Nachmittagsbetreuung für Kindergartenkinder: "Abmeldeflut" in fast allen Gemeinden

In fast allen Salzkammergut-Gemeinden wurden nun Kinder von der Nachmittagsbetreuung abgemeldet. | Foto: Symbolfoto – Robert Kneschke/Fotolia
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SALZKAMMERGUT. Noch vor dem 1. Februar 2018 musste sie in den Gemeinderäten beschlossen werden: die kostenpflichtige Nachmittagsbetreuung für Kinder. Neben großem Unverständnis der Oppositionsparteien verzeichnen die Gemeinden eine wahre Abmeldeflut in den Nachmittagskindergärten (siehe Infokasten rechts). "Die Regierungsparteien scheinen nicht verstanden zu haben, dass der Kindergarten keine Aufbewahrungsstätte ist, sondern eine Erziehungseinrichtung", so Landtagsabgeordnete Sabine Promberger (SPÖ). Die Sozialdemokraten sehen viele Nachteile der "Kindergartenstrafsteuer", wie sie sie nennen: "Es trifft gerade Elternteile, die Teilzeit arbeiten und außerdem ist die Abwicklung ein Bürokratiemonster", erklärt Promberger.
Die ÖVP versucht zu beschwichtigen: "Die Sorgen einzelner Gemeinden und der Eltern sind mir bewusst und ich nehme diese ernst. Daher wird bereits im Sommer eine Evaluierung vorgenommen, wo die Daten genau analysiert werden", erklärt Bildungs-Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP). "Die Gemeinden sind bemüht, ein bedarfsgerechtes Angebot der Kinderbetreuung anzubieten. Auch in anderen Bundesländern ist für die Betreuung ein Beitrag zu entrichten."

Obertraun:  90 Prozent Abmeldungen

"Es ist unfair, dass der Kindergarten am Vormittag kostenfrei ist, am Nachmittag aber Gebühren verlangt werden", so Bad Ischls Sozialstadträtin Ines Schiller. "Viele Mütter gehen nämlich genau Nachmittags ein paar Stunden arbeiten." Schiller wünsche sich zumindest ein flexibleres System. Demnach solle eine gewisse Stundenzahl pro Tag kostenfrei sein. "Es wäre dann den Betroffenen frei gestellt, wann diese konsumiert werden." In Obertraun waren bislang zehn Kinder in der Nachmittagsbetreuung. Aber: "Nach der überfallsartigen Verkündung von bis zu 110 Euro Nachmittagsgebühr wurden alle Kinder bis auf eines abgemeldet“, so Obertrauns Bürgermeister Egon Höll. "Wir haben Elterngespräche geführt und versuchen, mit einer 50 Prozent-Ermäßigung noch einige zu motivieren. Das ist für uns doppelt bitter, weil wir durch das unselige System der Gemeinde Finanzierung neu als kleiner Ort keine Luft mehr zum Atmen haben“, erklärt Höll weiter. Nach aktuellem Stand würden aufgrund der Ermäßigung durch die Gemeinde maximal drei Kinder in die Nachmittagsbetreuung fallen, aber nur montags und dienstags. „Daher müssen die Personalstunden der Kindergartenpädagogen, der Helferin und der Köchin reduziert werden.“ Dadurch falle auch eine Infrastruktur weg, die es Familien mit Kindern attraktiv macht, in Obertraun zu leben. „Unter diesen Umständen ist die Aufrechterhaltung des Nachmittagskindergartens nur schwer vorstellbar."

Gmunden: Zwei Gruppen weniger, Jobs sind keine gefährdet

In der Bezirkshauptstadt Gmunden entsprechen die nunmehr 139 angemeldeten Kinder einem Rückgang von 33,6 Prozent. Zuletzt waren es 209 Kinder gewesen. Die Statistik schließt auch den Ordenskindergarten im "Pensi" ein. "Wir büßen zwei Gruppen ein, aber es geht kein Job verloren, weil wir mit geringfügigen Änderungen beim Stundenausmaß reagieren können", berichtet Kindergarten-Referent GR Manfred Andeßner. Auch in Ebensee verzeichnet man einen Rückgang: Sind bisher für die Nachmittagsbetreuung drei Gruppen zur Verfügung gestanden, werden es künftig nur noch zwei Gruppen sein. „Bislang waren 48 Kinder in der Nachmittagsbetreuung, nun wurden 16 abgemeldet“, so Vizebürgermeisterin Franziska Zohner-Kienesberger.

Qualität der Betreuung wird schlechter

"Neben dem Betreuungsangebot wird sich die Neuregelung auch negativ auf die Qualität der Pädagogik auswirken", ist sich Sabine Promberger sicher. Die konkreten Folgen für das Kindergartenpersonal seien noch schwer abschätzbar. "Weniger Kinder in der Nachmittagsbetreuung und weniger Gruppen werden Konsequenzen haben. Zudem ist es jetzt schon schwierig, qualifiziertes Personal zu finden. Das wird künftig ganz sicher nicht einfacher“, betont Zohner-Kienesberger. Neben dem Betreuungsangebot hat die Neuregelung auch negative Folgen auf die Qualität der Pädagogik. So wurden die Kinder in der Krabbelstube bis jetzt um 13.30 abgeholt, weil zwischen 12 und 13.30 Uhr eine Ruhephase vorgesehen ist. Diese pädagogisch sinnvolle Maßnahme wurde mit den Eltern vereinbart und von diesen auch begrüßt. Zohner-Kienesberger: „Um dies beizubehalten wollten wir 13.30 Uhr als generelle Abholungszeit weiterführen und Gebühren somit erst ab 13.30 Uhr in der Krabbelstube einheben. Das war aber nicht möglich. Von der zuständigen Abteilung beim Land OÖ wurde uns gesagt, dass eine generelle Regelung nicht möglich ist, sondern nur nach Prüfung im besonderen Einzelfall. Das ist kurzsichtig und pädagogisch extrem kontraproduktiv“.

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