Alzheimer und Demenz: "Wir können in ihre Welt einsteigen"

Alzheimer-Patienten erkennen sich selbst im Spiegel nicht mehr | Foto: mev.de
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BEZIRK (ven). Anlässlich des Welt-Alzheimertages am 21. September sprach die WOCHE mit Brigitte Stocker, Leiterin der Selbsthilfegruppe (SHG) Alzheimer und Demenz in Oberkärnten.

Gehirnzellen sterben ab

"Als ehemalige Leiterin eines Pflegeheimes kommt man mit der Thematik automatisch in Berührung. Circa 75 Prozent der Bewohner im Pflegeheim leiden an Demenz", beginnt Stocker. Sie besuchte Schulungen zum Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen und initiierte das Kärntner Demenzforum. Sie erklärt: "Es gibt primäre und sekundäre Demenzformen, Alzheimer ist eine primäre und die am häufigsten auftretende Form. "Man muss beachten, dass es nicht DEN Demenzkranken gibt. Jeder Mensch ist ein Individuum mit einem eigenen Wesen, diese Einzigartigkeit drückt sich auch in den unterschiedlichen Verhaltensweisen aus. Zu beachten ist dabei, dass die kognitiven Leistungen abnehmen und die Gefühlswelt in den Vordergrund tritt. Die Menschen sind sehr sensibel. Gehirnzellen werden nicht mehr versorgt und sterben ab", so Stocker. "Demenzkranke können nicht mehr in unsere Welt einsteigen, wir aber in ihre", erklärt sie.

Drei Stadien

Der Laie erkennt die Krankheit an Vergesslichkeit, Sprachstörungen, Orientierungsproblemen oder Verwirrtheit. "Der Kranke wird täglich damit konfrontiert, dass er seinen Alltag nicht mehr wie gewohnt bewältigen kann. Dies verwirrt, belastet und ärgert ihn. Er reagiert mit Resignation, sozialem Rückzug und depressiver Verstimmung." Sie beschuldigen ihre Angehörigen und lassen ihren Frust an der Umwelt aus.
Dabei gibt es laut Stocker auch drei Stadien: Im ersten treten Schwierigkeiten beim Sprechen auf, man hat zeitliche und örtliche Orientierungsprobleme und vor allem das Kurzzeitgedächtnis ist Beeinträchtigt. Im mittleren Stadium kann man den Lebensalltag nicht mehr bewältigen, der Patient braucht Unterstüztung beim Anziehen, Waschen oder Toilettengang und er verirrt sich im eigenen Haus. Außerdem spielen Halluzinationen und Wahnvorstellungen eine große Rolle. Im späten Stadium werden Angehörige, Freunde und vertraute Dinge nicht mehr erkannt, der Patient erkennt sich selbst nicht mehr im Spiegel oder auf einem aktuellen Foto. "Dazu kommt ein unsicherer Gang, Harn- und Stuhlinkontinenz sowie die Pflegebedürftigkeit rund um die Uhr", so Stocker. Außerdem nehmen Beschuldigungen des Patienten zu, denn er versucht, die Defizite vor seiner Umwelt zu verbergen.

Emotionale Belastung

Gerade für Angehörige sind die Persönlichkeitsveränderungen eine sehr große emotionale Belastung. "Bei Sichtbarwerden von gewissen Unzulänglichkeiten sollte man mit einem Vertrauensarzt sprechen und sich bei Verdacht einer Demenzerkrankung darüber informieren." Bei einer frühzeitlichen Erkennung könne man den Krankheitsverlauf mit Medikamenten, Gedächtnistraining und Ergotherapie in die Länge ziehen.

Tageszentrum ab 2016

"Der Schritt in die Selbsthilfegruppe ist hier eine große Hilfe. Man erfährt, dass man die Beschuldigungen nicht persönlich nehmen darf - sie sind Teil der Krankheit", erklärt die Expertin. Außerdem sei es wichtig zu wissen, was der Demenzkranke früher gerne gemacht hat. "Eine leidenschaftliche Köchin erreicht man mit der Frage nach einem bestimmten Rezept", so Stocker. Außerdem müsse der Angehörige seine Mitmenschen über die Erkrankung informieren "So kann verhindert werden, dass der Demenzpatient von außen angegriffen wird", erklärt Stocker. Ab Juni 2016 soll auch das Tageszentrum in Möllbrücke fertiggestellt sein. "Dort werden wir eine Tagesstätte einrichten und bei den Treffen der Angehörigen können die Patienten mitgebracht und betreut werden. Darüber hinaus soll es Weiterbildungen, Vorträge und Veranstaltungen zum Thema geben. Der Wunsch nach Orientierung, besser mit der Demenzkrankheit umgehen zu können, ist beim Pflegepersonal und bei Angehörigen sehr hoch", so Stocker.

Zur Person:

Name: Brigitte Stocker
Geburtstag: 15. Oktober 1963 in Gerlamoos
Familie: Verheiratet, ein Hund
Beruf: Unternehmensberaterin, Betreiberin Tageszentrum Möllbrücke
Leitet: Selbsthilfegruppe Alzheimer und Demenz Oberkärnten
Hobbies: Natur, Lesen, Kultur und Sprachen, Singen im Unterhauser Chor
Vorbilder: Menschen, die etwas bewegen
Motto: Simply do it!
Werdegang: Studium der Theologie in Innsbruck, dann zwölf Jahre Unternehmensberaterin in Deutschland, Marketingleitung und Projektleitung, Mentorin für wertorientierte Persönlichkeitsbildung, Marketing für eine Kärntner Pflegeheimgruppe
Demenz: lateinisch "ohne Geist" und fasst eine Reihe von Krankheitszuständen zusammen, die durch die Schädigiung wichtiger Gehirnfunktionen entstehen.
Risikofaktoren: Alter, Genetik, Diabetes mellitus, Rauchen, Hypertonie, Herzerkrankungen, Schädelhirntrauma, Tumore

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