernd: Überlagerungen verschiedener geologischer Formationen und Überformungen durch verschiedene eiszeitliche Entwicklungsprozesse. Auffällig ist im gegenständlichen Grundwasserkörper auch eine stellenweise kleinräumig stark wechselnde Kommunikation/Wasseraustausch zwischen Grundwasser und Traun. In diesem komplexen System ist die unter Umständen äußerst schmale Schadstofffahne im Grundwasser zu entdecken und zu verfolgen.

Verdacht weiterer Einlagerungen wird überprüft
In einem breitest angelegten Untersuchungsprogramm wird laufend allfälligen weiteren bedenklichen Einlagerungen in der Baurestmassendeponie nachgegangen. Dafür werden die Informationen über die Entsorgungswege größerer Produzenten u.a. von Pestiziden erhoben und einer Plausibilitätsprüfung unterzogen, um zu einer Klärung dahingehend zu kommen, ob es sich um ein System illegaler Entsorgung handelt.

Mengenerhebung
Im Zuge dieses Untersuchungsprogrammes wird durch einen externen Experten auch die Gesamtmenge der möglicherweise illegal auf die Deponie gebrachten Pestizide erhoben. Dies wird einen wesentlichen Rückschluss auf die Gesamtbelastungssituation geben können.

Expertenbeirat arbeitet intensiv
Der von Landesrat Anschober einberufene zusätzliche Expertenbeirat, in dem unter anderem der ehemalige Umweltanwalt des Landes Oberösterreich DI Dr. Johann Wimmer, der Pestizidexperte der Umweltschutzorganisation Global 2000, DI Dr. Helmut Burtscher und der Altlasten-Experte des Umweltbundesamtes DI Dietmar Müller-Grabherr ihre Expertisen einbringen, arbeitet sehr intensiv am Thema. Die Landesbehörden stimmen ihre Vorgangsweise eng mit dem Expertenbeirat ab.

„Aus aktueller Sicht gehe ich auf Basis meines bisherigen Informationsstandes von einer Anklage gegen mehrere mögliche Verursacher noch im heurigen Jahr aus. Eine vollständige strafrechtliche Klärung ist notwendig, um eine abschreckende, erzieherische Entwicklung zu erreichen und um eine Übernahme der Schadens- und Sanierungskosten durch den Verursacher sicherzustellen. Ich habe die Erhebung und restlose Aufklärung zur Chefsache gemacht und werde solange keine Ruhe geben, bis dies erreicht ist. Es kann nicht sein, dass die Steuerzahler/innen dafür aufkommen, denn Umweltgefährdung bedeutet Menschengefährdung und stellt kein Kavaliersdelikt dar“, so Umwelt- und Wasser-Landesrat Rudi Anschober.

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