Haus der Frau
Damit Gewalt nicht siegt
Es beginnt im Kleinen, mit Schimpfen oder Schubsen, und endet manchmal tödlich.
ST. PÖLTEN (pw). Nach einer Serie an Frauenmorden in Niederösterreich seit Jahresbeginn ist die Bestürzung groß. Die Gewaltbereitschaft nimmt immer mehr zu. Die Leiterin des St. Pöltner Frauenhauses über Gewalttaten, Hilfestellungen und neue Gesetze.
BEZIRKSBLÄTTER: Sie sind seit ein paar Monaten Leiterin des Frauenhauses. Wie gehen Sie mit der Aufgabe um?
OLINDA ALBERTONI: Ich habe davor schon zehn Jahre im Bereich Gewaltschutz gearbeitet (in der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie, Anm.) und daher kommt auch das Interesse für das Thema. Für mich war klar, dass wir auf jeden Fall noch viel mehr für Frauen und Kinder erreichen müssen und ich in diesem Bereich etwas bewirken möchte.
Was wollen Sie als Leiterin des Frauenhauses bewirken?
Es gibt viel Bedarf. Einerseits unsere Einrichtung präsent zu machen. Andererseits müssen wir die Strukturen im Haus an die neuen Herausforderungen anpassen. Grundsätzlich ist das Haus gut aufgestellt. Gewaltausprägungen verändern sich (Stichwort: Neue Medien). Dafür braucht es immer neue Sicherheitsmaßnahmen und laufend Weiterbildung für die Mitarbeiterinnen.
Kommt es häufig vor, dass Gefahrensituationen für die Bewohnerinnen entstehen?
Es kommt im Jahr mehrmals vor. Es gibt viele Täter, die versuchen, den Kontakt aufrecht zu erhalten, oder die Frau abzupassen. Diese Männer stehen dann auch bei uns vor dem Haus. Aber die Zusammenarbeit mit der Polizei erfolgt unmittelbar und höchst professionell. Aufgrund der vielen Vorfälle in der letzten Zeit war das Haus fast ausgelastet. Die Frauen finden bei uns im Frauenhaus nach den Gewaltsituationen Schutz und Ruhe.
In den vergangenen Jahren hat ein Wandel in der Gesellschaft stattgefunden. Die Aggressivität steigt. Das belegt auch die Kriminalstatistik. Worauf kann man das zurückführen?
Gewalt wird heute als Importartikel verkauft. Dabei wird übersehen, dass schon unsere Großmütter vor Gewalt in Frauenhäuser geflüchtet sind. Das gab es immer schon. Patriarchale Strukturen ermöglichen Beziehungsgewalt, die finden sich im Dorf als auch in der Stadt. Die Prävention ist ganz wichtig, die muss bei den Kindern beginnen. Hier muss Gleichwertigkeit vermittelt und vorgelebt werden. Das ist die beste Gewaltprävention. Frauen sind jetzt auch mehr dazu bereit, damit in die Öffentlichkeit zu gehen.
In Niederösterreich ist es seit Jahresbeginn zu neun Frauenmorden gekommen. Wie geht man damit um?
Eine der ermordeten Frauen war ein Jahr davor im Frauenhaus in St. Pölten. Trennungen können immer High-Risk-Situationen werden. Da gibt es Kurzschlusshandlungen. Das sollte jeder Frau bewusst sein.
Braucht es da etwas, damit das nicht mehr passieren kann?
Die Frauen müssen wissen, wo das nächste Frauenhaus ist und wichtige Notrufnummern parat haben. Es ist wichtig, ganz breit zu informieren. Gefährliche Drohungen sollten von allen ernst genommen werden. Da braucht es gute Schulungen und eine institutionsübergreifende Zusammenarbeit. Die Verantwortung für die Gewalt liegt allein beim Täter. Diese müssen ihr Verhalten ändern. Einen Gesetzesvorschlag für eine verpflichtende Beratung nach einem Betretungsverbot gibt es schon, der hoffentlich 2020 in Kraft tritt. Hier könnte man bei den Tätern ansetzen und langfristig etwas verändern.
Das Notruftelefon im Haus der Frau ist unter 02742/366514 rund um die Uhr erreichbar.
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