Bilanz 2019 der AK Gmunden
8,3 Millionen Euro für Mitglieder erkämpft

Martin Kamrat, AK-Bezirksstellenleiter Gmunden, Elfriede Schober, Vizepräsidentin der AK OÖ. | Foto: Kerstin Müller
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SALZKAMMERGUT. Die Arbeiterkammer hat im Bezirk Gmunden rund 40.000 Mitglieder. Beratung und Rechtsvertretung ihrer Mitglieder im Arbeits- und Sozialrecht sind das Kerngeschäft der AK. Im vergangenen Jahr wandten sich 8.472 AK-Mitglieder mit arbeits- und sozialrechtlichen Fragen an die AK Gmunden. Mehr als die Hälfte der Ratsuchenden nahmen eine telefonische Beratung in Anspruch (4.992). 3.559 kamen persönlich in die Arbeiterkammer, um sich Hilfe und Unterstützung zu holen. Stark im Steigen sind die Anfragen per-EMail. Sie stiegen von 68 im Jahr 2018 auf 419 im Jahr 2019. Zusätzlich zur Rechtsberatung haben Bildungsexperten/-innen der AK Linz in Gmunden 61 persönliche Bildungsberatungen durchgeführt. Spitzenreiter bei den persönlichen Beratungen waren Pensionsangelegenheiten (696), gefolgt von Fragen zu offenem Entgelt (669) und zur Beendigung von Dienstverhältnissen (460).

Fast 8,3 Millionen Euro Vertretungserfolg

Bei vielen Arbeitsrechtsproblemen reicht eine Beratung nicht aus. Die AK muss bei den  Arbeitgebern intervenieren, und wenn das nichts bewirkt, vor Gericht gehen, um den Arbeitnehmern zu ihrem Recht zu verhelfen. Durch außergerichtliche Interventionen in 144 Fällen wurden 330.812 Euro an vorenthaltenem Entgelt hereingebracht. Durch Rechtsvertretung vor dem Arbeitsgericht in 85 Fällen mussten 403.247 Euro erkämpft werden. Die Branchen mit den meisten Arbeitsrechtsfällen sind im Bezirk Gmunden das Hotel- und Gastgewerbe, der Handel, die Bauwirtschaft und das Metallgewerbe. Die häufigsten Gründe der Rechtshilfen und -vertretungen waren Differenzen um die  Endabrechnung bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen (103), vorenthaltenes laufendes Entgelt (38) und Anfechtungen von fristwidrigen Kündigungen oder unbegründeten Entlassungen (38).

Große und kleine Beträge "erkämpft"

In ihrem Engagement für ihre Mitglieder machen die AK-Rechtsexperten keinen Unterschied, ob es sich um große oder kleine Beiträge handelt. In einem Fall musste die AK Gmunden zwei Mal bei einem Unternehmer intervenieren, damit dieser einem Mitarbeiter ausstehende 78,79 Euro bezahlte. In einem anderen erstritt die AK für einen Arbeitnehmer 39.841Euro vor Gericht. Vier von fünf Fällen stammen aus unorganisierten Betrieben ohne Betriebsrat. Das zeigt: Der wirksamste Schutz gegen Arbeitsrechtsverstöße von Unternehmern ist ein Betriebsrat. Selbst ein rechtskräftiges Urteil ist noch kein Garant, dass die offenen Ansprüche von Arbeitnehmern auch bezahlt werden. In einigen Fällen kommen die Arbeitnehmer nur zu ihrem Geld, wenn die AK ein Exekutionsverfahren ankündigt oder einleitet. Die größten Summen erkämpfte die AK Gmunden im vergangenen Jahr in Sozialrechtsangelegenheiten: insgesamt 5,947.066 Euro. Dabei ging es hauptsächlichum Pensions- und Rentenansprüche sowie um Pflegegeld.

Ein Beispiel aus dem Arbeitsrecht: Kündigung nach 18 Jahren mit haarsträubender Begründung

Obwohl er schon 18 Jahre lang für ein Unternehmen gearbeitet hatte, wurde ein 59-jähriger Techniker aus dem Bezirk Gmunden von seinem Chef aus fragwürdigen Motiven gekündigt. Als Kündigungsgrund wurde ihm genannt, er habe eine Kur bewilligt bekommen! Ein weiterer Streitgrund war, dass der Arbeitnehmer um eine Altersteilzeitvereinbarung ersucht hatte. Danach verschlechterte sich das Arbeitsklima deutlich. Der Arbeitnehmer wandte sich an die Arbeiterkammer Gmunden um Hilfe. Aufgrund seines Lebensalters drohte ihm eine lange Arbeitslosigkeit und die Gefährdung seiner wirtschaftlichen Existenz. Die AK Gmunden focht die Kündigung wegen Sozialwidrigkeit aufgrund des Alters und der langen Betriebstreue des Betroffenen an. Bei der Verhandlung beim Arbeits- und Sozialgericht stellte ein berufskundlicher arbeitspsychologischer Gutachter eindeutig fest, dass die Vermittlungswahrscheinlichkeit des Arbeitnehmers aufgrund seines Alters als äußerst gering zu bewerten ist. Zudem müsste er mit erheblichen Einkommenseinbußen rechnen. Dabei könnte er am 1.7.2021 ganz regulär die Pension antreten. Trotz des eindeutigen Gutachtens weigerte sich der Arbeitgeber, einzulenken und ließ es auf ein Urteil ankommen. Es fiel zu 100 Prozent zu Gunsten des Arbeitnehmers aus. Die von der Firma ausgesprochene Kündigung wurde wegen Sozialwidrigkeit aufgehoben. Da die Firma endlich die Unhaltbarkeit ihrer Vorgehensweise einsah und auf eine Berufung gegen das Urteil verzichtete, wurde es rechtskräftig. Der langjährige Mitarbeiter konnte seine Arbeit wieder aufnehmen und bekam auch eine Entschädigung durch den Arbeitgeber für den Verdienstentgang während des langen Verfahrens zugesprochen und ausbezahlt.

Ein Beispiel aus dem Sozialrecht: Monatlich 608 Euro mehr Pflegegeld für schwerkrankes Kind statt 226 Euro weniger

Für ein chronisch schwerkrankes zehnjähriges Kind hatte eine Familie aus dem Bezirk Gmunden Pflegegeld der Stufe 4 erhalten. Dann kam ein Bescheid der PVA, der besagte, dass das Pflegegeld auf Stufe 3 herabgesetzt wird. Die Familie fiel aus allen Wolken, denn der Gesundheitszustand des Kindes hatte sich keineswegs verbessert. Eine Sachverständige prüfte den tatsächlichen Pflegebedarf des Kindes. Mit höchst bemerkenswertem Ergebnis: Sie stellte einen generellen Pflegebedarf von mehr als 180 Stunden fest. Darüber hinaus seien außergewöhnliche bzw. zeitlich nicht koordinierbare Pflegemaßnahmen bei Tag und Nacht sowie eine dauernde Anwesenheit von Betreuungspersonen im Wohnbereich wegen einer Selbstgefährdung des Kindes nötig. Mit diesem Gutachten in Händen wandte sich die Familie an die Arbeiterkammer um Hilfe. Die Sozialrechtsexperten der AK prüften den Fall und erkannten sofort, dass der dort beschriebene Pflegeaufwand weder der bisher gewährten Pflegegeldstufe Stufe 4 und schon gar nicht der von der PVA angenommenen Stufe 3 entsprach, sondern viel höher war. Die AK gewährte der Familie vollen Rechtsschutz und vertrat sie vor dem Arbeits- und Sozialgericht. Mit vollem Erfolg. Auf Basis des Gutachtens konnte ein Vergleich erzielt werden, der dem Kind nun ein Pflegegeld der Stufe 6 sichert. Gegenüber Stufe 4 sind das 607,60 Euro mehr im Monat, gegenüber Stufe 3 sogar 833,60 Euro.

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