Leserbrief von Dr. Bernhard Wolfram zu "Traunkraftwerk rechtzeitig offen"

Der ehemalige Bezirkshauptmann Bernhard Wolfram äußert sich in einem Leserbrief zur Rolle des Energie AG-Kraftwerks beim Juni-Hochwasser. | Foto: Spitzbart
  • Der ehemalige Bezirkshauptmann Bernhard Wolfram äußert sich in einem Leserbrief zur Rolle des Energie AG-Kraftwerks beim Juni-Hochwasser.
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Sehr geehrte Damen und Herren!

Ihr Artikel "Traunkraftwerk rechtzeitig offen" bedarf einiger Erwiderungen und Richtigstellungen:

1) Die Schlagzeile "Energie AG ließ die Seegemeinden nicht absaufen" ist bereits polemisch, denn sie suggeriert, dass ganze Gemeindegebiete gefährdet waren und durch die Energie AG gerettet wurden. Eine Gefahr für ein ganzes Gemeindegebiet ist aber allein aufgrund der topographischen Gegebenheiten gar nicht vorstellbar. Betroffen, und zwar sehr heftig, waren aber diejenigen, die in der Nähe des Traunsees leben und arbeiten sowie deren Wohnungen, Arbeitsstätten und Gärten.

2) Dass die Wehrfeldrevision im späten Frühjahr durchgeführt wurde, in einer Zeit nämlich, in welcher erfahrungsgemäß auch ohne Hochwasser wegen der Schneeschmelze mit erhöhtem Wasseranfall zu rechnen ist, zeigt nicht von besonderem Weitblick. Wenn man aber schon bewusst diese Gefahr in Kauf nimmt, hätte man umso eher mit einer frühzeitigen vorbeugenden Absenkung des Seespiegels beginnen müssen, um Kapazitätsreserven für das Wasser (nicht die Stromerzeugung) zu schaffen. Nach dem heutigen Stand der meteorologischen Wissenschaft ist eine Prognose des Niederschlagsverhaltens etwa 5 bis 6 Tage im Voraus möglich (so die Aussage mehrerer Fachleute im Fernsehen während der Ereignisse).

Die Aussage, dass das Traunkraftwerk rechtzeitig offen war, ist daher aus zwei Gründen falsch: Denn erstens waren von 3 Wehrfeldern nur 2 offen, demnach nur zwei Drittel aller Möglichkeiten, und zweitens wurden die restlichen in Abetracht der zu erwartenden Hochwasserereignisse zu spät geöffnet.
Falsch ist auch die Angabe des Sollstandes des Sees mit 422,60m plus/minus 0,10M. Nach einer hier maßgeblichen wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft ist der Mindestspiegel des Traunsees von Mai bis September nämlich richtig 422,40 ü.A. Dies ist für den laufenden Betrieb vorgesehen. Einer Unterschreitung bei drohender Gefahr einer Katastrophe wird sich wohl niemand verschließen.

3) Geradezu einer Verhöhnung der Geschädigten kommt es gleich, wenn die zu erzieldende Verringerung des Hochwasserspiegels mit 10-15 plus 7 Zentimetern, insgesamt also rund 20 Zentimeter als gering betrachtet wird. Obwohl ich mit Sicherheit annehme, dass die Auswirkung auf den Seespiegel bei rechtzeitiger Absenkung größer gewesen wäre, sind auch diese 20 Zentimeter Höhe auf die Ausuferungslänge gerechnet, je nach Steigung des Geländes, 25 Meter und mehr.

Überdies sind bei vielen Geschädigten gerade diese 20 Zentimeter für die großen Schäden verantwortlich. Es ist daher zynisch, diese Schäden zu bagatellisieren.

Die einzig zielführende Variante für die Zukunft ist daher die Änderung der angeführten Rahmenverfügung durch Aufnahme einer Verpflichtung des Kraftwerksbetreibers zur rechtzeitigen Absenkung des Seespiegels bei Hochwassergefahr.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bernhard Wolfram

Anmerkung der Redaktion:
Dieser Leserbrief spiegelt die Meinung von Bernhard Wolfram und nicht die Meinung der Redaktion oder der BezirksRundschau wider.

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